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Lohr
Wer forscht mit über den Bauernkrieg?
Spuren des Bauernkriegs in der Nähe von Gemünden und Lohr: Das Kloster Schönrain wurde 1525 zerstört. 1526 kauften es die Grafen von Rieneck. Von da an erlebte es ein wechselvolle Geschichte vom Wiederaufbau der Klosterkirche und ihrem Abriss über einen Wohnbau und Witwensitz bis hin zum endgültigen Verfall ab 1818. 
Foto: ArchivJohannes Ungemach | Spuren des Bauernkriegs in der Nähe von Gemünden und Lohr: Das Kloster Schönrain wurde 1525 zerstört. 1526 kauften es die Grafen von Rieneck.
Bearbeitet von Monika Büdel Bearbeitet von Monika Büdel
 |  aktualisiert: 07.01.2023 02:52 Uhr

Als die von Kirche und Hochadel Unterdrückten im Bauernkrieg 1525 aufbegehrten, gab es die bayerisch-hessische Grenze noch nicht, erinnert die Initiatorin des Regionalgeschichtlichen Netzwerks Nordost-Spessart, Anita Schuldt (Main-Kinzig-Kreis). Die Aufstände waren deshalb auch nicht auf das heutige Hessen oder Bayern beschränkt.

Deshalb sucht Schuldt für die Arbeitsgruppe grenzüberschreitend Mitarbeitende aus Lohr, dem Lohrtal, Sinngrund und deren Umgebung beziehungsweise Menschen, die sich mit der Geschichte zwischen Lohr und Schlüchtern, zwischen Sinngrund und Langenselbold beschäftigen möchten. Es gehe um die Region, wie sie viele Jahrhunderte lang unter den Mainzer Erzbischöfen, den Hanauer und den Rienecker Grafen bestanden habe, erläutert die Heimatforscherin aus dem hessischen Hasselroth-Niedermittlau.

Anlass genannt

2025 wird es 500 Jahre her sein, dass der Bauernkrieg ausbrach. Wie Schuldt in einem Schreiben an die Redaktion und in einem anschließenden Gespräch informierte, ist das der Anlass, aus dem heraus dieses Jahr vom Regionalgeschichtlichen Netzwerk Nordostspessart eine Arbeitsgruppe zum Thema Bauernkrieg bei einem Treffen im Biebergrund-Museum in Bieber gegründet wurde.

"Es war dies die erste Revolution auf deutschem Boden, die sich vor allen Dingen im Süden und der Mitte des Reiches abspielte. Träger waren nicht allein die Bauern, sondern der sogenannte gemeine Mann", erläutert Schuldt: "Das heißt die gesamte in Abhängigkeit lebende Bevölkerung: Bauern, Bürger der Landstädte und nicht-ratsfähige Bürger der Reichsstädte, Bergknappen, auch Zunftangehörige. Sie wehrten sich gegen Ausbeutung und Unterdrückung durch Kirche und Hochadel."

Menschenrechte formuliert

Die ersten Aufstände habe es schon 1524 gegeben, im Februar und März 1525 hätten sich drei bewaffnete sogenannte Bauernhaufen gebildet: der Baltringer Haufen, der Seehaufen und der Allgäuer Haufen.

Der größte der drei war laut der Netzwerk-Akteurin der Baltringer Haufen: mehr als 12.000 Bauern, Bürger und einfache Geistliche sammelten sich innerhalb weniger Tage in der Nähe von Biberach. Auch der Seehaufen in der Nähe von Lindau bestand aus annähernd 12.000 Männern. Gewaltige, aber schlecht ausgerüstete Heere, die ihre Forderungen, die in zwölf Artikeln zusammengefasst waren, durchsetzten wollten. Diese gelten als eine frühe Formulierung von Menschenrechten.

Leider seien zwischen 70.000 und 75.000 Menschen ums Leben gekommen, nicht nur durch Kampfhandlungen. Sie seien oft auf bestialische Weise ermordet worden. Der Aufstand wurde niedergeschlagen.

"Auch in unserer Region gab es Revolten, denen wir im Netzwerk nachgehen wollen", teilt die Heimatforscherin aus dem Main-Kinzig-Kreis mit. Die Zeit bis 2025, der 500. Wiederkehr des Bauernkrieges, wolle der Arbeitskreis nutzen. Es gebe zwar Berichte von Aufständen in Orten und Klöstern, wie beispielsweise Selbold, Wolfgang, Schlüchtern, aber bisher fehle eine Zusammenfassung der Ereignisse. "Das hat sich die neu gegründete Arbeitsgruppe im Netzwerk jetzt auf die Fahnen geschrieben", heißt es in Schuldts E-Mail.

Gesucht werden Menschen, die aktiv mitmachen

Das Netzwerk ist laut der Initiatorin ein Zusammenschluss von Menschen, die sich mit der Geschichte der Region beschäftigen – der Geschichte, die sich auf einer Linie zwischen Lohr und Schlüchtern abgespielt hat. Da es sich nicht um einen Verein handele, könnten sich alle Interessierten einbringen. Gesucht werden Menschen, die aktiv mitmachen möchten.

Zur Arbeit der regionalgeschichtlichen Netzwerkerinnen und Netzwerker schreibt Schuldt: "Wir teilen Erkenntnisse und Erfahrungen, unterstützen einander, wenn einer allein an seine Grenzen stößt. Es gibt Arbeitsgruppen im Netzwerk zu unterschiedlichen Themen wie Berg- oder Weinbau, Märkte und alte Straßen, Auswanderung nach Amerika und so weiter, und es gibt gemeinsame Aufgaben und Ziele."

Gemeinsames Gedächtnis

Das vordringlichste gemeinsame Ziel sei zurzeit die Archivierung geschichtlicher Forschungen. Seit vielen Generationen kümmerten sich Menschen um historische Zusammenhänge. Falls sie darüber keine Bücher geschrieben haben, die heute in Bibliotheken auffindbar sind, seien die Ergebnisse ihrer Arbeit meistens verloren. Es brauche ein gemeinsames digitales Gedächtnis, ein Archiv, damit nicht jede und jeder wieder von vorne anfangen müsse.

Das Netzwerk sei vor rund drei Jahren entstanden, weil sie und der Lohrhauptener Heimatforscher Udo Weiß nach Gleichgesinnten gesucht hätten. Die beiden verbinde seit 20 Jahren eine Bekanntschaft. Mit im Boot ist auch Burkhard Büdel, der wiederum im Museumsverein Frammersbach forscht und ebenfalls mit Weiß vernetzt ist. Büdel äußerte sich dieser Tage auf Nachfrage lobend über die Arbeit des Geschichtsnetzwerks Nordostspessart.

Wer über Informationen verfügt und sich in die AG Bauernkrieg einbringen möchte, hat die Möglichkeit, sich per E-Mail an anita.schuldt@t-online.de zu wenden. Das nächste Treffen ist für Mittwoch, 25. Januar, geplant.

 
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