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GEMÜNDEN
Was machen wir mit Oma?
Kristian Lozina
Kristian Lozina
 |  aktualisiert: 11.12.2019 10:18 Uhr

Die Großmutter vergisst immer öfter den Topf auf dem Herd, ihre Fernbedienung liegt plötzlich im Kühlschrank oder sie ruft sonntags nicht mehr an. Die Anzeichen für eine Demenz sind oft schleichend und kaum zu erkennen. Und wenn die Diagnose erst einmal gestellt ist, stellt sich natürlich die Frage: Wer kümmert sich um Oma und ihr Hab und Gut?

Jeder kann in diese Situation kommen. Dass die gute Großmutter in ihrer Geisteskraft nicht mehr fit ist, ist ein häufiges Beispiel. Doch genauso kann es junge Menschen treffen, zum Beispiel durch einen Autounfall oder Depressionen. Ob kurz oder lang, für eine gewisse Zeit braucht es einen gesetzlichen Betreuer, der alles regelt.

Aktuell 1910 laufende Fälle

Richter Günter Herrbach kennt diese Geschichten. Er ist einer von drei Betreuungsrichtern am Amtsgericht Gemünden und der einzige Richter im Landkreis, der sich ausschließlich mit solchen Fällen beschäftigt. Aktuell beläuft sich die Zahl der laufenden Betreuungen am Amtsgericht auf 1910. Im Jahr 2015 wurden 252 neue Betreuungen angeordnet, 242 Betreuungen verlängert und 276 Unterbringungsverfahren für Pflegeheime und psychiatrische Einrichtungen verzeichnet.

Hinzu kommen 201 Verfahren, in denen zu prüfen war, ob die Freiheit von Menschen in Einrichtungen wie Pflegeheimen durch Bettgitter oder Gurte entzogen werden darf. Des Weiteren kamen im vorigen Jahr 1389 Fälle von Unterbringungen im Bezirkskrankenhaus Lohr hinzu.

Vor-Ort statt Aktenkunde

Für Richter Herrbach bedeuten solche Fälle nicht nur Aktenkunde, sondern auch viele Außentermine: „Es gibt keine Schreibtisch-Anordnungen“, erklärt Herrbach. In nahezu allen Fällen bedarf es einer Anhörung. Dies sind Gespräche mit den Betroffenen, meist vor Ort. In vielen Fällen sei jedoch das Gespräch schwierig, gerade bei Menschen, die geistig nicht mehr fit sind. „Kann er mich überhaupt verstehen?“, fragt sich der Experte oft.

Das Gericht entscheidet, ob und wie lange eine Betreuung im Sinne des Betroffenen liegt. Dabei stützt es sich auf medizinische Sachverständige. Möglich sind vorläufige Betreuungen zwischen wenigen Wochen und sechs Monaten oder Langfristige mit einer Dauer bis zu sieben Jahren.

Oft herrsche in der Bevölkerung ein falsches Bild der gesetzlichen Betreuung. „Betreuung bedeutet nicht kochen, Wäsche waschen oder das Bett machen“, erklärt Herrbach. Der Betreuer sei vielmehr berechtigt, wie ein Bevollmächtigter zu handeln. Auch reiche es nicht, verwandt zu sein, um Entscheidungen für Angehörige zu treffen. „Das ist ein Allgemeinplatz, der in der Bevölkerung herrscht, aber falsch ist“, erklärt der Richter.

Vollmacht als Alternative

Mit einer Vorsorgevollmacht können sich Menschen im vornherein absichern und ihren Betreuer sowie dessen Aufgaben selbst bestimmen – ohne das Betreuungsgericht. Doch auch hier gilt Vorsicht, denn Vollmacht ist nicht gleich Vollmacht.

Der sicherste Weg ist die notariell beglaubigte Vollmacht. Damit ist erwiesen, dass der Betroffene bei Sinnen war. Auch bei sogenannten Generalvollmachten muss beachtet werden, dass die Punkte Gesundheit und Unterbringung gesondert geklärt sind.

Wille des Betroffenen achten

Kommt es mangels Vorsorge doch zur Anordnung einer Betreuung, werde auch hier meist ein ehrenamtlicher Betreuer bestellt, so Herrbach. Dabei spiele auch der Wille des Betreuten eine Rolle, und oft handele es sich um Verwandte. Nur in Ausnahmefällen werde ein berufsmäßiger Betreuer gewählt. Auch können mehrere Betreuer eingesetzt werden, um verschiedene Bereiche zu regeln.

Aufgaben der Betreuung sind stets individuell und orientieren sich an den Bedürfnissen des Betroffenen. Das Gericht entscheidet, ob und in welchem Umfang sich der Betreuer um Vermögen, Haus, Gesundheit, Aufenthalt, Wohnung oder Behördenverkehr kümmert. Auch freiheitsentziehende Maßnahmen oder eine geschlossene Unterbringung können hier anfallen, wobei hier das Gericht genau hinsieht.

Auch Betreute haben Rechte

„Nur weil jemand einen Betreuer hat, heißt das noch lange nicht, dass er keine Geschäfte mehr machen kann“, erklärt Richter Herrbach. Auch können sich Betreute mit Problemen an das Gericht wenden: Berechtigte Beschwerden können dazu führen, dass ein neuer Betreuer eingesetzt wird.

Zudem kann die Betreuung jederzeit aufgehoben werden, selbst vor Ablauf einer festgesetzten Zeit. Gleichzeitig hat das Gericht ein Auge auf den Betreuer. Unter anderem muss der Betreuer ein Vermögensverzeichnis und jährliche Berichte vorgelegen, um missbräuchliches Verhalten zu verhindern.

Vollmachten auf dem Vormarsch

Aufgrund des demografischen Wandels ist das Thema im Fokus wie nie. Doch für Richter Herrbach zeigt sich auch ein positiver Trend: „Die Vorsorgevollmacht ist in der Bevölkerung bekannter als jemals zuvor.“ Dies ersetze oftmals die gesetzliche Betreuung. Für ihn sei die Vorsorge das beste Mittel, um im Sinne der Betroffenen möglichst schnell und unkompliziert handeln zu können.

 
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