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LOHR
Von Miss Marple zu Mister Bluebird
Von der Belle Époque zu Miss Marple: Das Lehrerquintett der SMS Lohr.
| Von der Belle Époque zu Miss Marple: Das Lehrerquintett der SMS Lohr.
Gisela Büdel
 |  aktualisiert: 18.11.2016 03:51 Uhr

Die letzte Chance der Fusion von Musik und bildender Kunst beizuwohnen, gab es am Sonntagnachmittag: Die Künstlergruppe „SpessART“ bildete den würdigen Rahmen für das Lehrerkonzert der Sing- und Musikschule (SMS) in der voll besetzten Alten Turnhalle. Mit viel Liebe zeigten die Akteure das hohe Niveau der musikalischen Ausbildung.

„Heute drehen wir den Spieß um“, kündigte Bürgermeister Mario Paul im Willkommensgruß an. Statt der Musikschüler durften diesmal die Lehrer ihr Können beweisen. Kulturamtsleiter Peter Häring begrüßte das Stadtoberhaupt samt Familie, „was den Saal umso mehr füllt“. Härings Dank galt den Kollegen der 1975 gegründeten SMS, die stets für eine musikalische Überraschung gut seien. Erstmals im Kollegium vertreten war Harfenistin Claire Augier de Lajallet. Laut Häring ist die SMS im Besitz einer Harfe und will diesen Fachbereich neu beleben. Anmeldungen oder Schnupperstunden sind ab sofort möglich.

Der Auftakt gehörte Telemanns Sonate in G-Moll „Suave ma non adagio“. Das Quartett erntete großen Beifall für sein harmonisches Spiel, fein abgestimmt in Dynamik und Tempo. Einen Extra-Applaus verdiente sich Hans-Jürgen Zezula als einziger Lehrer, der seit den Anfängen der SMS seit über 40 Jahren unterrichtet. Der meditative Effekt seiner Gitarre im Wechselspiel von Trauer und Freude wurde im Solobeitrag „Aria Con Variazioni“ von Girolamo Frescobaldi deutlich. Mit eben diesem Stück hatte sich Zezula vor 40 Jahren bei der SMS vorgestellt.

Musik mit Humor

Für Heiterkeit sorgte die humoristische Klarinetten-Fantasie „Immer kleiner“ von Adolph Schreiner, die angeblich „nur bei abnehmendem Mond gespielt werden darf“. Klarinettistin Susanne Nickel verkleinerte während des Stückes ihr Instrument, bis sie das Finale nur noch auf dem Mundstück blies. Am Flügel begleitete Daniel Herzig. Letzterer war laut Peter Häring „der einzige noch lebende und anwesende Komponist des Abends“.

Ein Komponist und Pianist, der mit zwei Uraufführungen glänzte: Zum Swing „Sweet Louis“ blies Gerhard Kunkel das Tenorsaxofon, „Mr. Bluebird“ gab Hanni Gopp-Weiglein ihre Stimme. Minuten zum Innehalten bot Herzigs Klaviersolo aus „Image“ von Claude Debussy. Mit herzlichem Applaus wusste das Publikum die Qualität der Vorträge zu schätzen.

Premiere hatte Harfenlehrerin Claire Augier de Lajallet: Nahezu magisch schwebten ihre Finger zu Werken von Händel und Grandjany über die Saiten. Mit ihrem Harfenzauber gewann die Meisterklassen-Studentin der Musikhochschule Würzburg die Herzen der Zuhörer. Gabriel Faurés „Pavane“ des Lehrerquintetts glich einem spanischen Gesellschaftstanz voller Grazie und Emotion.

Von der Belle Epoque zur alten Dame, die Verbrechen aufdeckt: Bei der Filmmusik zu „Miss Marple“ war das Vergnügen auf beiden Seiten. Mit zarten Tönen, rhythmischen Akkorden und hoher Musikalität ließ das Gitarrenduo Petra Breitenbach und Gerhard Kunkel seine „Drewrie?s Accordes“ erklingen. Meisterlich gelang auch das Zusammenspiel des Streich- und Zupfquartetts. Dessen Haydn-Interpretation lebte von der Freude am gemeinsamen Musizieren.

„Schön ist anders. Aber was ist gut?“, fragte Michael Albert. Gleich dem herausfordernden Lohrer Kunstwerk sei auch Musik unterhaltsam und herausfordernd für Zuhörer und Interpreten zugleich. In der Tat war sein „Wo Ma Nr. 1“ von Giacinto Scelsi wohl gesangliches Neuland für den Großteil der Zuhörer. Der Komponist verstand sich als Medium mit spiritueller Botschaft.

„Lullaby Of Birdland“ und weiße Rosen zum Finale, das Peter Häring so ankündigte: „Die Jungs spielen nur selten zusammen, aber wenn sie spielen, dann ist was los.“ Jazz-Standards vom Feinsten, gewürzt mit faszinierenden Soli, sicherten der Band begeisterten Zwischenapplaus. Bravo-Rufe – belohnt mit „Take the A-Train“ von Duke Ellington – bewiesen, dass der musikalische Nachwuchs in den besten Händen ist.

„Die musikalische Reise um die Welt hat uns allen großen Spaß gemacht“, lobte Bürgermeister Mario Paul zum Ende und warb um Anmeldungen zur SMS. Begeisterung pur auch aus den Reihen der Zuhörer: „Lohr wächst zur musikalischen Metropole heran“, lobte Integrationslehrerin Tatjana Bengsch die „Leistung der SMS-Lehrkräfte“.

Es musizierten: Claire Augier de Lajallet (Harfe), Daniel Herzig (Klavier), Hanni Gopp-Weiglein, Michael Albert (beide Gesang), Petra Breitenbach (Gitarre), Inken Hochapfel (Alt-Blockflöte), John Walkowiak (Violine, Viola), Andreas Franzky (Violoncello), Birgit Genzel (Cembalo, Klavier), Barbara Holbach (Violine) als Gast, Hans-Jürgen Zezula (Gitarre, Kontrabass), Susanne Nickel (Klarinette), Gerhard Kunkel (Saxophon, Gitarre), Oliver Dannhauser (Bass), Rainer Nöth (Flügelhorn), Peter Wirth (Schlagzeug).

Den Rhythmus im Blut: Faszinierende Soli würzten die Jazz-Standards der Sing- und Musikschul-Band.
Foto: Fotos (2): Gisela Büdel | Den Rhythmus im Blut: Faszinierende Soli würzten die Jazz-Standards der Sing- und Musikschul-Band.
 
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