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Wombach
Weltrekordversuch: Maschinenbau-Professor tüftelt am 400 Kilo schweren Wombacher Giga-Kloß mit
Simon Schmitt und Jürgen Grün strahlen mit den Klößen am Stiel um die Wette. 
Foto: Steffen Schreck | Simon Schmitt und Jürgen Grün strahlen mit den Klößen am Stiel um die Wette. 
Bearbeitet von Boris Dauber
 |  aktualisiert: 14.03.2025 02:39 Uhr

Ein paar handtellergroße Sonntagsklöße zu kochen, ist keine große Wissenschaft. Einen 400 Kilo schweren Kloß-Koloss verzehrfertig zu machen allerdings schon. Vor dieser riesigen Herausforderung stehen derzeit die Wombacher. Sie wollen während des Fests zum 700-jährigen Bestehen ihres Dorfes am 21. Juni den größten Kartoffelkloß der Welt servieren. Aktuell dampfen dafür in Wombach die Kochtöpfe und es rauchen die Klößköpfe, denn eines ist klar: Das wird alles andere als einfach.

Seit 2010 hält das thüringische Jena den Weltrekord mit einem 365-Kilo-Knödel. Diese Bestmarke wollen die als Klößköpf bekannten Wombacher knacken. Doch dafür müssen sie einige Voraussetzungen erfüllen: Ihr Kloß darf nach dem Kochen nicht auseinanderfallen und muss vollständig verspeist werden. So schreibt es das Rekord-Institut für Deutschland (RID) vor, das den Wombacher Weltrekordversuch auch vor Ort überwachen wird. Jener Jenaer Knödel, den die Wombacher vom Siegertreppchen rollen wollen, kochte laut Zeitungsberichten rund acht Stunden in einem feuerfesten Glaszylinder auf dem Marktplatz, bis er fertig war.

Der Mega-Kloß hat einen Durchmesser von gut einem Meter

Da der Wombacher Kloß mit einem Durchmesser von gut einem Meter etwa zehn Zentimeter dicker ist, gingen die Organisatoren laut Klaus Hübner anfangs davon aus, dass ihr Exemplar dann eben zehn Stunden Garzeit benötigt. "Wir alle haben das Thema ein bisschen unterschätzt", sagt er nach den ersten Kochversuchen mit kleineren Knödeln. Der Wombacher Jürgen Grün ist Professor für Maschinenbau und geht die ganze Angelegenheit mit wissenschaftlicher Genauigkeit an. Nachdem er fünf Probeklöße von bis zu 15 Kilogramm Gewicht gekocht hatte, berechnete der 55-Jährige, wie lange es dauert, bis der 400-Kilo-Kloß durch ist. "Bei einer angestrebten Innentemperatur von 65 bis 70 Grad dauert das drei bis vier Tage", lautet sein Ergebnis.

Für alle Beteiligten war sofort klar wie Kloßbrühe: Das ist viel zu lang! Und noch ein weiteres Problem tat sich auf. Als Grün einen kleineren Kloß testweise zweieinhalb Tage kochte, fiel das Ergebnis unappetitlich aus: "Er wurde braun und matschig und war nicht mehr genießbar", betont der Wombacher. Sein Fazit: "So wie es ursprünglich gedacht war, können wir es nicht machen."

Zu dieser Erkenntnis sind auch Angelika und Jürgen Schmitt rund 140 Kilometer östlich von Wombach im oberfränkischen Heroldsbach-Poppendorf gelangt. Die beiden sind die Inhaber von Schmitt's Kloßteig GmbH und spendieren die Zutaten für den Wombacher Weltrekordversuch. Auch ihre Probedurchläufe waren anfangs nicht von Erfolg gekrönt: "Der erste Versuch ist in die Hose gegangen. Die nächsten waren aber viel besser", erzählt Jürgen Schmitt. Sie hätten die Kochzeit unterschätzt, der Kloß sei innen noch roh gewesen, erläutert der 51-Jährige. "Wir sind zu lässig an die Sache rangegangen", resümiert er.

Der durchschnittliche Sonntagskloß wiegt rund 180 Gramm

Als die Anfrage der Wombacher kam, ob sie den Weltrekordversuch unterstützen, war die Überraschung groß. Der Familienrat habe aber relativ schnell entschieden, dass es "eine Herausforderung ist, an die man mit sportlichem Ehrgeiz herangehen kann", sagt Angelika Schmitt. Um sich die Dimension der Aufgabe vor Augen zu führen, hilft es, den Kloß-Koloss auf Alltagsgröße herunterzubrechen: Wenn man wie die 52-Jährige davon ausgeht, dass ein durchschnittlicher Sonntagskloß rund 180 Gramm wiegt, entspricht der 400-Kilo-Kloß rund 2222 Knödeln. Schmalhans mag anderswo Küchenmeister sein, in Wombach schöpfen sie aus dem Vollen.

Die Vorbereitungsphase kann man sich ein wenig wie das Training für den ersten Marathon vorstellen, bei dem der Läufer auch nicht die gesamten 42,2 Kilometer zurücklegt. "In der Größe, wie es für den Weltrekord geplant ist, können wir die Probekochungen natürlich nicht machen. Das ist ein einmaliger Versuch", betont Angelika Schmitt. Man müsse sehen, wie sich ein 20, 30 Kilo schwerer Kloß bei gewissen Gradzahlen des Wassers verhält, erklärt sie. Um das dann auf das große Ganze umzurechnen, gebe es Unterstützung aus Wombach, schiebt Schmitt hinterher.

Die Kloßteig-Expertin hat auch eine Erklärung dafür, was passiert, wenn der Knödel zu lange gekocht wird: "Der Schwefel, der im Kloß ist, verflüchtigt sich und der Kloß wird braun." Auch die Temperatur des Wassers wird eine wichtige Rolle spielen, denn der Kloß mag es weder zu kalt noch zu heiß. "Wir werden uns so um die 90 Grad bewegen", sagt Angelika Schmitt. An der Feinabstimmung werde noch gearbeitet.

Nach dem Garen kommt der Kran zum Einsatz

Im Gegensatz zum Sonntagskloß, der von selbst an die Wasseroberfläche kommt, wenn er fertig ist, muss der Wombacher Giga-Knödel nach der Garzeit mit dem Kran herausgehoben werden. "Der Kloßteig wird in ein Tuch eingefüllt, das in einem Gestell hängt", erklärt Klaus Hübner den überdimensionierten Kochbeutel, der im Juni zum Einsatz kommt. Metallringe, die mit Gurten verbunden sind, geben die Form vor. Oben werde das Tuch dann zusammengebunden, so der 64-Jährige.

Der Wombacher Kloß unterscheidet sich jedoch maßgeblich von dem aus Jena: Ersterer gehört der Gattung der fränkischen Klöße an. Zweiterer ist ein Thüringer Kloß, der nach Angaben im Internet aus roher, geschleuderter Kloßmasse bestand. Diese wurde anschließend mit einem Drittel heißem Kartoffelbrei überbrüht. Sein fränkischer Artgenosse ist für solche halben Sachen nicht zu haben, obwohl er laut Jürgen Schmitt "halb und halb" ist. "Er hat also mehr Anteile an gekochten Kartoffeln. Der Thüringer ist roher", erklärt er. Der 51-Jährige redet nicht um den heißen Brei herum, wenn er der Zubereitung mit heißem Kartoffelbrei eine Absage erteilt: "Wir kochen den Kloß ganz normal, wie es bei uns im Fränkischen so üblich ist."

Wo wir wieder bei Jürgen Grün im Wombacher Kloßtestlabor wären, das nichts anderes als seine Küche ist. Um die Kochzeit auf ein erträgliches Maß zu reduzieren, muss der Kloßteig vorgewärmt sein, bevor er mittels Lebensmittelpumpe in das Tuch eingefüllt wird. Fertig zubereitet wird er dann in schätzungsweise 3000 Liter Wasser, die in einen zweieinhalb Meter hohen Edelstahlbehälter mit 1,60 Meter Durchmesser gefüllt wurden.

Ursprünglich hatten die Wombacher gedacht, dass die Knödelmasse schon beim Hersteller warm gemacht und dann angeliefert werden kann. Doch dafür fehlen dem Familienunternehmen Schmitt’s Kloßteig die Geräte. Deshalb tüftelt Jürgen Grün nun aus, wie der Teig vor Ort vorgewärmt werden kann und stößt dabei bisher auf "einige Schwierigkeiten". Ein Backblech mit acht Zentimeter dickem Kloßteig darauf, benötige im auf 90 Grad vorgeheizten Ofen dreieinhalb bis vier Stunden, um innen die Zieltemperatur von 60 Grad zu erreichen, berichtet der 55-Jährige.

Sensoren überwachen den Kloßteig

Um die Innentemperatur und den Temperaturverlauf genau zu bestimmen, verwendet der Wombacher Sensoren. Dabei hat er herausgefunden, dass die Kloßmasse beim Backen auch nicht zu heiß werden darf. "Ab 65 Grad bindet die Stärke im Kloßteig und verkleistert", erklärt Grün. Die Oberfläche wird bei zu hohen Temperaturen trocken und verkrustet, was dem Kloßgenuss natürlich nicht zuträglich ist.

Grün träumt von "einem Heizraum, der groß genug wäre, um die Platten mit Kloßteig vorzuwärmen". Sie dürften nicht zu dick sein, damit es nicht zu lange dauert, schiebt er hinterher. Zudem stellt sich noch die Frage, in welchen Behältern der Teig dann warm gehalten und zum Festplatz transportiert werden kann. Klaus Hübner will dafür beispielsweise mal in der Rexroth-Kantine nachfragen, ob sie dort größere, isolierte Gefäße haben, die die Wombacher verwenden können.

Eine finale Lösung haben die Klößköpf noch nicht parat. Für jeden Tipp und jede Unterstützung seien sie nach Aussage Grüns dankbar. "Es gibt viele Erkenntnisse, dümmer sind wir nicht geworden", sagt der 55-Jährige. Die Wombacher sind erfolgshungrig und haben keinen Kloß im Hals, wenn es darum geht, den Jenaer Weltrekord zu brechen. "Einen Thüringer Kloß kann ja jeder machen", sagt Klaus Hübner und lacht.

 
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