Die Idee kam Jessica Dümig aus Karlstadt während des ersten Lockdown im Frühjahr 2020. Eigentlich arbeitet sie im Kindergarten Roden. Zu diesem Zeitpunkt war sie freigestellt. "Ich habe schon immer gerne für mich und meine Familie genäht", erzählt sie. Beim Stöbern im Internet entdeckte sie die Stickmaschine – und kaufte sie. "Ich habe sehr lange überlegt", sagt sie. Schließlich kostete die Maschine 3000 Euro. Eine teure Anschaffung, die dann auch abbezahlt werden musste.
Doch die Sorgen stellten sich als unnötig heraus. Denn die Aufträge häuften sich. "Als erstes habe ich Alltags-Masken genäht und sie personalisiert", erzählt sie. Ein Abnehmer ist zum Beispiel immer noch das Johann-Schöner-Gymnasium, hier stickt sie das Logo der Schule auf die Maske ein. Neben den Masken bestickt sie mittlerweile aber auch alles andere: Kleidung, Mützen, Gotteslob- und Mutterpass-Hüllen oder Taschen. In Kontakt mit ihren Kunden kommt sie entweder durch Hören-Sagen oder über ihren Blogund Facebook. Im August schaffte sie sich sogar eine zweite Stickmaschine an, mit der sie größere Stücke von 20 auf 30 Zentimeter bearbeiten kann.
Jede Farbe muss einzeln eingefädelt werden
20 Minuten bis anderthalb Stunden dauert eine Stickarbeit. Dabei muss Jessica Dümig die meiste Zeit sitzen, denn jede Farbe muss einzeln eingefädelt werden. Zudem muss sie schauen, dass sich nichts verheddert oder veknuddelt und wenn, dann sofort eingreifen. "Am Anfang hatte ich gedacht, ich kann in der Zeit, in der die Maschine stickt meinen Haushalt machen. Aber das hat sich schnell als Trugschluss rausgestellt", erzählt sie.
Kommen Aufträge rein, erledigt sie diese nach der Arbeit im Kindergarten, am Wochenende und immer, wenn zwischen Essen und Hausaufgaben der Kinder eine Lücke ist. Denn für die zehn Kilo schwere Stickmaschine braucht sie den Esstisch. Und der ist eben oft anderweitig belegt. Damit die Kinder nicht zu kurz kommen, wird neben der Maschine auch mal Mensch-Ärgere-Dich-Nicht gespielt.
Ist ein Teil fertig, holen es die meisten Leute bei ihr ab. Manches verschickt sie aber auch. Ihr weitester Auftrag bisher ging bis nach Kiel.
In eigener Sache: Kunsthandwerker im Corona-Jahr
2020 war ein herausforderndes Jahr – keine Frage. Aber es hat auch gezeigt: Wer nicht raus kann, sucht sich seine Inspiration woanders und daraus entsteht plötzlich etwas kreatives Neues. Vor allem im Lockdown entstanden im Landkreis viele Ideen, aus denen teils kleine Geschäftsmodelle oder ein leidenschaftliches Hobby wurde, vor allem im Kunsthandwerk. In einer kleinen Serie wollen wir einige dieser Menschen und ihre Konzepte vorstellen. Wie kam es zum Einfall und schließlich zur Umsetzung? Zusätzlich haben wir die Teilnehmer*innen gebeten, uns einen Kreativ-Tipp zu nennen: leicht umzusetzen, für lange Lockdown-Tage zwischen den Jahren und für danach. Jessica Dümig aus Karlstadt machte den Anfang.