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MAIN-SPESSART
Was bringen die neuen Tonnen?
Groß angelegte Aktion: Derzeit werden im ganzen Landkreis Main-Spessart die Mülltonnen ausgetauscht. Es gibt neue Behälter mit Chip. Doch lohnt sich die Investition? Wir haben beim Landratsamt nachgefragt.
Eine logistische Mammutaufgabe hat die Firma Kirsch+Sohn mit der Verteilung der neuen Mülltonnen. Auf dem Betriebsgelände der Firma in Karsbach ist das Lager für die neuen Tonnen. Im Bild ist Betriebsleiter Andreas Guilleaume, der die Verteilung organisiert.
Foto: Klaus Gimmler | Eine logistische Mammutaufgabe hat die Firma Kirsch+Sohn mit der Verteilung der neuen Mülltonnen. Auf dem Betriebsgelände der Firma in Karsbach ist das Lager für die neuen Tonnen.
Klaus Gimmler
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:53 Uhr

Es ist eine logistische Mammutaufgabe für die Firma Kirsch+Sohn GmbH in Gemünden. Sie führt derzeit im Auftrag des Landkreises den Umtausch der Bio- und Restmülltonnen durch. Bis zum 7. Dezember sollen alle verteilt sein. Es wird dann cirka 82 000 neue Rest- und Biomülltonnen mit Fassungsvermögen von 120, 240 oder 1100 Litern geben. Die neuen Tonnen werden mit Chip ausgestattet sein. Doch in der Bevölkerung wirft die Aktion einige Fragen auf, denen die Redaktion nachgegangen ist. Im Folgenden dazu die Antworten der Abfallwirtschaft des Landratsamts.

Was bringt der Chip?

Der Chip zur Erkennung der Tonnen ist am Tonnenrand angebracht.
Foto: Klaus Gimmler | Der Chip zur Erkennung der Tonnen ist am Tonnenrand angebracht.

Chips sind inzwischen bei Neuanschaffungen absoluter Standard. Der Chip ist nichts anderes als die „nummerierte Müllmarke“. Der große Vorteil ist, dass damit der Tonnenmissbrauch verhindert werden kann, da die Tonne bei jeder Leerung erkannt wird. Gestohlene beziehungsweise nicht registrierte Tonnen werden nicht geleert und Mehrfachleerungen werden so unterbunden.

Ist dies der Einstieg in die Gewichtsabrechnung pro Tonne?

Aktuell besteht weder die Absicht, die Müllverwiegung einzuführen, noch war das in den Vorjahren – trotz mancher Diskussion dazu – je ein Thema, das in irgendeiner Form mehrheitsfähig gewesen wäre. Auch Landrat Thomas Schiebel hat sich dazu in jüngster Zeit mehrfach eindeutig positioniert: Müllverwiegung steht bei uns nicht an!

Wurden die Erfahrungen anderer Landkreise mit der Verwiegung in die Überlegungen einbezogen?

Selbstverständlich ist es permanente Aufgabe der Verwaltung, sich über Entwicklungen bei der Müllabfuhr zu unterrichten und daraus gegebenenfalls Vorschläge für die politischen Gremien zu entwickeln. Der Müll wird schon seit Jahren in den Nachbarlandkreisen Schweinfurt und Aschaffenburg verwogen. Pauschal lässt sich anmerken, dass jedes System Vor- und Nachteile bringt.

Was passiert mit den alten Tonnen?

So sehen einige Mülltonnen aus – ein Grund für die Umtauschaktion.
Foto: Landratsamt | So sehen einige Mülltonnen aus – ein Grund für die Umtauschaktion.

Insgesamt werden knapp 82 000 Behälter ausgetauscht. Die alten Tonnen werden wiederverwertet. Es werden Metallteile, Aufkleber, Klebebänder und sonstige Störstoffe entfernt – danach wird der Kunststoff geschreddert und das Granulat der Kunststoffindustrie zur Wiederverwendung zugeführt. Dies ist bei den „teils abenteuerlich reparierten uralten Tonnen“ nur mit sehr hohem Aufwand möglich.

Waren die alten Tonnen so desolat, dass sie ausgetauscht werden mussten?

Der nun erfolgende Austausch war wirklich dringend geboten. Die Müllgefäße waren viele Jahre im Einsatz gewesen und der Tonnenbestand war stark überaltert. Auch Sicherheitsaspekte haben eine wichtige Rolle gespielt. Es hat zunehmend Streitigkeiten bei der Müllabfuhr wegen beschädigter Tonnen gegeben. Bei näherem Hinsehen sind diese oftmals über 30 Jahre alt gewesen. Die Kunststofftonnen unterliegen einem Alterungsprozess. Sie werden mit der Zeit spröde und bekommen bei Belastung Risse. Dieser Alterungsprozess wird massiv beschleunigt, wenn die Tonnen permanent im Freien aufgestellt sind (UV-Licht!). Das gilt zwar nicht für Restmülltonnen, die erst wenige Jahre im Einsatz waren, doch selbst da finden sich sehr oft schon Beschädigungen in Form von Brandlöchern (verursacht durch heiße Asche) und sonstigen mechanischen Beschädigungen.

Der Austausch der Tonnen ist für den Bürger kostenlos. Die Investitionen fließen aber doch in die Müllrechnung ein?

Volle Lager: die neuen Tonnen bei Kirsch+Sohn in Karsbach.
Foto: K. Gimmler | Volle Lager: die neuen Tonnen bei Kirsch+Sohn in Karsbach.

„Kostenlos für die Bürger“ ist natürlich in dem Sinne zu verstehen, dass sie die neuen Gefäße nicht selbst erwerben müssen. Für die Bevölkerung dürfte sich „unter dem Strich“ zumindest auf längere Sicht trotzdem eine Kostenreduzierung einstellen, weil insbesondere keine deutlich teuren Restmülltonnen mehr einzeln gekauft werden müssen. Durch die große Stückzahl konnten die Tonnen direkt vom Hersteller zu einem Bruchteil des Einzelhandelspreises angeschafft werden.

Wieviel kostet dieser Umtausch?

Da die Müllgefäße vom Landkreis erworben werden mussten, wird die Abschreibung der neuen Restmülltonnen die nächsten Jahre in die Müllgebührenkalkulationen einfließen, was aber bei einer üblichen Nutzungsdauer von mehr als zehn Jahren ein recht überschaubarer Betrag sein wird. Die Investition für die neuen Restmüllgefäße beläuft sich auf 0,8 Millionen Euro, zusammen mit den neuen Biotonnen auf 1,6 Millionen Euro, die Verteilung kostet nochmals 400 000 Euro.

Wer ist Besitzer der neuen Tonnen?

Wir hatten bislang den unguten Zustand in Main-Spessart, dass sich die Wertstoff- und Restmülltonnen in unterschiedlichen Eigentumsverhältnissen befanden: Die Altpapiertonnen gehören dem Landkreis, die Biotonnen bislang dem Entsorger und die Restmülltonnen sind Privateigentum. Zukünftig ist der Landkreis Eigentümer sämtlicher Gefäße der regelmäßigen Abfuhr und damit auch zuständiger Ansprechpartner bei allen Fragen und Problemen. Im Hinblick auf zukünftige Neuausschreibungen schafft nur diese Konstellation vollkommene Unabhängigkeit vom jeweiligen Entsorgungsunternehmen.

Wie reagieren die Bürger? Haben Sie schon Rückmeldungen bekommen?

Pauschal kann angemerkt werden, dass das neue System vor Ort weitgehend begrüßt wird. Man ist meistens froh, die oftmals „uralte und mehrfach reparierte Restmülltonne“ endlich loszuwerden und neue Tonnen zu bekommen. Landrat Thomas Schiebel: „Auch wenn bei einigen Bürgerinnen und Bürgern vielleicht der Eindruck entstanden ist, dass der Tonnentausch unnötig Müll produziert, sehen wir darin einen wichtigen und notwendigen Schritt für eine zeitgemäße und zukunftsfähige Müllentsorgung in unserem Landkreis. Und diese muss im Sinn von uns allen sein!“


Standpunkt

Teurer Tonnentausch

Von KLAUS GIMMLER
klaus.gimmler@mainpost.de
 

 Der Landkreis produziert mit dieser Entscheidung eine Menge Müll, den er eigentlich vermeiden sollte. Nur mal angenommen, man stellte all die alten Mülltonnen übereinander, die derzeit nutzlos werden, weil der Landkreis neue Behälter mit Chip ausgibt. Dies würde einen Turm von zirka 90 Kilometern Höhe ergeben. Das wäre schon fast ein Viertel des Weges bis zur Internationalen Raumstation. Sollte man sie ineinander stellen – mal abgesehen davon, dass das aufgrund der unterschiedlichen Tonnengröße nicht geht – so wäre der Turm immer noch cirka 16 Kilometer hoch. Aber lassen wir diese Rechenbeispiele. Es ist unbestritten eine gigantische Menge an Tonnen, die jetzt entsorgt werden muss. Keine Frage, es gibt Tonnen, die kaputt sind, die mit Klebebändern zusammengehalten werden und die nur notdürftig geflickt sind. Doch bislang hat die Müllabfuhr gut funktioniert. Hätte es da nicht gereicht, nur die kaputten Tonnen auszuwechseln? Es wird auch Leute geben, die Tonnen zur Leerung bereitstellen, die nicht angemeldet sind, oder die ihre gerade geleerte Tonne wieder befüllen und diese zu einer anderen Straße zur erneuten Leerung rollen. Dies wird mit der Chip-Erkennung nicht mehr möglich sein, aber rechtfertigt das die Ausgabe von zwei Millionen Euro? Die Abfallwirtschaft des Landkreises hat jedenfalls mit dieser Entscheidung selbst eine riesige Menge Müll geschaffen.

 
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    Dem Herrn Gimmler gebe ich Recht! Man (der Landkreis) hätte sich und somit dem Bürger eine Menge an Geld erspart und Müll vermieden, wenn er nur die kaputten Tonnen auf Nachfrage ausgetauscht hätte! Awer mir hamms ja ... mir reichen Deutschen!
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  • T. G.
    Wer ist Besitzer der neuen Tonnen?
    Na der, der sie besitzt. Besitz und Eigentum nicht verwechseln zwinkern
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