Restlos begeistert waren die Konzertbesucher im vollbesetzten Historischen Rathaus in Karlstadt von den beiden Konzertpianistinnen Jennifer Rüth und Anne Folger, die unter dem Namen „Queenz of Piano“ mit einer wahrhaft königlichen Performance von Weltniveau ihre Zuhörer verzauberten.
Auf Anhieb ließen sich die gut 400 Zuhörer von der Virtuosität, Bühnenpräsenz und Vielseitigkeit der beiden begnadeten Konzertpianistinnen, Sängerinnen und Entertainer betören und konnten sich selbst davon überzeugen, dass das aktuelle Programm des Duos ein wahrhaftig kurzweiliges Konzerterlebnis mit hohem Spaßfaktor ist. Mit einer Mischung aus rasanter Spieltechnik, beinahe akrobatischen Einlagen, Wortwitz und Situationskomik erzeugten die beiden eine brillante und unwiderstehliche Mischung aus Musik und Humor.
Mal jazzig, mal poppig
Mal spielten sie feurig, mal jazzig oder poppig oder sie begeisterten ihr Publikum mit zarten und leidenschaftlichen Elementen. Dabei wagten die beiden sympathischen „Flügelstürmerinnen“ einen außergewöhnlichen Grenzgang zwischen Klassik und Pop, bei dem auch Abstecher in die Welt des Tangos und des Samba nicht fehlten.
Um dem restlos begeisterten Publikum im altehrwürdige Rathaussaal optimale Anblicke und Einblicke zu gewähren, wechselten die beiden „Queenz“ immer wieder den Platz oder beugten sich lasziv – aber nur kurz – zu „Burkard“ in der ersten Reihe hinunter, der an diesem Abend wiederholt (aber vermutlich nicht ungerne) für witzige Zwischenbemerkungen herhalten musste.
Aber bei so viel geballter Eleganz und Weiblichkeit kann Man(n) durchaus kapitulieren. Darüber hinaus gewährten zwei senkrecht angebrachten Überkopfkameras sehr interessante Einblicke in das Innenleben der beiden Flügel, wo scheinbar unzählige Kleininstrumente und Gegenstände – darunter auch ein Milchschäumer – auf ihren großen Auftritt warteten.
Auf Grund ihres offenkundigen Gespürs für Originalität, beließen es die beiden Damen keineswegs nur beim „normalen Klavierspielen“. Nein, der Schallkörper und die Saiten wurden auch mal etwas heftiger mit der Hand geklopft oder man zupfte die Saiten wie bei einer Harfe.
Vor der Pause ließ das Duo in verschiedenen Variationen heiße Sambarhythmen erklingen, warb mit einer bis auf höchstens zwei Sekunden heruntergehobelten Kurzversion von Mozarts „Türkischem Marsch“ für eine radikale Effizienzsteigerung bei der Musik oder sie zickten sich schon mal ein bisschen warm mit dem Versprechen „Bei deiner Hochzeit spiele ich höchstens „Highway to Hell!“.
Verzicht auf Gage
Es war sicher keineswegs Selbstverständlichkeit, dass die hochkarätigen Künstlerinnen, die inzwischen große Konzertsäle im deutschsprachigem Raum füllen und dazu noch wiederholt im Fernsehen zu bewundern sind, für das Konzert in Karlstadt engagiert werden konnten. Dass die beiden begnadeten Musikerinnen dabei auch noch auf ihre Gage verzichteten, lässt vermuten, dass hier besondere „Connections“ vorlagen.
Richtig, denn Schülerinnen des P-Seminars Musik 12 am Johann-Schöner-Gymnasiums Karlstadt hatten bei der ehemaligen JSG-Schülerin Jennifer Rüth und ihrer Partnerin „angeklopft“, ob sie bereit wären, zugunsten der Regenbogenstation der Würzburger Kinderklinik ein Benefizkonzert in Karlstadt zu geben.
Natürlich löste die sofortige Zusage der beiden in Alpennähe lebenden Künstlerinnen bei den Seminarteilnehmern und bei ihrer Kursleiterin Alexandra Schüpfer grenzenlose Freude aus. Beim Zustandekommen des Konzerts war es sicherlich nicht hinderlich, das Anna Schneider – eine der Kurssprecherinnen des P-Seminars – zufällig eine Cousine von Jennifer Rüth ist. Nach der schnellen Zusage auch von einigen finanzkräftigen Sponsoren aus Karlstadt – darunter auch Jennifers Papa – gab es für das Großevent „grünes Licht“.
Liebe zum Klavier
Nach der Pause bezeugten die beiden elegant gekleideten Damen ihre gemeinsame Liebe für einen geheimnisvollen Mann, dessen Identität erst am Ende preisgegeben wurde: „Du bist am Ende doch nur mein Klavier“. Dazwischen brillierten die beiden als Jazzsängerinnen, mit einer wunderbaren zweistimmig gesungenen Fassung von Schubarts „Die Forelle“, bekundeten ihre Solidarität mit ihren russischen Kolleginnen von „Pussy Riot“ oder zettelten gekonnt ein Mitmachlied an, bei dem auch die gesanglichen „Brummer“ im Saal mit an Bord waren.
Weiblicher Konkurrenzkampf
Ja, und dann ging es so langsam los – mit dem weiblichen Konkurrenzkampf – zunächst noch recht harmlos, aber dann mit bewusst immer affigeren Verrenkungen, bei denen das Klavierspielen vom Physischen her eigentlich gar nicht möglich ist. Und so eskalierte das Zickengefecht in Form eines herrlichen Pingpongspiels von Foppen und Toppen, bei der man am Klavier die Rivalin in Bezug auf Virtuosität und Originalität unbedingt „überflügeln“ musste. Und beim Duett musste man natürlich auch die strategisch bessere Position am Klavier notfalls mit brachialer Gewalt eisern verteidigen, auch wenn hierbei die Frisur an der Auseinandersetzung etwas litt.
Versöhnlicher wurde es erst dann wieder, als beiden sich ihrer heimatlichen Wurzeln besannen, die Klaviersaiten wie ein Hackbrett erklingen ließen und wie zwei Maderl von der Alm wunderschön zweistimmig aber mit breitem bayerischen Dialekt das Bier und „dan Laberkas“ besangen.
Nach einem musikalischen Abstecher in Richtung Griechenland, bei der Jennifer Rüth wirkungsvoll die Klaviersaiten mit einem laufenden Milchschäumer kitzelte, ließen die beiden Vollblutentertainerinnen nach sehr originellen Varianten von „Der Mond ist aufgegangen“, ohrenbetäubenden „Standing Ovations“ und nach mehreren Zugaben den unvergesslichen Abend ausklingen.