In einer Zeit, in der immer mehr Menschen vor dem Computer und dem Fernseher sitzen, droht das Buch als Unterhaltungsmedium auszusterben. Auch in der Stadtbücherei Marktheidenfeld ist dieser Trend erkennbar. Wie Leiterin Susanne Wunderlich kürzlich mitteilte, werden am häufigsten analoge und digitale Medien ausgeliehen, gefolgt von Kinder- und Jugendliteratur. Nur 28 Prozent der Ausleihen sind Romane und Sachbücher.
Karin Streck (42 Jahre) aus Lengfurt liest am liebsten historische Romane und Thriller. Für die nächsten zwei bis drei Tage hat sie sich unter anderem den rund 280 Seiten umfassenden Krimi „Tiere“ von Simon Beckett ausgeliehen. „Ich lese nicht nur abends vor dem Einschlafen, sondern eigentlich bei jeder Gelegenheit, in jeder freien Minute“, sagt sie.
Auch in Zukunft wird Streck auf das gedruckte Buch setzen: „Ich habe gerne ein Buch in der Hand, dann weiß ich, auf welcher Seite ich gerade bin.“ Wenn sie im Urlaub am Strand sitzt, kann sie den Sand schnell aus den Seiten schütteln. Sei er erst einmal in den eBook Reader (ein elektronisches Lesegerät) eingedrungen, wäre dieser defekt. Streck schätzt, dass sie in rund zwei Wochen wieder in die Stadtbücherei kommt, um sich neuen Lesestoff mitzunehmen.
„Ich habe schon alle Comics, die es hier gibt, gelesen“, sagt der vierjährige Julius Fries aus Hafenlohr ganz stolz. Er ist gemeinsam mit seinen Brüdern Johannes (7 Jahre) und Jonas (1) sowie seiner Mama in die Stadtbücherei nach Marktheidenfeld gekommen, um sich neuen Lesestoff für die nächsten Tage auszuleihen.
Julius sagt: „Mama kommt mit uns ganz oft hierher.“ Er lässt sich von den Eltern am liebsten Yakari-Bücher vorlesen – von denen gibt es in der Stadtbücherei jede Menge. Johannes blättert den „Tim und Struppi“-Comic durch. Man merkt schnell, dass er sich in der Reihe auskennt. „Das sind ja auch meine Lieblingsbücher“, sagt er. „Und die kann man hier immer wieder ausleihen und lesen. Das ist toll!“
Einen Stapel Jugendbücher und Entspannungs-CDs leiht Silvia Schwab aus Kredenbach aus. „Diese dicken Schmöker sind für meine zehnjährige Tochter Laura, die Bücher regelrecht verschlingt“, sagt Schwab. Jedes der 300-seitigen Bücher wird sie innerhalb von zwei Tagen durchgelesen haben, vermutet die Mutter. Denn wenn Laura am späten Nachmittag von der Schule kommt, möchte sie am liebsten gar nicht angesprochen werden, sondern einfach nur in Ruhe lesen. „Das ist ihre Art abzuschalten“, erklärt Schwab.
Sie selbst kann sich am besten bei der Musik der ausgeliehenen CDs entspannen. „Früher habe ich auch viel gelesen, heute habe ich kaum noch Zeit“, bedauert sie. Trotzdem muss sie sich schon öfter von ihrer Tochter anhören: „Mama, lies doch auch mal.“
Aufgrund einer Empfehlung leiht sich Elfriede Jankowski aus Marktheidenfeld Annabel Pitchers Debüt-Roman, „Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims“, aus: „Auch das, was im Klappentext steht, hört sich interessant an. Ich bin schon sehr neugierig auf das Buch.“
In die Stadtbücherei Marktheidenfeld kommt sie mindestens vierwöchentlich, um sich mit Lesestoff zu versorgen. „Ich tauche liebend gerne in die Welt eines Buches ein. Deshalb lese ich auch nie an mehreren Büchern gleichzeitig“, sagt Jankowski. Erst wenn eines ausgelesen sei, fange sie ein neues an.
Der Erstklässler Justus (6 Jahre) aus Marktheidenfeld ist mit seinem Vater Holger Seidel in die Stadtbücherei gekommen. „Am liebsten habe ich Bücher über Fußball“, sagt Justus. Aber auch die Olchi-Reihe und Wissensbücher mag der Junge besonders gerne.
Wie immer leihen die beiden heute drei bis vier Kinderbücher aus. „Mein Papa und ich lesen immer abwechselnd ein Stück“, erklärt Justus. „Denn dann macht das Lesen gleich viel mehr Spaß.“
Lesung mit Günter Huth
Anlässlich des bundesweiten „Lesefestes“ bietet die Stadtbücherei Marktheidenfeld verschiedene Veranstaltungen für Groß und Klein: Am Dienstag, 23. April, liest der Würzburger Schoppenfetzer-Autor Günter Huth um 19.30 Uhr aus seinem neuen Thriller „Blutiger Spessart“. Er wird die Zuhörer in die dunkle Welt der fränkischen Mafia entführen. Die Veranstaltung findet in den Räumen der Stadtbücherei in Zusammenarbeit mit dem Buchpavillon Langefeld statt.
Jeden letzten Mittwoch im Monat findet unter dem Motto „Leseraupe trifft sich“ eine Vorlesungsstunde statt. Das Bücherei-Team zeigt am Mittwoch, 24. April, um 15 Uhr das Bilderbuchkino „Jonas fliegt zum Mond“.
Tag des Buches
Die Unesco hat 1995 den Welttag des Buches und des Urheberrechts ins Leben gerufen, um die Bedeutung des Lesens, der Bücher und die Kultur des geschriebenen Wortes zu würdigen. Auch soll an diesem Welttag am 23. Apüril auf die Rechte der Autoren hingewiesen werden.
In Deutschland beteiligen sich bereits zum 17. Mal Buchhandlungen, Verlage, Büchereien und Schulen an dem „Lesefest“. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Stiftung Lesen organisieren und koordinieren die vielen Veranstaltungen rund um das Lesen in der ganzen Bundesrepublik.
Die Idee geht auf eine Tradition in Katalonien zurück: Seit den 1920er Jahren baut man in der spanischen Region am 23. April auf den Straßen Buchstände auf, veranstaltet Volksfeste und verschenkt Bücher. Auf dieses Datum fällt der Namenstag des heiligen Georg, der Schutzpatron Kataloniens ist. TEXT: DFI