Weil er seine 37-jährige Lebensgefährtin im Streit mit einer Bierflasche leicht verletzt und einige Monate später einem jungen Mann eine Ohrfeige verabreicht hatte, musste sich ein 35-jähriger Mann aus dem Landkreis Main-Spessart am Mittwoch vor dem Amtsgericht Gemünden verantworten. Richter Sven Krischker verurteilte ihn zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und sieben Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Zudem muss der Mann, der das Urteil noch im Gerichtssaal sichtlich erleichtert annahm, innerhalb der nächsten 16 Monate 3200 Euro an das SOS-Kinderdorf Hohenroth überweisen.
Nach Verlesung der Anklageschrift sowie den Aussagen des Angeklagten, seiner Lebensgefährtin und weiterer Zeugen, ergab sich folgendes Bild: Im vergangenen Jahr besuchte der Mann zusammen mit seiner Lebensgefährtin ein Fest in Frammersbach, wo die beiden damals zusammen wohnten; zur Familie gehörte noch ein kleiner gemeinsamer Sohn und ein etwas älterer Sohn der Frau.
Möglicherweise schon auf dem Nachhauseweg, spätestens jedoch in der Wohnung, geriet das deutlich alkoholisierte Paar in Streit. An den Grund dafür sowie an Einzelheiten können sich beide nicht mehr erinnern.
Sicher ist, dass der Angeklagte dafür verantwortlich ist, dass die Lebensgefährtin im Laufe des Streits eine Bierflasche an den Kopf bekam, die daraufhin zersplitterte. Unklar blieb, ob der Mann die Flasche auf ihrem Kopf zerschlagen hatte, wie es in der Anklageschrift stand, oder die Flasche nach ihr geworfen hatte, wie er aussagte. Jedenfalls trug die Frau neben einer leichten Beule weitere kleinere Verletzungen davon.
Paar ist wieder versöhnt
Nach einem kurzen Kontaktverbot fand das Paar, das heute zusammen mit den Kindern in einem Lohrer Stadtteil wohnt, schnell wieder zusammen. "Er ist wirklich ein guter Papa, er strengt sich an und man merkt, dass es ihm leidtut", sagte die Frau in der Gerichtsverhandlung. Das machte auch der Angeklagte noch einmal deutlich: "Schatz, es tut mir echt leid. Ich verspreche, dass sowas nicht mehr passiert."
Im Frühjahr dieses Jahres 2020 erhielt der Angeklagte einen Anruf seines Stiefsohnes, in dem dieser ihm mitteilte, dass er sich in der Nähe der Schule an der Jahnstraße in Lohr befinde und bedroht werde. Als der 35-Jährige ankam, waren dort mehrere Jugendliche und zwei von ihnen traten ihm zufolge nach dem Stiefsohn. Zwar hörten sie auf zu treten, als er hinzukam, in seiner Erregung gab er einem der beiden Treter dennoch eine Ohrfeige – die dieser bei der Polizei anzeigte.
Zu dem Gerangel zwischen den Jugendlichen soll es gekommen sein, weil der Anzeigeerstatter dem Stiefsohn vorwarf, er habe ihm seine E-Zigarette weggenommen. Dabei soll es sich allerdings um ein Missverständnis gehandelt haben, weil der Stiefsohn ein sehr ähnliches Modell hatte. Eine Aussage des Anzeigeerstatters dazu gab es in der Gerichtsverhandlung nicht; zwar war der junge Mann als Zeuge geladen worden, allerdings erschien er nicht.
Mit seinem Urteil von einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung und einer Geldauflage von 3200 Euro blieb Richter Krischker nur knapp unter den Forderungen der Staatsanwältin, lag aber um einiges über dem, was sich der Rechtsanwalt des Angeklagten vorgestellt hatte.
Angeklagter machte auf den Richter einen guten Eindruck
Für den Angeklagten spreche dessen frühzeitiges Geständnis, dass er mittlerweile wieder mit seiner Lebensgefährtin zusammen sei, dass diese zu seinen Gunsten ausgesagt habe und dass sich der Angeklagte persönlich entschuldigt und Reue gezeigt habe, so Richter Krischker.
Zu Lasten des Angeklagten sprächen allerdings dessen drei Vorstrafen aus früheren Jahren, darunter zweimal Landfriedensbruch im Zusammenhang mit Fußballspielen und eine Beleidigung. Auch die körperliche Unterlegenheit der Lebensgefährtin und dass der kleine Sohn aller Wahrscheinlichkeit in der Nähe war und einen Splitter hätte abbekommen können wertete der Richter gegen den Angeklagten.
Im Fall der Ohrfeige, die der Angeklagte dem Jugendlichen verpasst hatte, war der Richter zwar der Meinung, dass die Sache durchaus auf andere Weise hätte gelöst werden können, allerdings sah er auch die emotionsgeladene Situation. Der Angeklagte mache auf ihn einen positiven Eindruck, so der Richter abschließend. Er habe seinen Lebensschwerpunkt auf die Familie gelegt, kümmere sich um die Kinder und habe eine Beschäftigung.