Zwei höchst vergnügliche Stunden hatten rund 100 Zuhörer am Samstag in der Alten Turnhalle mit dem Kabarettisten Philipp Weber. Sein aktuelles Programm »Weber No. 5 - Ich liebe ihn« hat einen ernsten Hintergrund: Wenn der Schein mehr gilt als das Sein, hält Marketing eine Gesellschaft am Laufen. Die Auswüchse nimmt Weber mit einem aberwitzigen Gag-Feuerwerk aufs Korn.
Absurde Zusatzfunktionen
Nur zehn Prozent der Waren, die der Durchschnittsbürger kauft, braucht er unmittelbar zum Leben. Die anderen erwirbt er, weil sie emotionale Bedürfnisse befriedigen. Webers Schwachstelle sind Küchengeräte: »Ich habe eine ukrainische Salatschleuder mit 800 Watt. Ein Knopfdruck und der Feldsalat ist ein Smoothie.«
Das Marketing ist bemüht, durch emotionale Ansprache immer neue Bedürfnisse zu wecken, damit die Kunden immer neue Waren kaufen. So bekommen Autos immer absurdere Zusatzfunktionen wie eine »Bergabfahrhilfe«. Die braucht Weber wirklich nicht, »ich weiß doch, was Bergabfahren ist, ich komme aus dem Odenwald«. In seinem Auto könne er kaum noch jemanden mitnehmen, »wegen der vielen Assistenten, die mit an Bord sind«.
Medikament vor der Krankheit
Die Vorgehensweise lässt sich nach den Worten des 44-Jährigen auf die Politik übertragen: »Marketing ist Marketing, das Produkt ist egal.« Der Fuhrpark der Bundeswehr sei marode, selbst Unterhosen fehlten den Soldaten, aber der Werbe-Etat sei auf 44 Millionen Euro hochgesetzt worden. Die Marketingkampagne sei auch dringend notwendig, um zu erklären, »warum der Russe Hyperschallraketen und die USA Drohnen haben, während wir ein Segelschiff reparieren«.
Politische Marketingkampagnen könnten aber auch in die Hose gehen, wie Verkehrsminister Andreas Scheuer mit seiner Aktion für Fahrradhelme mit leicht bekleideten Models gemerkt habe: »Welches Leben wird gerettet, wenn man im Bett Fahrradhelme trägt?«
Noch schlimmer seien die Zustände in der Pharma-Industrie, die mehr für das Marketing für alte Medikamente ausgebe als für die Entwicklung neuer. Manche Firmen hätten erst das Medikament und erfänden dann dazu die Krankheit. So sei WSD (weibliche sexuelle Dysfunktionalität) erfunden worden, um eine Lustpille für Frauen zu vermarkten. Dabei sei das Nachlassen der Libido nach der Menopause völlig normal: »Die jüngeren Menschen bekommen die Kinder und die älteren kümmern sich darum.«
Sinnlos verschwendete Zeit
Weber malt sich eine Marketingkampagne für sich selbst mit Hilfe eines Bekannten aus, der eine Firma für »Image-Design« besitzt. Als Maskottchen würde er ihm wohl ein »hyperaktives Faultier« verpassen. Das trifft es auf den Kopf: In den zwei Stunden seines Programms hetzt der Kabarettist dauerquasselnd, manchmal mit überschlagender Stimme brüllend, über die Bühne. Die Gagdichte ist hoch und die erste Reihe wird immer wieder einbezogen.
Marketing, so sein Fazit, lenke die Aufmerksamkeit von dem, was man habe, auf das, was man nicht habe. Die Menschen würden immer unzufriedener und unglücklicher und müssten die Jagd nach dem Neuen mit sinnlos verschwendeter Lebenszeit bezahlen.