
Mehr Arbeit für gleichen Lohn: Auf diese Formel lässt sich bringen, was die Beschäftigten im Werk von Procter & Gamble (P&G) Marktheidenfeld und im Distributionslager Altfeld erwartet, wenn sie den ausgehandelten „Zukunftssicherungstarifvertrag“ akzeptieren. Im Gegenzug sollen die beiden P&G-Standorte auf Jahre erhalten bleiben. Darüber entscheiden werden allein die IG-Metall-Mitglieder unter den Mitarbeitern.
Walther Mann, 1. Bevollmächtigter der IG Metall (IGM), Verwaltungsstelle Würzburg, und der Marktheidenfelder Betriebsratsvorsitzende Helmut Hauptmann, ebenfalls IG-Metaller, haben den Tarifvertrag maßgeblich mit der Arbeitgeberseite ausgehandelt. Sie stellten sich am Donnerstag der Presse.
Anlass für das vorliegende Vertragswerk ist eine drohende Entwicklung, die in der Schließung des Standorts Marktheidenfeld münden könnte. Laut Mann und Hauptmann hat der US-Konzern P&G die Produktivität seiner europäischen Werke verglichen und festgestellot, dass die Arbeitskosten im ungarischen Gyöngyös, nahe Budapest, unter denen in Deutschland liegen. Die mögliche Folge: Die Herstellung neuer elektrischer Zahnbürsten könnte in das erweiterungsfähige Werk in Ungarn abwandern, wo kräftig investiert würde.
Ältere Produktlinien in Deutschland würden irgendwann auslaufen. Das Ende für Marktheidenfeld wäre „vielleicht in 15 Jahren“ gekommen, mutmaßte Mann.
Zwar „produzieren die deutschen Standorte mit Profit“, wie er sagte, „und Marktheidenfeld ist sogar hochprofitabel“, doch wenn der Konzern „bei Rendite und Wachstum zweistellige Raten“ erwarte, sei eine Verlagerung der Produktion nicht auszuschließen.
„Wir wollen eine Zukunft für das Werk Marktheidenfeld“, argumentierte der IG-Metaller. Ziel sei gewesen, „eine Regelung zu finden, mit der die Beschäftigten leben können, weil sie kein Geld verlieren“. Mann zählte wesentliche Vorteile des Vertrags für die Mitarbeiter im Werk Marktheidenfeld auf (Details: siehe unten):
• eine Beschäftigungsgarantie für fünf Jahre, zwei Mal verlängerbar, also auf maximal 15 Jahre,
• Investitionen von 65 Millionen Euro im Werk Marktheidenfeld, die die Produktanläufe von neu entwickelten elektrischen Zahnbürsten beinhalten,
• den Erhalt des Lagers Altfeld und der dort geltenden Tarifbindung.
Die größte Angst vor einer Schließung sei in Altfeld umgegangen, erklärte Mann. Der Grund: Mit dem Verkauf der Marken Duracell und Wella hat P&G ein Drittel der in Altfeld gelagerten Waren verloren. Somit habe sich im Vergleich mit anderen Lagerstandorten die Existenzfrage gestellt.
Mann nannte auch die „Kröten“, die die Belegschaft schlucken müsste: Die Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 37,5 Stunden steht dabei an erster Stelle. Treffen wird die Mitarbeiter auch der Wegfall von übertariflichen Leistungen.
Mann konstatierte nach dem Verhandlungsergebnis nüchtern: „Ich helfe dem Kapitalisten, dass er in Deutschland billiger produzieren kann, aber dafür erhalte ich Gegenleistungen.“ Der Gewerkschafter ist froh, dass er angesichts einer globalisierten Welt „Eingriffe in die tariflichen Leistungen“ verhindern konnte. „Wir haben die Absicherung beider Standorte erreicht, aber nicht umsonst“, räumte Mann ein. Die Kollegen müssten dafür mit dem Verlust von Freizeit bezahlen.
„Aber ich denke an die Familien und an die Zukunft“, erklärte er seine Motivation. In den Verhandlungen mit dem örtlichen Management habe er die Erfahrung gemacht, dass es ebenso an einem Erhalt der Arbeitsplätze in Marktheidenfeld interessiert sei.
Werde die Mehrheit der IGM-Mitglieder von P&G den neuen Tarifvertrag akzeptieren, dann sehen Mann und Hauptmann gute Perspektiven hierzulande. Die Entwicklung der Produkte liege zwar weiterhin in den Zentralen in Kronberg und Schwalbach im Taunus, doch könne man in Marktheidenfeld auch künftig mit der Herstellung neuer Produkte rechnen. Deshalb soll ab 2016 eine neue Produktionshalle gebaut werden.
Freilich würden durch Automatisierung und Fluktuation von den derzeit 1700 Arbeitsplätzen mittelfristig 200 abgebaut werden. Doch dafür sei mit einem größeren Anteil von Mitarbeitern zu rechnen, die durch Fortbildung höher qualifiziert und besser bezahlt würden.
Hauptmann beschrieb damit eine Entwicklung, die weg von einfachen manuellen Arbeiten und hin zu anspruchsvollen Tätigkeiten führt. Auch eine Festschreibung von jährlich mindestens 25 neuen Auszubildenden sehen die Gewerkschafter als Signal für die „Wertigkeit des Standorts“. Hauptmann bezeichnete das Ergebnis daher als „guten Kompromiss“.
Am Samstag wird in einer Betriebsversammlung ab 9 Uhr im Lager Altfeld dieses Ergebnis vorgestellt. Anschließend wird rund die Hälfte der Mitarbeiter, die gewerkschaftlich organisiert ist, darüber abstimmen. Die Umsetzung des Tarifvertrags ist zum 1.11.2015 geplant.
Die Unternehmenszentrale in Schwalbach bestätigte auf Anfrage, dass ein „Eckpunktepapier“ erarbeitet worden sei, „das den Interessen der Standorte und der Mitarbeiter gleichermaßen gerecht wird“. Über Details will man erst nach der Abstimmung öffentlich reden.
Zukunftssicherungstarifvertrag für P&G Marktheidenfeld
Ein Eckpunktepapier ist das Ergebnis von Verhandlungen zwischen P&G und IG Metall. Der „Zukunftssicherungstarifvertrag“ sieht vor (Auszüge):
• 37,5-Stundenwoche (bisher 35) ohne Lohnausgleich.
• Eine 15-minütige Wegezeit.
• Mitarbeiter außerhalb des Tarifs und leitende Angestellte (circa 20 Mitarbeiter) leisten einen wertgleichen Beitrag.
• Einführung einer neuen Produktivitätsprämie.
• Marktheidenfeld und Altfeld bleiben eine Tarifeinheit.
• Betriebsbedingte Kündigungen sind für die Laufzeit des Tarifvertrags ausgeschlossen.
• Am Standort Marktheidenfeld werden mindestens 65 Millionen Euro in neue Gebäude und Produkte investiert.
• Altersteilzeit ist ab 55 Jahren möglich (Laufzeit bis zu acht Jahren).
• Mindestens 25 Azubis pro Jahr.
• Jährliche Weiterbildungen mit dem Ziel der Höhergruppierung.
• Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt fünf Jahre mit automatischer Verlängerung, maximal 15 Jahre.
• Verhandelt haben Werksleiter Henrik Teichmann, Personalchef Hugo Schwab, Finanzchef Moritz Stucki und der Lagerleiter Altfeld, Eiko Thielecke (alle P&G); 1. Bevollmächtigter Walther Mann, Betriebsratsvorsitzender Helmut Hauptmann und sein Stellvertreter Stefan Mohr (alle IGM). Text: abra
Garantien gibt es nur auf Waschmaschinen....wenn überhaupt
Walther Mann, 1. Bevollmächtigter der IG Metall (IGM), Verwaltungsstelle Würzburg, und der Marktheidenfelder Betriebsratsvorsitzende Helmut Hauptmann, ebenfalls IG-Metaller, haben den Tarifvertrag maßgeblich mit der Arbeitgeberseite ausgehandelt.
Eine Lohnkürzung von 7%. Ein dreifaches Hurra auf die Gewerkschaft.
Außertarifliche WEIHNACHTSGELD ??????????