Eine Reihe interessanter Bäume steht rechts vom Eingang der Retzbacher Pfarrkirche. Und das schon sehr lange. Die Maulbeerbäume sind sehr alt. So alt, dass am 18. November 1941 das damalige Landratsamt Karlstadt bereits eine Verordnung über das Naturdenkmal "Acht Maulbeerbäume" erließ. Diese soll nun aktualisiert werden, weil sie das Landratsamt Main-Spessart für nicht mehr zeitgemäß hält.
Dem stimmte Bürgermeister Stefan Wohlfahrt im Gemeinderat grundsätzlich zu. Er wunderte sich allerdings etwas, wer die alte Verordnung wohl ausgegraben haben mag. Für die Gemeinde hat die neue Verordnung den Vorteil, dass damit die Verkehrssicherungspflicht auf das Landratsamt übergeht. Zudem soll es eine kartenmäßige Darstellung des Naturdenkmals geben sowie Verbote und Ausnahmen. Allerdings werden im Verordnungsentwurf "acht weiße Maulbeeren" genannt, es sind aber nur noch sieben vorhanden, was das Landratsamt im Anschreiben auch beschreibt. Vor Ort fällt auf, dass einer der Bäume deutlich jünger ist und eine völlig andere Krone und Borke hat. Gemeinderat Michael Heßdörfer sprach von einer schwarzen Maulbeere.
Interessant ist, warum die Bäume einst gepflanzt wurden. Die grünen Blätter der weißen Maulbeere dienen der Zucht der Seidenspinnerraupe, was der Hauptgrund war, Maulbeerbäume in Europa einzuführen. Der Bürgermeister sprach auch von einem "Hobby von Pfarrern und Lehrern", laut Wikipedia wurden weiße Maulbeeren als Allee sowie an Schulhöfen und Marktplätzen gepflanzt. Tatsächlich befand sich in Retzbach die (alte) Schule direkt unterhalb der Pfarrkirche, vermutlich "durften" die Schüler bei der Zucht der Seidenspinnerraupe nach Kräften mithelfen. Anfang des 20. Jahrhunderts machten dann billige Seidenimporte aus Südostasien die europäische Seidenzucht und damit auch die Bäume überflüssig. In Retzbach durften sie stehen bleiben. Heutzutage werden in Parks und Gärten meist Zierformen der weißen Maulbeere gepflanzt.
Der Gemeinderat nahm den Entwurf für die neue Schutzverordnung zum Naturdenkmal "Maulbeerbäume in Retzbach" zur Kenntnis, hatte aber Zweifel an der im Paragraph 1 genannten Anzahl der schützenswerten Maulbeerbäume.
Maxl-Bäck möchte Betrieb umsiedeln
Erneut war ein Antrag der Bäckerei Maxl-Bäck auf Bauleitplanung und Umsiedelung des Betriebs Thema im Gemeinderat. Schon im November hatte der Gemeinderat grundsätzlich zugestimmt, die Verhandlung über insgesamt vier Grundstücke scheiterten jedoch. Jetzt sollen insgesamt acht Grundstücke nördlich des Zufahrtsarmes zur Bundesstraße in Retzbach überplant werden (grob gegenüber dem künftigen Feuerwehrhaus und im Anschluss an die landwirtschaftlichen Maschinenhallen). Bei einer Bebauung der derzeitigen Äcker müsste auf Bodendenkmäler Rücksicht genommen werden.
Der Gemeinderat stimmte auch diesmal zu, bei einer Gegenstimme. Natürlich ist die Gemeinde bestrebt, den Betrieb als wichtigen Arbeitgeber im Ort zu halten. Alle Kosten für die Änderung des Flächennutzungsplanes, die Aufstellung eines Bebauungsplans und nötige Fachgutachten muss die Firma über einen städtebaulichen Vertrag übernehmen, die Auswahl der Planungsbüros hat in Abstimmung mit dem Markt Zellingen zu erfolgen. Zudem wird eine Pauschale für die anfallenden Verwaltungskosten unabhängig vom Erfolg des Verfahrens fällig.
Von der örtlichen Prüfung der Jahresrechnung 2021 berichtete Gemeinderat Stefan Herrmann als Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses. Insgesamt schloss die Rechnung mit rund 21 Millionen Euro ab und damit 2,2 Millionen Euro unter dem Planansatz des Haushaltes. Das betraf vor allem den Vermögenshaushalt mit 7,9 statt 10,6 Millionen Euro (rund 26 Prozent weniger), im Verwaltungshaushalt wurden mit 13,2 statt 12,6 Millionen Euro (4,4 Prozent) mehr Einnahmen und Ausgaben umgesetzt. Die Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt betrug 1,6 Millionen Euro und damit weniger als die Hälfte des Vorjahres. Die Pro-Kopf-Verschuldung im Markt Zellingen lag bei niedrigen 96 Euro.
Erfreut waren die Rechnungsprüfer, dass auf ihre Anregung hin die Pflegearbeiten für den Gesundheitsgarten in Retzbach im Jahr 2021 neu vergeben wurden. Eine Neuausschreibung der Reinigung von Schulen und Rathaus war dagegen nicht erfolgt. Einsparpotential sehen sie bei der Schülerbeförderung. Da nur wenige Schüler von Zellingen nach Retzbach gefahren werden müssen, wäre ein Kleinbus ausreichend. Erstaunt waren die Prüfer, dass die Gemeinde der Kirchenverwaltung Kosten ersetzt, das liegt aber daran, dass die Kirchturmuhr eine Aufgabe der Gemeinde ist. Aufgrund von viel Schadholz waren die Kosten für die Holzernte im Jahr 2021 relativ hoch.