
Die Wanderfreunde aus Lohr haben schon am ersten Tag bemerkt, dass die Wanderwege getarnte Loipen sind: Grob- und feinschottrige beschichtete Pfade stehen nicht gerade auf dem Wunschzettel von Leuten, die gern und weit laufen wollen.
Später stellten wir fest, dass die Skilangläufer auf ihren Grasski im Karacho vorbeibrettern, wenn Wanderweg und Langlaufstrecke sich kreuzen, denn sie haben immer Vorfahrt und huschen in Windeseile vorüber. War es ein Mädchen, ein Sportler? Ein Wimpernschlag!
Auch an den nächsten Wandertagen blieb der heiße Sommer immer unser Begleiter, wir bewegten uns in Höhen von 900 bis 1000 Metern, hatten immer eine kräftige Windböe im Gesicht und die herrliche Bergluft rund um uns.
Der Thüringer Wald auf dem Rennsteig sah überall gesund und wohlauf aus, nur an den Waldrändern sah man traurige Käferstämme. Das Gras am Wegesrand war nicht dürr und tot, ganz im Gegenteil, es stand hoch und blond.
Und die vielen Aussichtspunkte zum Beispiel an der "Hohen Möst" über dem Dorf Oberschönau zeigten die tiefgrünen endlosen Christbaummatten, die den Rennsteig und den Thüringer Wald so auszeichnen, und zwischendrin die mächtigen Felsgesteine aus Porphyr unter einem Himmel voller kleiner, wie soeben von Milch aufgeschäumter Wolken.
Eine wahre Fachwerkstadt
In Schmalkalden am Mittwoch machten wir uns bewusst, dass das unter Deutschlands Ländern winzige Land Thüringen die Bühne geboten hat für manche große Ereignisse in unserer Geschichte. Nicht nur zwei der allergrößten Namen stammen von hier, auch die deutsche Klassik spielte hier erste Geige.
Schmalkalden ist eine wahre Fachwerkstadt, der Marktplatz ein Juwel hennebergisch-fränkischer Baukunst. Wie in Lohr waren auch die Fachwerkhaussymbole Andreaskreuz und Wilder Mann zu erkennen, aber hier war die Freude an der Farbe im Fachwerk zum Greifen. Rot und Rosa, Gelb und Braun, mit bunten Zackenrändern unter dem Dach, mit Figurenfriesen in allen Formen, mit Zwerchgiebeln, mit Rosetten und Inschriften.
Alle Häuser am Marktplatz um die Kirche St. Georg hatten eine stattliche Höhe und reihten sich, stolz ihr märchenhaftes Ambiente zeigend, aneinander. Die Herren, die den Schmalkaldener Bund geschlossen haben, sahen wir zwar nicht in ihrem protestantischen Outfit – schwarzer Talar mit breitem Mühlsteinkragen – wohl allerdings manche Schmalkaldener Bürgerin in unkeuscher schwarzer Sommertracht. Na ja, das Rad der Geschichte hatte sich inzwischen beinahe 500 Jahre weitergedreht.
Tapfer und frohgemut
Und so wanderten wir tapfer und frohgemut, immer einen Schritt vor den anderen setzend, zum Schneekopf (978 m). Die Gehlberger Hütte bot viel Betriebsamkeit, lange Wartezeiten, aber auch schmackhaftes Essen und liebenswürdige Kellnerinnen.
Und der Stausee an der Krippenwand, der Triefsteinfelsen und der charmante Lütschensee mit gutgelaunten Badegästen an den weiten Ufern war ein anderes Wanderziel an einem anderen Tag. Viele umsichtige Wanderführer hatten auch immer eine Alternativroute parat für alle, die nicht ganz weit laufen wollten oder konnten.
Den Sportstätten Oberhofs galt das Programm von Andreas Schrepler am Donnerstag. Der Mann war tadellos vorbereitet und konnte viel erzählen. Der Schnee wird unter Lagen von Sägemehl und Holzspänen aufgeschichtet, bis zum Winter so aufgehoben, und dann wiederverwendet. Auf diese Weise kommen weniger Schneekanonen zum Einsatz. Ob das noch lange gut geht? Ach, wer weiß das schon? Der Blick auf die Größe der Schanzenanlage, auf das Biathlon Stadion – leise klirrte der Kugelklang nach oben – waren schon sehr beeindruckend.
Last but not least soll von den Musikabenden berichtet werden, die die Sommerabende in der Runde der Wanderfreunde und Wanderfreundinnen so besonders machten. Rudi Bernhard hatte seine Gitarre mitgebracht und eine ganze Ladung Liederbücher. Und so schmetterten die Lohrer, eingepackt in rote oder weiße Decken, aus dem Hotel "Traumblick", unter den ausladenden Sonnenschirmen sitzend, die Hymnen von Vicky Leandros, von Freddy Quinn ... aber auch die Lieder der deutschen Volksseele, allen voran das Rennsteiglied, in die laue Sommernacht. Auf den Waldkuppen hinter uns lag noch immer ein leichtfüßiger Streifen Sonnenlicht, ein Geländer für den kommenden wiederum heißen Tag.
Schmankerlstunden
Und der Bruder Jakob Kanon bildete vielstimmig immer den Schluss. Danke, Rudi, es war eine tolle Idee von dir, es waren Schmankerl stunden. Nach sechs Tagen und Nächten saßen die Lohrer dankbar und müde gewandert im Bus nach Hause. Ein besonderes Lob gilt Renate Gauly, Hans Krimm und Gerlinde Porzelt, die geregelt, vor gewandert, getüftelt, geführt, sich musikalisch gekümmert (Hans Krimm), sich gesorgt und Verantwortung getragen haben. Sie haben ihre Sache ausnahmslos gut gemacht und die Hoffnung geschürt auf die Fortsetzung dieser Wanderwochentradition im nächsten Jahr.
Von: Roswitha Franze, für die Wanderfreunde aus Lohr
