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KARLSTADT
„Wenn ich ein Hund wäre, wären alle netter zu mir“
Aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten können Einzelschicksale junge Menschen in die rechte Szene führen. Die Schauspieler des Jungen Theaters Augsburg Fabian Feder, Ramadan Ali und Birgit Werner, hier eine Neonazi-Gang mimend, demonstrierten in ihrem Impulstheaterstück mögliches Hineinschlittern in den Salafismus und Rechtsextremismus. Angesprochen von dem Theater zur Extremismusprävention waren Mittel- und Realschüler in der Realschulturnhalle Karlstadt.
Foto: Josef Riedmann | Aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten können Einzelschicksale junge Menschen in die rechte Szene führen.
Josef Riedmann
 |  aktualisiert: 01.02.2018 02:58 Uhr

Sechs Jugendliche auf der Suche nach Selbstfindung, Anerkennung, Frieden und ihr Hineinschlittern in oder ihre Konfrontation mit Salafismus oder Rechtsradikalismus stellte das Theaterstück „KRASS! Hauptsache radikal“ des Jungen Theaters Augsburg mehreren Schulklassen vor. In zwei Aufführungen des mobilen Impulstheaterstückes in der Turnhalle der Realschule Karlstadt beschäftigten sich vier Klassen der Realschule und der Mittelschule mit diesem brisanten Thema, das nach den Aufführungen im Klassenverband in einem 90-minütigen Workshop mit Theater- und Sozialpädagogen nochmals vertieft wurde.

Zum Inhalt: Da ist Ahmed, dessen Hochzeitspläne von seiner Familie nicht akzeptiert werden. Angebliche Freunde fangen ihn auf, verweisen auf den Dschihad als den richtigen Weg zu Gott und überzeugen ihn, in Syrien für den Islamischen Staat (IS) zu kämpfen. Die lebenslustige, minderjährige Sarah fühlt sich nach einem Umzug der Familie entwurzelt. Nach einem Saufgelage fällt sie ins Koma.

Ihr Wiedererwachen löst eine Gottsuche aus und im Internet stößt sie auf Seiten des radikalen Islam. Nur ihrem Tagebuch vertraut sie die heimliche Vorbereitung ihrer Ausreise nach Syrien an. Der Syrer Selim verlässt nach der Eroberung seines Dorfes durch den IS sein Land. Er möchte weder für noch gegen eine der kriegführenden Parteien kämpfen und sucht Frieden. Er kann nach Deutschland fliehen.

Klaudia, aus reichem Elternhaus, erfährt zu Hause keine Liebe. Sie gerät in die Fänge von Neonazis. Kai, Deutschtürke, erfährt nur in seinem Fußballclub Wertschätzung. Bei der Suche nach einer Wohnung, nach einer Arbeit, ist er der ungeliebte Türke. Auch er schließt sich der Neonazigruppe an. Marcos Eltern – er Alkoholiker, sie Putzfrau im Asylbewerberheim – reden nur, trauern vergangenen Zeiten nach und schimpfen über Flüchtlinge. Marco will handeln, Gewalt ist geil. In der Nazigruppe fühlt er sich größer und stärker. Klaudia, Kai und Marco treffen eines Tages auf den Syrer Selim, seit drei Tagen in Deutschland, und prügeln ihn tot.

In krassen Szenarien, verdeutlicht durch O-Töne aus Interviews, erzählten die Schauspieler Ramadan Ali, Fabian Feder und Birgit Werner die teilweise ineinander verwobenen Schicksale der sechs Jugendlichen. Sarah bleibt in Syrien verschollen, Selim wird ermordet, Ahmed gelingt die Rückkehr nach Deutschland, muss hier aber – wie die Mörder Klaudia, Kai und Marco – ins Gefängnis.

Bewusst wählt das Theaterensemble einfache Sporthallen als Bühne, den Zuschauern wird wenig Komfort geboten. Ein Sprungkasten und eine Niedersprungmatte genügen als Requisiten.

Glaubwürdig schlüpften die Darsteller in die unterschiedlichen Rollen, allein mit Kapuzenpulli und Schal ließen sie die Charaktere entstehen. Mit dem Ausspruch des sterbenden Selim, „Wenn ich ein Hund wäre, wären alle netter zu mir“, endete das Stück.

 
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