
Naturhopfen und Wasser aus der eigenen Quelle: Diese zwei Zutaten sind, neben dem Reinheitsgebot, die Garanten für die Qualität des Bieres der Waldschloss-Brauerei. Seit 1886 wird in Frammersbach Bier gebraut.
Jens Reinhart ist Braumeister in der vierten Generation. Mit seiner Mutter Sylvia führt der 56-Jährige das Unternehmen mit neun Mitarbeitern. Der Braumeister konzentriert sich auf die untergärigen Biersorten Export (filtriert und unfiltriert) und Pils sowie im Winter Doppelbock – eine bewusste Entscheidung, den Fokus auf Stammsorten zu legen, anstatt sich in einer Vielzahl von Bierstilen zu verzetteln.
Das Unternehmen ist mit der vierten und fünften Generation gut aufgestellt. Trotzdem sei der Marktdruck zu spüren, räumt Reinhart ein. Zum einen sei der Pro-Kopf-Bierkonsum in Deutschland zurückgegangen. Zum anderen gebe es immer weniger Gastronomie – und die Einkäufer der Supermärkte versuchten verstärkt, Preisdruck aufzubauen. Keine einfache Ausgangsposition für regionale Brauereien.
Was einerseits eine Schwäche ist, kann andererseits eine Stärke sein. Denn in der familiengeführten Waldschlossbräu bestimmt der Braumeister, welche Rohprodukte verwendet werden. Anstatt mit industriell aufbereitetem Hopfenextrakt oder mit Pellets wird das Frammersbacher Bier nur mit Naturhopfen aus der Region Spalt gebraut.

Wenn es um den individuellen Charakter und Geschmack seiner Biere geht, macht Reinhart keine Kompromisse: "Ich bin überzeugt, dass wir durch den Naturhopfen und mit dem Wasser aus dem eigenen Brunnen ein spezifisches Merkmal haben." Regionalität und Individualität – das seien die zwei Faktoren, die eine klein- bis mittelständische Brauerei beeinflussen könne. "Und darauf lege ich Wert", betont der Braumeister.
Kunden wie Hans Merkle wissen das zu schätzen: Der gebürtige Frammersbacher wohnt seit vielen Jahren im Kreis Esslingen. Immer, wenn er seine Familie in Frammersbach besucht, kauft er in der Waldschloss-Brauerei seinen Bier-vorrat ein. "Ich nehme mir immer Waldschloss mit, weil das mein Heimat-Pils ist – und es schmeckt hervorragend", sagt der 78-Jährige.
Auf Schwalben wird gewettet
Die Waldschloss-Bräu punktet zudem mit dem angeschlossenen Bräustüble, zu dem ein Biergarten gehört. Dieser Geschäftsbereich wird von Sonja Reinhart geführt. Über dem rustikalen Hof drehen Schwalben ihre Kreise. Sie sind feste Bewohner der Brauerei und kehren jedes Jahr wieder.

Die Reinharts unterstützen die Zugvögel mit Nisthilfen und kleine Öffnungen in den nachts verschlossenen Werkstoren. 1999 rief Sylvia Reinhart ein Tippspiel ins Leben. Seitdem schätzen die Gäste jedes Jahr den genauen Ankunftstag der ersten Schwalben. Auf einer Tafel im Bräustüble sind die Ankunftszeiten festgehalten.
Markt ist hart umkämpft
Aber so herrlich das Bräustüble gelegen und so individuell und regional die Produktion ist: Beides kann nichts daran ändern, dass der Markt hart umkämpft ist. Während der Fußball-EM sei weniger Bier verkauft worden als zu dieser Jahreszeit üblich, zieht Reinhart Bilanz. Er führt das auf eine Überproduktion durch die großen Bierhersteller zurück, die mit einer Menge "Fernsehbier", wie er es nennt, den Markt geflutet und durch Sonderangebote den Preis gedrückt hätten.
Gestiegene Rohstoffpreise
Reinhart indes hält an seinem Qualitäts- und Individualitätskonzept fest: Sich in Konkurrenz zu den Marktriesen zu stellen, mache keinen Sinn, ist er überzeugt. Aber der Überlebenskampf werde härter, räumt er ein. Nicht zuletzt wegen der massiv gestiegenen Einkaufspreise, von Rohstoffen über Reinigungsprodukte bis zur Energie. So sei es beispielsweise schwieriger geworden, Gelder für große Investitionen zu generieren. Ende der 1990er-Jahre habe die Waldschloss-Brauerei vier Millionen Mark investiert. Eine solche Investition heute zu stemmen, sei ungleich schwieriger geworden, sagt Reinhart. Er ist froh über die Kombination aus Brauerei und dem Bräustüble mit Biergarten.