Die Ortsgruppe "Werntal" des Bund Naturschutz (BN) Main-Spessart ist alarmiert. An der Schwabach im Norden von Arnstein sind entlang des Fahrradwegs in den letzten Wochen drei Biberdämme zerstört worden. Infolge dessen liegt zumindest ein Wohnkessel der geschützten Tiere nicht mehr unter Wasser und ist damit unbrauchbar geworden. Wer die Zerstörung verantwortlich ist, konnte bislang nicht ermittelt werden. Bei der unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt wurde jedenfalls dafür keine Ausnahmegenehmigung beantragt und auch nicht erteilt.
Sorgfältig untersuchen Franz Eder und Edgar Weiß den ehemaligen Wohnkessel am Schwabachufer. Noch jetzt ist anhand der dunkleren Erdfärbung der ehemalige Wasserstand zu erkennen. Jetzt liegt er etwa einen halben Meter tiefer und legt damit den Eingang frei. "Biber legen ihre Wohnkessel stets so an, dass der Eingang unter Wasser liegt", erklärt Eder. Dadurch sind sie vor Räubern wie Fuchs und Dachs geschützt.
Frank Julke, der dritte Naturschützer, zeigt auf die Pappelreihe in etwa 200 Metern Entfernung: "Von dort bis zur ehemaligen Biberburg hat es drei Dämme gegeben. Auf dem kleinen Stausee dahinter hatte sich schon ein Mini-Biotop mit Libellen und Amphibien angesiedelt. Sogar ein Entenpärchen hatte sich hier eingefunden", klagt er. Der Biber schafft durch seine Bautätigkeit unterschiedlichste Mini-Lebensräume: ruhige Wasserbecken fast ohne Strömung, sauerstoffreiche Wirbel und sichere Verstecke für zahlreiche Wasserlebewesen. Verschiedene Frosch- und Molcharten sowie zahlreiche Fisch- und Libellenarten fühlen sich im Biberrevier wohl. "Gerade in unserer wasserarmen Region sind derartige Feuchtlebensräume goldwert", so Franz Eder.
Illegale Maßnahme
Doch längst nicht alle sind von der Tätigkeit der Biber uneingeschränkt begeistert. Landwirte in der Nähe von Bachläufen fürchten beispielweise, dass ihre Felder oder Wiesen unter Wasser gesetzt oder der Boden unterhöhlt wird. Auch Angler sind den Nagetieren nicht immer wohlgesonnen, denn diese verändern oft die Umgebung von Fischteichen und verstopfen gelegentlich auch deren Abflüsse. Im Fall der Biberdämme an der Schwabach könnte auch die unmittelbare Nähe zum Fahrradweg nach Schwebenried ein Problem sein. Radfahrer reagieren womöglich nicht sehr verständnisvoll auf überschwemmte Fahrbahnen oder gar Löcher durch Unterhöhlungen.
Gleichwohl sagt Edgar Weiß vom BN: "Hier wurden nicht nur Dämme eingerissen, sondern ein Lebensraum zerstört!" Wer dafür verantwortlich ist, konnte bislang nicht geklärt werden. Rainer Maier von der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt Main-Spessart betont, dass seinem Ressort kein entsprechender Antrag vorliege, die Maßnahme also illegal sei. Er verspricht, in diesem Fall noch nachzuhaken.
Er sieht natürlich auch die möglichen Probleme für die Landwirtschaft und tritt für einen guten Ausgleich ein. "Die Biber sind wie die Leut'! Keiner will eine offene Haustüre", sagt er. Deshalb legen sie die Eingänge zu ihren Burgen stets unter die Wasseroberfläche. Dazu brauchen die hochintelligenten Tiere ihre Dämme, um den Wasserstand zu regulieren. Meist beanspruchen sie Streifen von bis zu 20 Metern Länge und einen Abstand von fünf Metern vom Gewässerlauf.
Eingreifen, ohne Lebensraum zu zerstören
Wie können Menschen Biberburgen beeinflussen und besonders die Höhe der Dämme regulieren, ohne den Lebensraum zu zerstören? Oftmals versucht man es mit Kanistern, die über das Gewässer gespannt werden. Wenn diese mit Steinchen gefüllt werden, klappert das und hält die schwimmenden Baumeister womöglich ab, noch höher zu bauen. Das klappt aber nicht immer, genauso wie Rohre als Drainage, die oft einfach zugestopft werden. Im Zweifelsfall baut der Biber eben einen neuen Damm. Unbegründet ist allerdings die Sorge um eine übermäßige Zunahme von Bibern. Diese sind nicht übermäßig gesellig, vielmehr vertreiben die Eltern ihre ausgewachsenen Jungen, die sich dann neue Reviere suchen müssen.
Landwirte und Naturschützer tun auch hier gut daran, gemeinsam nach verträglichen Lösungen zu suchen. Zwar sagt der BN-Aktive Eder: "Der Biber muss halt immer nachgeben", doch auch ein Landwirt aus der Großgemeinde Arnstein verweist zu Recht auf den Konflikt zwischen Natur- und Kulturlandschaft: "Die Natur kann nicht immer und überall Recht haben, es gilt vielmehr die unterschiedlichen Bedürfnisse bestmöglich abzuwägen."
Eigentlich sind Biber geschützte Tiere, doch macht die Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von den Schutzvorschriften Einschränkungen: "Zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden, im Interesse der Gesundheit des Menschen sowie aus Gründen der öffentlichen Sicherheit wird nach Maßgabe der Abs. 2 bis 7 abweichend von § 44 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BNatSchG gestattet, Bibern (Castor fiber) in der Zeit vom 1. September bis 15. März nachzustellen, sie zu fangen und zu töten. Abweichend von § 44 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BNatSchG dürfen Biberdämme, soweit besetzte Biberburgen nicht beeinträchtigt werden, und nicht besetzte Biberburgen beseitigt werden."