
Es war ein tragischer Unfall, der sich an Maria Himmelfahrt im Frammersbacher Terrassenbad ereignet hat. Badeaufsicht, ehrenamtliche Rettungsschwimmer, ein Rettungssanitäter sowie eine Ärztin versuchten einem 27-Jährigen zu helfen, der aus dem Springerbecken gerettet wurde. Sie konnten ihn reanimieren, mit einem Rettungshubschrauber wurde er ins Krankenhaus gebracht. Dort ist der Mann gestorben. Inzwischen ist klar: Er ist nicht ertrunken.
Über die Hintergründe herrschte lange Unklarheit. Ein Polizeibericht blieb zunächst aus, erst als eine kurze Meldung am Dienstag darauf auf Nachfrage des Main-Echos erfolgte, erklärt Nadine Leber (Polizeipräsidium Unterfranken): "Das Präsidium hat an dem Freitag nach dem Feiertag mit den Kollegen vor Ort in Lohr Rücksprache gehalten, inwieweit der Vorfall öffentlichkeitswirksam ist. Da der Mann anschließend im Krankenhaus und nicht im Schwimmbad verstorben ist, haben wir entschieden, nicht zu berichten. Es war ein tragischer Unfall. Aus polizeilicher Sicht gibt es nichts zu verheimlichen. Allerdings sehen wir jetzt auch, dass das Ereignis regional doch ein großes Thema ist."
Mehrere offene Fragen
Tatsächlich drängen sich Fragen auf: Wie konnte der Mann unbemerkt untergehen? Ist er ertrunken oder gab es eine andere Ursache? Trägt die Badeaufsicht Schuld oder Mitschuld? Die Kriminalpolizei hatte Ermittlungen aufgenommen, diese aber eingestellt. "Wir können deutlich sagen, dass die Aufsichtspflicht durch das Personal nicht verletzt wurde und ausreichend abgedeckt war. Es war auch kein Dritter beteiligt", erklärt Leber. Der Mann sei wegen einer medizinischen Ursache untergegangen und auch an dieser gestorben. Drogen oder Alkohol waren nicht im Spiel.
Für die Polizei ist der Fall abgeschlossen. Für das Personal des Schwimmbads und die Marktgemeinde allerdings noch nicht. "Wir müssen ja immer auch schauen, ob unsere Absicherung ausreichend ist. Und falls es Schwachstellen gibt, müssen wir die verbessern", so Bürgermeister Christian Holzemer. Seit Juli erst wird das Bad durch die Firma "Phplus – die Bäderpartner", unterstützt. Der bisherige Betriebsleiter entschied sich für einen Jobwechsel. Die neue Firma stellt mit Michel Menge den Betriebsleiter sowie Personal für Beckenaufsicht und fachliche Bereiche. Hinzu kommen zwei weitere Fachangestellte für Bäderbetriebe, die beim Markt Frammersbach beschäftigt sind und Ehrenamtliche der Wasserwacht.
Obwohl der Fachkräftemangel spürbar ist, ist Frammersbach personell gut aufgestellt. Mitte August gab es fünf Badeaufsichten, drei Angestellte von Marktgemeinde und Dienstleister und zwei Rettungsschwimmer der Wasserwacht. "Für so einen Feiertag mit hohen Temperaturen und Vollbetrieb ist das angemessen", sagt Menge. Er selbst sei nicht im Dienst gewesen, kam aber hinzu, nachdem man ihn alarmiert hatte. Vor Ort habe er die Geschehnisse koordiniert. "Es waren ja ganz viele Helfer da. Auch aus dem Ort kamen noch Ehrenamtliche von der Wasserwacht herbeigeeilt."
Verkettung unglücklicher Umstände
Der Meister für Bäderbetriebe hat bereits einige Badeunfälle miterlebt, auch tödliche. Seine Bewertung: "Das war schon mehr als ungewöhnlich. Hier sind so viele unglückliche Umstände zusammengekommen, dass letztendlich doch etwas passiert ist, von dem man denkt, das kann doch gar nicht passieren." Zum Beispiel, dass der Mann überhaupt im Springerbecken war. Es war Sprungzeit, da hält sich niemand einfach so im Becken auf. "Wir können gesichert sagen, dass der Mann nicht am Sprungbetrieb teilgenommen hat", sagt Menge.
Ebenso stehe fest, dass es kein Unfall durch einen Sprung war. "Das ist das größte Risiko im Sprungbecken, weshalb wir das Becken während der Sprungzeit auch mit Badeaufsichten verstärken", so Menge weiter. Drei Rettungsschwimmer waren für das Sprungbecken zuständig: Einer habe vor den Sprunganlagen gestanden, zwei weitere waren im gegenüberliegenden Turm und hatten das Springer- und Nichtschwimmerbecken im Blick.
Ungewöhnlich sei auch, dass der Mann bei vollem Betrieb und reger Aktivität sang- und klanglos unterging. Hätte er gerufen oder gestrampelt, wäre jemand auf ihn aufmerksam geworden. Zur Verkettung der unglücklichen Umstände gehöre auch, dass der Mann sich in einem der wenigen toten Winkel befand. "Für jedes Becken gibt es Analysen und Konzepte", erklärt der Betriebsleiter. Auf Zeichnungen werden die Becken analysiert, die größten Gefahren und toten Winkel festgestellt. Das Personal sei beim täglichen Einsatz genau dafür geschult.
Das Badepersonal beschäftigt der Unfall noch immer
Jedoch könne man nicht in jeder Sekunde jeden toten Winkel komplett überwachen. Es spielen aber auch noch weitere Faktoren eine Rolle, zum Beispiel, ob die Wasseroberfläche durch den Sprungbetrieb aufgewühlt ist oder wie das Licht fällt. "Man hätte schon genau den Moment sehen müssen, indem der Mann offensichtlich lautlos unterging", so Menge, "aber das ist bei Vollbetrieb und selbst mit drei Badeaufsichten an einem Becken kaum möglich."

Entdeckt hat den Mann durch eines der Sichtfenster ein Badegast. Diese seitlichen Fenster auf halber Höhe sind Installation, um die Springenden beim Eintauchen ins Wasser zu beobachten. Dort befand sich an der Ecke des Beckens der 27-Jährigen reglos am Boden des 3,80 Meter tiefen Beckens. Der Badegast alarmierte die Rettungsschwimmer. Dass der Mann später trotz gelungener Rettung und Reanimation starb, beschäftigt laut Menge das Personal.
"Jeder geht anders damit um. Kernthema auch bei uns in den Nachbesprechungen ist es, die Vorwürfe, die man sich vielleicht macht, wegzunehmen und trotzdem zu schauen, was wir noch besser machen können." Allerdings sei es seiner Erfahrung nach nicht ungewöhnlich, dass Badegäste zuerst einen Unfall bemerken. Allen Mitarbeitern werde psychologischer Beistand angeboten, so Bürgermeister Holzemer. Ihn mache das Schicksal der Familie betroffen, denn der Mann war mit Frau und Kind im Bad.