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KARLSTADT
Wenn Lampenfieber die Prüfungsaufgaben vernebelt
Anita Kemmetmüller
 |  aktualisiert: 15.11.2015 03:15 Uhr

Auch erfahrene Lehrer erleben im Unterrichtsalltag immer wieder auffälliges Verhalten von Schülern: Der Schüler stört den Unterrichtsablauf, beteiligt sich nicht am Unterrichtsgeschehen, reagiert gar aggressiv auf gut gemeinte Lehrerimpulse, die ihn zu Disziplin und Aktivierung ermuntern, heißt es in einer Pressemitteilung der Berufsschule Main-Spessart zu einem speziellen Sprachtraining für Lehrer.

Das auffällige Verhalten des Schülers kann nämlich auch an einer Sprachbarriere liegen, die dem Schüler mit Handicap den Zugang zum Sprachverständnis von Arbeitstexten oder Prüfungsaufgaben verwehrt. Susanne Scharff vom Institut für Textoptimierung aus Halle an der Saale erläuterte daher bei einer Fortbildung den Lehrern, welche Maßnahmen in der Texterstellung es gibt, um den Schülern mit Förderbedarf den Zugang zum Verständnis der Sprache zu erleichtern.

Nach dem wichtigen theoretischen Input konnte die Referentin die Lehrer im Workshop gezielt anleiten, Fachtexte, Arbeits- und Prüfungsaufgaben so zu modifizieren, dass die Sprachinhalte von jedem Schüler nachvollziehbar und handlungsrelevant verarbeitet werden können.

Vor allem in Prüfungssituationen müssen die Schüler und Schülerinnen rasch den barrierefreien Zugang zur Aufgabenstellung finden. Wer eine Prüfung ablegt, ist meist aufgeregt, zweifelt vielleicht am eigenen Wissen und dann erlebt der Prüfling Texte, die mit Alltagstexten nicht vergleichbar sind. Susanne Scharff fordert deshalb: „Gerade eine Prüfungssituation erfordert Übersichtlichkeit, Klarheit und Verständlichkeit in der Aufgabenstellung.“

Bei der Erstellung von Prüfungstexten und allen Arbeitstexten im Unterricht gibt es viele Ansatzpunkte, um Sprache und Textverständnis zu verbessern: Auf der Wortebene gilt es beispielsweise, anschauliche, gewohnte Wörter zu verwenden. Vermeiden sollte man indirekte Verneinungen, ungewohnte Abkürzungen oder Substantivierungen.

Auf der Satzebene sollte man unter anderem kurze Sätze mit einfachen Nebensätzen verwenden, bei Fragesätzen und Aufforderungen nur ein Element pro Satz verwenden und geläufige Konjunktionen einsetzen, um die Beziehungen zwischen den Sätzen zu verdeutlichen.

Auf der Textebene stehen die Gliederungssignale im Vordergrund. Voran gestellte Überschriften und einheitliche syntaktische Strukturen erleichtern den Zugang zum Textverständnis. Zeichnungen, Tabellen können den Textinhalt veranschaulichen. Auch die zahllosen Möglichkeiten der Textgestaltung sind mit den modernen Unterrichtsmedien kreativ umsetzbar. Das Schreibprogramm am Computer erlaubt gut lesbare Schriften, lesefreundliche Schriftgrößen und sinnvolle Zeilenumbrüche.

„Textoptimierung kann man lernen“, so ein Teilnehmer bei der Ergebnispräsentation nach der Arbeit im Workshop. „Aber es ist schwer, etwas leicht verständlich zu machen.“

Für das Kollegium der Berufsschule war die Veranstaltung eine gewinnbringende Weiterbildung. Auch die Schüler werden von dieser Weiterbildung der Lehrkräfte mit noch besseren Schul- und Prüfungsleistungen profitieren und werden auch im Alltag ihren Horizont erweitern, betont die Schulverwaltung. Die Referentin schloss ihre Ausführungen mit einem Zitat des Philosophen Ludwig Wittgenstein: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“

 
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