
Nun heißt es, auf einen Zufall warten. So einen wie bei Theo Väth in Marktheidenfeld, der in den 1960er Jahren eine Münze des Kaisers Vespasian bei Gartenarbeiten fand. Oder so einen wie bei Otto Braasch, der 1985 beim Flug über Marktbreit das dortige Römerlager entdeckte. Bislang sind Funde aus der Römerzeit in Main-Spessart jedenfalls rar, wusste Dr. Gerrit Himmelsbach am Dienstagabend bei seinem Online-Vortrag "Spuren der Römer östlich des Limes" den fast 30 eingeloggten Zuhörern zu berichten. Sicher liege das auch an den wenigen Ausgrabungen, die bislang in der Region stattfanden, ergänzte Dr. Leonhard Scherg, der im Namen der Volkshochschule Marktheidenfeld begrüßte.
Wäre das auf neun Hektar von 6 bis 9 nach Christus bestehende Doppellegionslager bei Marktbreit ausgebaut und nicht nach der verlorenen Varusschlacht wieder planmäßig aufgelassen worden, dann wäre vieles anders gekommen. Marktbreit, so behaupten Wissenschaftler, hatte das Zeug Mainz abzulösen, also etwas ganz Großes zu werden. So aber beschäftigen sich die Geschichtsinteressierten in unserer Region heute nicht mit römischen Bauten, sondern vorwiegend mit der Frage, wie die Römer zwischen Mainz und Marktbreit gependelt sind. Das war auch Thema der Diskussion, die auf Himmelsbachs Vortrag folgte.

Gingen die Römer bei Lengfurt über den Main?
Sicher sind die Römer auf dem Main gefahren, doch Tausende von Soldaten mussten auch marschieren. Wie kamen sie über den Spessart oder gingen sie darum herum? Und wenn sie die dunklen Wälder nicht scheuten, wo gingen sie über den Main? Einmal mehr ging es am Dienstagabend um das mysteriöse Locoritum, das sich auf der Karte des Ptolemäus findet. Es sei "eine spannende, aber auch hoch spekulative Geschichte", meinte Himmelsbach. Vorschläge, wo dieser Ort zu finden sei, gebe es etliche, darunter auch Langenprozelten, Neustadt oder – wie am Dienstag zur Diskussion gestellt – die seit alten Zeiten genutzte "lange Furt" bei Lengfurt.
In seinem gut einstündigen Vortrag beackerte der Historiker und Archäologe aus Hösbach ein weites Feld, das zeitlich von den Kelten bis zu den Franken reichte und geografisch vom Rhein bis ins Böhmische. Den Schwerpunkt legte er auf die Beziehungen zwischen Römern und Germanen und stellte fest: "Ein Austausch war da, aber auf niedrigem Niveau." Natürlich gab es Handel zwischen den Menschen westlich und östlich des sogenannten "nassen Limes" mit seiner Kette von Kastellen, die am Main von Großkrotzenburg bis Bürgstadt reichte. Und immer wieder gab es auch Raubzüge der einen und Vergeltungsaktionen der anderen, so etwa 213 den Caracalla-Feldzug mit angeblich 10 000 Soldaten auf die Fränkische Platte und ins Grabfeld.
Spessarteiche war bei Römern als Baustoff begehrt
Was wohl regelmäßig geschah, waren die Holzfällaktionen der Römer in den Spessartwäldern. Zum einen erinnern Weiheinschriften an solche Einsätze, zum anderen ist nachgewiesen, dass Eichen aus dem Spessart sogar im Römerhafen von Xanten verbaut wurden. Und dass den Germanen wiederum manches Gut der Römer gefiel, das zeigen Scherbenfunde von Amphoren, kopierte Schalen oder Metalldepots im Fränkischen. Sicher stand auch der eine oder andere Germane in Diensten des römischen Heeres, worauf Grabfunde schließen lassen oder auch ein im Frühjahr 1982 entdeckter Schatz von 137 spätrömischen Münzen aus der Zeit zwischen 337 und 410 in der bei Urphar in der Mainschleife gelegenen Wettenburg, worauf mehrere Diskussionsteilnehmer hinwiesen.
Zugesagt wurde vom Referenten eine Exkursion zum Gaiberg bei Neustadt, nachdem die Frage nach Funden der Römerzeit dort oder gar des Bestehens eines Kastells in der Diskussion auftauchten. Von römischen Funden war weder Himmelsbach noch Historiker Scherg etwas bekannt, die Wallanlage auf dem Berg werde eher ins frühe Mittelalter zum Schutz vor den Ungarneinfällen datiert. Nachdem das Lager Marktbreit nur wenige Jahre existierte, sei keine Zeit gewesen, für eine weitere Infrastruktur mit Kastellen zu sorgen, gab Scherg zu bedenken.