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Wiesthal
Was Andreas Zuschlag über 19 Jahre als Wiesthals Bürgermeister sagt
Ein Projekt seiner Amtszeit als Wiesthaler Bürgermeister, auf das Andreas Zuschlag gerne zurückblickt: die Sanierung der Kulturhalle in Wiesthal.
Foto: Monika Büdel | Ein Projekt seiner Amtszeit als Wiesthaler Bürgermeister, auf das Andreas Zuschlag gerne zurückblickt: die Sanierung der Kulturhalle in Wiesthal.
Monika Büdel
 |  aktualisiert: 10.05.2020 02:10 Uhr

Andreas Zuschlag schwärmt von den Wiesthalern und dem Ort im Grünen. Der gebürtige Frankfurter wäre gern Bürgermeister dieser Gemeinde und vor allem ihrer Einwohner geblieben. Doch am Gängelband von Behörden, die seiner Meinung nach zunehmend blockieren statt die Kommunen zu unterstützen, wollte der 58-Jährige nicht länger hängen.

Deshalb trat er im März nicht mehr zur Wahl an und begann seine erste Woche seit Juli 2001 ohne die Amtsbürde. Vor 19 Jahren hatten die Wiesthaler den Verwaltungsfachmann zum Nachfolger von Fritz Bopp gewählt, der aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten war. In Wiesthal ist der Bürgermeisterjob ein Nebenamt. Hauptamtlich arbeitet Zuschlag bei der Agentur für Arbeit. Wir haben mit ihm über Licht und Schatten seiner Amtszeit gesprochen.

Frage: Wie verschlägt es einen Frankfurter eigentlich nach Wiesthal?

Andreas Zuschlag: Über die Jagd. Mein Vater war hier Jagdpächter. Wir waren an den Wochenenden und in den Ferien hier, bevor ich 1991 ganz nach Wiesthal gezogen bin.

Warum wollten Sie 2001 Bürgermeister werden?

Zuschlag: Weil ich etwas verändern wollte.

Wie es aussieht, hat das nicht mehr geklappt, sonst hätten Sie wohl wieder kandidiert. Inwiefern haben sich Wunsch und Wirklichkeit auseinanderentwickelt?

Zuschlag: Ganz ehrlich: Die ersten Jahre waren interessant. Man hat nach gesundem Menschenverstand gehandelt. Mittlerweile arbeiten die Behörden nicht mehr mit den Gemeinden zusammen. Das ruft bei mir und bei den Bürgern Unverständnis hervor. Es gibt ein paar wenige Ausnahmen beim Landratsamt wie auch bei der Regierung von Unterfranken.
Aber ich könnte Ihnen stundenlang Beispiele erzählen, die nicht nachvollziehbar sind. Nur mal eines: Da möchte ein Krommenthaler in der Nähe der Bahnlinie bauen. Für die Baugenehmigung braucht er ein Immissionsschutzgutachten für 3600 Euro, das ihm bestätigt, was er schon weiß: dass das Bauvorhaben an der Bahnstrecke liegt.
Und von wegen Stärkung des ländlichen Raums: Von Aschaffenburg bis Frankfurt wurde die Natur in Gewerbeflächen umgewandelt und damit Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen geschaffen. Wir im Spessart bekommen heute die Einschränkungen durch Natur- und Landschaftsschutz zu spüren. Wir haben keinen Expansionsraum, dürfen noch nicht mal Windenergie nutzen – ein finanzieller Ausgleich? Fehlanzeige.
Oder die Sache mit der Kläranlage: Das Wasser, das in den Bach läuft, ist sauber. Durch die Behörden wird dann aber das Fremdwasser mit eingerechnet und nun müssen wir eine neue Kläranlage bauen, für die die Bürger zur Kasse gebeten werden. Das kann ich als Bürgermeister nicht mehr verkaufen. Es gibt immer mehr Fälle, in denen der Bürgermeister bis zum Privatvermögen haften muss.

Worauf schauen Sie gerne zurück?

Zuschlag: Auf die Gespräche mit den sehr netten Wiesthalern und auf das intakte Vereinsleben mit seinen unterschiedlichen Veranstaltungen. Es gab so viele schöne Momente. Bei der ersten Trauung war ich wahrscheinlich aufgeregter als das Hochzeitspaar, das vor mir saß. Die Jubiläen – auf Geburtstag ist es anders als bei einer Bürgerversammlung. Es ist interessant, was man da so erfährt. Die Bürger sind ja vor Ort. Sie wissen, wo es zwickt. Die Partnerschaft mit dem ungarischen Varoslöd hat viele schöne Momente beschert. Sie ist leider etwas eingeschlafen. Die Initiatoren sind älter geworden.

Welche Projekte haben Sie auf den Weg gebracht?

Zuschlag: Die Schulsanierung war schon begonnen. Ich habe sie mit dem Hartplatz abgeschlossen. Lehrgeld habe ich beim Dorfgemeinschaftshaus Krommenthal bezahlt. Das war mit 350 000 Euro veranschlagt und hat am Ende fast das Doppelte gekostet. Was wohl die meisten Wiesthaler mit mir verknüpfen, ist die Kulturhalle. Da steckt viel Eigenleistung der Bürger drin.

Ich glaube, die Wiesthaler sind sehr stolz darauf. Was ich von meinem Vorgänger geerbt habe, ist die Sanierung der Wasserversorgung, die jetzt endabgerechnet wird. Zunächst war mir das Projekt unangenehm, weil wir keine Förderung mehr bekommen haben. Im Nachhinein war es der richtige Weg. Jetzt müssen wir im Sommer, wenn der Regen ausbleibt, keine Panik mehr haben. Ich habe manchmal im Bett gelegen und gebetet: Lieber Gott, lass es regnen.

Wo liegt das Potenzial Wiesthals?

Zuschlag: In der intakten Natur. Es ziehen Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet her. Wir haben zwar kein Baugebiet, weil ich das wegen des Flächenverbrauchs ablehne. Es kommen Menschen, die alte Häuser renovieren. Viele bringen sich in den Ort ein, beteiligen sich am Vereinsleben. Es gibt freundliche Menschen, Kindergarten, Grundschule, Bäcker, Metzger, Arzt und den Bahnhof.

Was raten Sie Ihrem Nachfolger?

Zuschlag: Authentisch bleiben! Das Allerwichtigste ist, ehrlich zu sein – auch zu sich selbst. Und die Parteipolitik draußen lassen. Wichtig ist die gute Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden. Ich hätte mir sogar eine große Verwaltungsgemeinschaft mit Frammersbach vorstellen können durch den Ortsteil Habichsthal. Aber damit bin ich vielleicht zu früh dran.

Wie werden Sie nun den Zugewinn an Freizeit nutzen?

Zuschlag: Ich werde mich um meinen verwilderten Garten kümmern und der Jagd widmen. Wenn es Corona wieder erlaubt, freue ich mich Zeit mit den Enkeln zu verbringen.

 
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