
Am 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gestalteten die Schüler der Mittelschule Karlstadt eine Gedenkstunde im Rahmen der Aktionen Schule ohne Rassismus in Zusammenarbeit mit dem "Arbeitskreis Karlstadter Schulen". Analog zum Würzburger "Weg der Erinnerung" wurden symbolisch Koffer der 1942 deportierten Menschen aufgestellt, und die Wanderausstellung "Namen statt Nummern" zeigt 22 Biografien von Häftlingen des KZ Dachau. Schüler der Klasse M9 stellten in Ausschnitten die szenische Lesung "Mein Name ist Josefine Berney", einer jungen Jüdin aus Laudenbach vor.
Geschichte geschieht nicht nur in der großen Welt, sondern auch daheim vor der Haustüre. So nahm der Holocaust, eines der schlimmsten Verbrechen der Menschheit, auch hier vor Ort seinen Lauf, wie Georg Schirmer in der Geschichte von Josefine Berney eindrucksvoll beschreibt. Je vier Schüler und Erwachsene lasen Ausschnitte, die zeigten, dass auch im beschaulichen Laudenbach das Virus der Ausgrenzung und des Hasses die Menschen unter dem Einfluss der Nazis befiel und schließlich zur Feindseligkeit, zu Übergriffen in der Reichspogromnacht führte und letztendlich mit der Deportation in die Vernichtungslager endete.
Angst vor dem damaligen "Main-Stream", heimliche Sympathie damit und nach der Katastrophe das kollektive Vergessen oder zumindest die Relativierung der Verbrechen gab es auch bei uns. Zwar gelang der jungen Berney die Flucht in die USA, doch 14 ihrer Leidensgenossen wurden im April 1942 von Würzburg aus per Bahn in die Konzentrationslager verschleppt. Während auf dem Weg zum Bahnhof in der Würzburger Aumühle auf dem "Weg der Erinnerung" symbolische Koffer der Deportierten dauerhaft aufgestellt werden, soll bei den Karlstadter Synagogen in Laudenbach und Wiesenfeld das gleiche geschehen. Ein Koffer davon wird ebenfalls in Würzburg stehen.
Die jungen Leute der Mittelschule hatten die Möglichkeit, an 22 Bannern die Biografien von Personen nachzulesen, die im bayerischen Konzentrationslager Dachau eingesperrt waren. Sie erkannten, dass es sich bei den Verfolgten nicht ausschließlich um jüdische Menschen, sondern auch um politisch Andersdenkende, unbequeme Künstler und Menschen anderer Ethnien handelte.
In seinem Grußwort betonte Bürgermeister Paul Kruck die Notwendigkeit, diese Gräuel auch nach 75 Jahren nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Man müsse die Ursachen kennen und die Prozesse, die dazu führten, dass ein Volk kollektiv Hassbotschaften folgte. Heute gelte es, mutig aufkeimenden Entwicklungen der Verrohung entgegenzutreten und das beginne schon bei der Sprache, denn "auch Worte können eine Gesellschaft verändern". Besonders gefährdet seien hier die "Sozialen Medien", in denen Hassbotschaften weitgehend anonym verbreitet werden können. "Ihr müsst helfen, diese Gesellschaft anders zu prägen, lernen, hinschauen, rechtzeitig reagieren und gegensteuern", mahnte Kruck.
Die Ausstellung wird bis Anfang Februar in der Aula der Mittelschule zu sehen sein und dann im Foyer des Rathauses gezeigt. Bis dahin sind alle Schulen zu einem Besuch eingeladen, sagte der Sprecher des Arbeitskreises Josef Grodel.