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Karbach
Vor 50 Jahren wurde Karbachs letzte Dreschmaschine verbrannt
Das Dreschen war bis in die 1960er Jahre eine große, viele Helfer beanspruchende Aktion. Doch binnen weniger Jahren verdrängten moderne Mähdrescher die alten Vehikel.
Mit dieser Dreschmaschine (Longin Schubert) auf dem damaligen Dreschplatz an der 'Schafsscheune', vom 'Schäfersch-Karl' (Zorn) am Röderberg wurde die Ernte so schnell wie möglich unter Dach und Fach gebracht. Da war noch Handarbeit angesagt. Staub und 'Gerstenteile' (Garschtäachel) wurden unweigerlich eingeatmet.
Foto: Josef Laudenbacher | Mit dieser Dreschmaschine (Longin Schubert) auf dem damaligen Dreschplatz an der "Schafsscheune", vom "Schäfersch-Karl" (Zorn) am Röderberg wurde die Ernte so schnell wie möglich unter Dach und Fach gebracht.
Josef Laudenbacher
 |  aktualisiert: 09.01.2020 02:10 Uhr

Vor 50 Jahren sah ihr Besitzer, der Josef "Joffel" Väthröder, keine Zukunft mehr für seine Dreschmaschine. Immer mehr Mähdrescher kamen auf und machten seinen "Petermann"-Kasten mit Drescheinheit und Strohpresse zum ungebrauchten Objekt. Der Kasten wurde 1964 schweren Herzens in Brand gesetzt. So war leichter an die Metallteile zu kommen. In Karbach endete eine Ära, denn zwei weitere Dreschmaschinen waren schon vorher verschwunden.

Jahre zuvor waren diese Selbsteinleger mit kombinierter Strohpresse noch unentbehrlich gewesen. Sie hatten den Zeitaufwand für die Getreidebauern deutlich verringert. Neben dem "Petermann" gab es in Karbach noch die Dreschmaschinen vom Burä Karl und von Longin Schubert. Auch die hatten ihr Auskommen, denn der "Petermann" hatte den Nachteil, dass er länger war, als seine Konkurrenz. In enge Höfe konnte er deshalb nicht einfahren. 

Die Pausen waren aus mehreren Gründen begehrt

Und wie lief das Dreschen damals ab? Früh um fünf Uhr ging es los. Nach einigen Stunden, je nachdem wie wohlhabend die Bauersleute waren, gab's eine Brotzeit und es wurde je nach Frucht das "Sieb gewechselt". In den Pausen wurden Schüsseln zum Waschen für die bis zu 16 Helfer aufgestellt. Bei den reicheren Familien wurde immer wieder neues Wasser nachgeschüttet oder komplett ausgetauscht. Bei weniger Betuchten musste sich die ganze Mannschaft in einem Wasserbottich waschen. Das Säubern war bitter nötig und ersehnt, denn das Getreide war reich an Disteln und anderen Blüten, die sich während des Dreschens mit dem Staub überall niedersetzten und sozusagen aus den Ohren und Nase "wuchsen".

Die Brotzeiten und vor allem das abschließende Essen waren reichlich und begehrt. Meist gab es zu Mittag das fränkische Hochzeitsessen "Meerrettich, mit Grumbieräschnitz und Preiselbeeren". In der Brotzeit wurde Bauernbrot, meist selbst gebacken, mit selbstgemachter Butter und "Backsteekaas" (Limburger) oder selbst geschlachtete Hausmacherwurst, Rote oder Weiße gereicht. Manchmal wurden auch Bratwürste mit Kraut aufgetischt.

Entsorgung auf die alte Art: Als die Dreschmaschine von Josef Väthröder (Joffel), ein Petermannwagen, nicht mehr benötigt wurde, wurde sie kontrolliert in Brand gesetzt, um leichter an die Metallteile zu kommen. Damit endete auch eine Ära in Karbach.
Foto: Josef Laudenbacher | Entsorgung auf die alte Art: Als die Dreschmaschine von Josef Väthröder (Joffel), ein Petermannwagen, nicht mehr benötigt wurde, wurde sie kontrolliert in Brand gesetzt, um leichter an die Metallteile zu kommen.

Für einige "Wettdrescher", meist Knechte aus Polen, die bei Bauern untergebracht waren, war die Dreschzeit, trotz der schweren Arbeit, zumindest kulinarisch ein Erlebnis. Sie konnten sich täglich auf eine gute Versorgung freuen. Oft wurde die Maschine noch mit einem alten Lanzbulldog, Jahrgang 1924, angetrieben, bis dann später Stromverteiler an den Häusern installiert wurden.

Nach dem Lanz kam das "Stromwachelä" zum Einsatz

Und im "Stromwachelä", mit etwa 100 Meter Starkstromleitung auf einer Rolle, stand immer eine Schnapsflasche, aus der sich die Maschinisten bedienen durften. Auch die hatten oft reichlich Staub und Unrat abbekommen, wenn sie zum Abschmieren und Riemenkleistern mussten oder wenn in der Strohpresse wieder mal der Strick zum Binden abgerissen war. 

Die große Zeit der Mähdrescher war in den 1960ern mit dem Aufkommen der modernen Mähdrescher vorbei. Sie wurden in nur kurzer Zeit verdrängt und waren wertlos geworden. Oft wurden sie verbrannt. Es genügte ein Dutzend alter Autoreifen und einige Kannen Dieselkraftstoff, um möglichst schnell die Holzverkleidung zu verbrennen und so die Stahlkonstruktion zur Verschrottung frei zu legen. Schneidbrenner besorgten den Rest, zerlegten die Maschine in transportable Eisenstücke, die ihren Weg zur weiteren Verwendung antraten. 

 
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