Gut, gut, Lohr war mal mainzisch. Fast 250 Jahre lang, bis zur Säkularisation. Mopper wissen das aus dem Geschichtsunterricht. Unter anderem bescherten uns die Kurmainzer Anfang des 17. Jahrhunderts eine Spiegelmanufaktur. Ohne diese würde uns ja eines der wesentlichen Indizien fehlen dafür, die Schneewittchen-Saga hier zu verankern. Die Geschichte kennt Ihr ja alle zur Genüge.
Ansonsten ist der Mainzer Einfluss ab 1803 aber weitgehend verschwunden. 120 Kilometer bis dorthin sind halt doch eine Strecke. Dennoch kam ein gewiefter Löhrer jetzt auf die Idee, eine rheinland-pfälzische Idee abzukupfern. Frei nach dem Motto: Was die Mainzer können, das können wir schon lang. Was dem Mainzer seine Mainzelmännchen, das sind dem Lohrer inzwischen seine Wittchen.
Ihr wisst schon, wen ich mit „Wittchen“ meine: Das bildhübsche Bilderbuch-Schneewittchen a la Walt Disney einerseits und andrerseits die heftig umstrittene Interpretation des Bildhauers Peter Wittstadt, im Volksmund „Horrorwittchen“ genannt. An die Bronzefigur vor der Stadthalle haben sich viele Lohrer mittlerweile gewöhnt, so mancher hat es sogar lieb gewonnen, und touristisch ist es sowieso ein viel geknipster Hingucker.
Doch da geht noch mehr, sagte sich ein Lohrer Bürger und schlug diese Woche bei der Bürgerversammlung vor, es den Mainzern gleich zu tun. Wittstadts Bronzeskulptur stand grade vier Wochen, da schalteten der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling und ZDF-Intendant Thomas Bellut Deutschlands im November 2016 die erste Fußgängerampel mit Mainzelmännchen-Konterfei an: Mainzelmännchen Det in Rot stehend und in Grün gehend, und das am höchst frequentierten Fußgängerüberweg in den Innenstadt, an der Großen Bleiche. Eine zweite am Lerchenberg folgte.
Die Löhrer applaudierten ob des Wittchen-Ampel-Vorschlags. Auch beim Pauls Mario, unserm Bürgermeister, fiel er auf fruchtbaren Boden. Zumal die Lohrer Variante das Mainzer Vorbild sogar toppen würde: Das grün leuchtende Schneewittchen signalisiert Fußgängern leichten Fußes freie Bahn, das Horrorwittchen mit seinen ausgebreiteten Armen in Rot ganz klar ein Stopp. Genial! Machen! Der Wittchen-Wahn bringt Touristen, die mich in meinem Turm gern besuchen dürfen.
Bliebe nur noch die Standortfrage zu klären. Immerhin haben wir in Lohr neun Ampelanlagen. Will ja nicht unken, aber da droht Streit im Stadtrat, fürchtet Euer Bayerstürmer