
Als 16-Jährige verliebte sich Leßmann in den Nürnberger Schausteller Rainer Müller. Nun ist sie schon seit rund vier Jahren mit ihm unterwegs und verkauft Schokofrüchte auf Volksfesten – um die 16 Monate alte Tochter des jungen Ehepaars kümmern sich während der Laurenzi-Messe die Großeltern in Lengfurt.
Rainer Müller ist gelernter Bau- und Landmaschinenmechaniker und Schausteller in dritter Generation. Mit den Eltern, die damals eine Losbude betrieben, war er das erste Mal als Neunjähriger auf der Laurenzi-Messe.
„Die Marktheidenfelder Messe damals und heute ist kein Vergleich“, erklärt Müller. Seine Frau fährt fort: „Die Messe in der Stadt war ein ganz besonderes, ein schönes Fest.“ Auch die Umsätze seien auf dem neuen Platz niedriger. Auf dem alten Festplatz hätten sie häufig bereits um 11 Uhr Kundschaft gehabt. „Auf der Martinswiese“, so Müller, „verschiebt sich das Geschäft nach hinten.“
1990 entschloss sich Müller mit dem Kauf der Schießbude „Shoo-ting Hall“ zur Selbstständigkeit. Die passende Ergänzung hierzu sei ein Kinderfahrgeschäft, meint er. Schließlich kommen die jungen Gäste eher tagsüber auf Jahrmärkte und Messen, während Schießbuden überwiegend am Abend Kundschaft anziehen. Deshalb betreibt Müller seit 1999 zusätzlich den „Flying Twist“, auf dem die jüngeren Besucher in bunt verzierten Gondeln auf und ab fliegen können. „Es war schon immer ein Traum von mir, ein Kinderfahrgeschäft zu besitzen“, sagt Müller. Seit letztem Jahr ist die Familie auch noch mit dem Schokofrüchtestand „Candy Früchte“ auf Messen in ganz Süddeutschland zu finden.
16 Messen im Jahr
„Im Jahr besuchen wir zirka 16 Messen und den Nürnberger Christkindles-Markt“ , erklärt Müller. Das Ehepaar lebt in einer Mietwohnung in Müllers Heimatstadt. Während der „Schaustellersaison“, die im April mit dem Frühlingsfest in Nürnberg beginnt und im Oktober mit dem „Schwetzinger Kerwe“ in Mannheim endet, lebt die Familie mit ihrer Tochter überwiegend im Wohnwagen. „Ab und zu kommen wir mal nach Hause, um den Briefkasten zu leeren und das ein oder andere zu erledigen“, sagt Leßmann mit einem Lachen.
Auch wenn Jahrmärkte und Messen für beide Alltag geworden sind, freuen sich die 20-Jährige und ihr Mann das ganze Jahr über auf Laurenzi in Marktheidenfeld. „Die Mess' ist schon ein Stück Zuhause für mich“, sagt Leßmann.
Kurioses haben sie ebenfalls schon erlebt. Vor einigen Jahren seien die Absperrgitter des „Flying Twist“ plötzlich abmontiert gewesen. „Zum Glück wurden alle Zäune am nächsten Tag vom Bauhof zurückgebracht“, erzählt Müller. Betrunkene hatten sich in der Nacht einen Spaß erlaubt.
Nur sechs Feste mit Twist
Verblüfft war Leßmann, als es an Ostern dieses Jahres während des Nürnberger Frühjahrsfestes zu schneien begann. Schnell lagen 15 Zentimeter Schnee auf dem Geschäft. „Das sah aus wie Weihnachten“, berichtet sie schmunzelnd.
Das Paar und die zwei fest angestellten Mitarbeiter sind überwiegend mit den Schokofrüchten und der Schießbude unterwegs. „Nur zu sechs Festen im Jahr wird auch der Kinderflieger mitgenommen“, so Müller, „dann hilft meine Mutter Margit mit.“ Vater Karl-Heinz ist zudem mit einem eigenen Fahrgeschäft auf Messen vertreten.
Nie hätte Andrea Leßmann als Kind daran gedacht, den ganzen Sommer auf Volksfesten zu verbringen. „Wenn man hinter die Kulissen schaut, ist es ganz anders als erwartet“, sagt sie. „Aber schön ist es doch.“