Was kann die Stadthalle zu einem besseren Angebot für junge Leute in Lohr beitragen? Diese Diskussion kam am Montag im Werkausschuss des Stadtrates beim Halbjahresbericht von Werkleiter Thomas Funck auf. Nach dem Tötungsdelikt auf dem Nägelseegelände waren Vorwürfe laut geworden, jungen Leuten werde nichts geboten, Lohr sei eine "Stadt für alte Leute".
Für junge Leute gebe es in Lohr ein "großes Vakuum", meinte Torsten Ruf (ÖDP). Man müsse sich fragen, wie sich die Angebotslücken füllen ließen. "Das ist ein weites Feld, das Sie da aufmachen", entgegnete Bürgermeister Mario Paul. Auch er hat "einzelne Stimmen, teilweise auch deutlicher, über Angebotslücken gehört". Nach Pauls Worten muss genau überlegt werden, was sinnvoll ist. Die Stadt könne höchstens zusätzliche Angebote machen. Zudem seien bereits einige Angebote in diese Richtung organisiert worden, beispielsweise ein Kinoprogramm in der Stadthalle, ohne damit allzu viele Besucher zu generieren. Aktionismus müsse vermieden werden. Alle zuständigen Stellen müssten genau überlegen, was die Stadt anbieten könne. Der Bürgermeister verwies auf das breite Angebot von Vereinen und Hilfsorganisationen, das Jugendreferent Marcel Brunner in einem umfangreichen Heft jedes Jahr vorstellt: "Wenn man will, sind zahlreiche Angebote da." Er wolle sich der Diskussion nicht verschließen, "aber eine oder zwei kulturelle Veranstaltungen reißen es nicht heraus".
Personeller Umbruch
In seinem Halbjahresbericht verwies Funck darauf, dass der Eigenbetrieb Stadthalle und das Kulturamt, die er beide führt, sich in einem personellen Umbruch befinden. Das Team sei mittlerweile deutlich verjüngt. Nach dem Umbruch seien Kulturamt und Eigenbetrieb "langfristig gut aufgestellt". Auch der Veranstaltungsbereich sei nach Corona immer noch im Umbruch. Für Veranstalter kultureller Events fehle nach wie vor die Planungssicherheit. Von nahezu allen Veranstaltern höre er, dass kaum eine Aussage möglich sei, wie eine Veranstaltung angenommen werde. Die Gründe seien in den unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit Inflation und geändertem Kaufverhalten durch die Pandemie zu suchen. Dennoch sei die Stadthalle im ersten Halbjahr gut ausgelastet gewesen. Für das zweite Halbjahr zeichne sich eine sehr gute Annahme der Veranstaltungen ab. Darunter seien viele Veranstaltungen, die ab diesem Jahr regelmäßig in der Stadthalle über die Bühne gehen sollten.
Solide Basis
Laut Funck gab es in diesem Jahr die Erweiterung einer soliden Basis an Veranstaltungen durch Veranstalter, die gesichert jährlich nach Lohr kommen wollen. Die Termine zeigten die Vielfältigkeit und Breite, die die Stadthalle abdecken könne. Umsatzerlöse und sonstige Erträge hätten sich stabilisiert. Nach Angaben des Werkleiters stiegen sie bis zum 31. August gegenüber dem Vorjahreszeitraum um rund 10.000 Euro auf knapp 268.000 Euro. Allerdings hätten sich die Aufwendungen von 628.000 Euro auf 702.000 Euro erhöht. Das aktuelle Defizit liege bei 434.500 Euro (Vorjahr: 371.000 Euro).
Der Werkleiter geht davon aus, dass das für 2023 kalkulierte Defizit dennoch eingehalten wird. Es habe Sondereffekte und steigende Kosten für Reinigung und Reparaturen gegeben. Funck verwies auf den Tausch aller Dachflächenfenster im Foyer (noch Gewährleistung), die störungsanfällige Verdunkelung des Saals (keine Gewährleistung mehr), Probleme mit dem anfälligen Hallenboden und den 2024 anstehenden turnusgemäßen Austausch aller Melder.
Dazu kämen steigende Preise für Handwerksleistungen, die gestiegenen Energiepreise und die nach wie vor hohe Inflation. Deshalb müsse 2024 mit einer Erhöhung des kalkulatorischen Defizits gerechnet werden. Denn die steigenden Kosten könnten nicht vollständig auf die Nutzer umgelegt werden. Laut Funck sind Miet- und Preiserhöhungen für Leistungen der Stadthalle in letzter Zeit "schon mehrmals erfolgt".
Personalsituation angespannt
Zum Personal erklärte der Werkleiter, umgerechnet 5,6 Stellen zuzüglich eines Auszubildenden seien in der Stadthalle besetzt. Derzeit vakant sei eine Stelle, laut Stellenplan für Veranstaltungsmanagement und Veranstaltungstechnik. Insgesamt sei die Personalsituation "sehr angespannt". Frank Seubert (CSU) wollte es nicht in den Kopf, dass trotz steigender Erlöse und unvollständigem Personalstand auch das Defizit steigt. "Irgendwo müsste geschraubt werden", meinte er. "Wir haben einen Zuschussbetrieb", griff Bürgermeister Paul ein.
Aus rein wirtschaftlicher Sicht brauche man keine kulturellen Veranstaltungen zu machen. Kultur sei für die Bürger gedacht. Viele Synergieeffekte seien schon gehoben worden, etwa durch die Zusammenlegung des Eigenbetriebs mit dem Kulturamt. Die Stadthalle habe nun einmal hohe Fixkosten.
Brigitte Riedmann (FW) meinte, die Stadthalle sei zu einem Aushängeschild geworden: "Das muss uns als Mittelzentrum etwas wert sein." Dennoch müsse überlegt werden, wo noch gespart werden könne, ohne dass die Qualität darunter leide. Nach der Einschätzung von Mario Paul "steht der überwiegende Teil des Stadtrats voll hinter der Stadthalle".
In seinem Ausblick kündigte Funck eine weiterhin hohe Auslastung der Stadthalle an. Alle Veranstaltungen funktionierten bei Technik und Service auf hohem Niveau. Bis zum Jahresende werde es noch zwei Musikfestivals und viele Veranstaltungen für Kinder geben, darunter eine mit Checker Tobi, laut Funck ein "absoluter Höhepunkt", weil dieser nur sehr wenige Liveshows spiele.