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Lohr
Von Heißklebepistolen und Aufzugfahrten
Sieger des Abends: Fabian Ritter aus Aschaffenburg
Foto: Simon Hörnig | Sieger des Abends: Fabian Ritter aus Aschaffenburg
Simon Hörnig
 |  aktualisiert: 15.03.2019 02:12 Uhr

"Hey, sie sind doch kurzsichtig. Wie wäre das, wenn wir Ihnen einen Lichtstrahl in die Augen schießen, der heißer ist als Feuer - so lange, bis Stücke Ihrer Hornhaut verdampfen." Klingt verrückt? Das findet auch Andreas Nowak alias "Adivalent", einer der vier Kandidaten, die am Samstagabend das voll besetzte Kafé Klinker beim ersten Lohrer Comedy Slam zum Toben brachten.

Souverän durchs Programm führte der Würzburger Comedian Andy Sauerwein, auf dessen Idee das Format "GTD Comedy Slam" beruht. "GTD2 steht dabei für "Gag Test Dummies" (siehe Infobox) und als solche durfte sich das bunt gemischte Publikum fühlen - waren unter den Interpreten, die am Samstag in zehnminütigen Stand-ups unterhielten, doch zwei absolute Newcomer.

Zwei Profis am Start

Den Anfang machten mit dem Comedian Jason Lee und Buchautor Adivalent jedoch zwei Profis. "Wenn ihr denkt, ich kenn' den Typ irgendwo her – das ist, weil ich Asiate bin«, baute der gebürtige Südkoreaner Lee von Beginn an auf seine Narrenfreiheit in Sachen Rassenstereotype.

Nach dem Debakel bei der letztjährigen Fußball-Weltmeisterschaft kam der Frankfurter nicht umhin, den Sieg seiner Landsleute gegen Deutschland im letzten Gruppenspiel in Erinnerung zu rufen. Der deutsche Plan, die Südkoreaner müde zu spielen, habe nicht geklappt, da die Koreaner in der Halbzeit unbemerkt die komplette Mannschaft ausgetauscht hätten.

Andreas Nowak lieferte mit seiner nachdenklichen Art einen passenden Kontrast zum aufgekratzten Lee, stand diesem in Sachen schwarzer Humor aber in keiner Weise nach: "Ich finde, das Strafmaß sollte sich graduell dem Verfallsdatum anpassen. Weil wenn der mürrische Rentner, der über mir wohnt, wüsste, dass man nur zwei Wochen ins Gefängnis muss, wenn man ihn umbringt, wäre der viel freundlicher zu mir."

"Wenn man einfach nur genommen wird, weil man Frau ist", erläuterte die einzige Kandidatin des Abends, die Würzburger Lehrerin Maria Joeres, ihren Status als "Quotenfrau" und präsentierte in ihrer Stand-up-Premiere über die Vorteile einer Heißklebepistole auch ihr Gesangstalent.

Mit dem gebürtigen Aschaffenburger Fabian Ritter machte, nachdem sich zu Beginn aus dem heimischen Publikum niemand für die zwei Plätze der "freien Liste« gemeldet hatte, am ehesten so etwas wie ein Lokalmatador den Abschluss.

Als Student der Rechtswissenschaft lag es für den mit 20 Jahren jüngsten Kandidaten nahe, mit Klischees gegenüber Akademikern aufzuräumen – beziehungsweise diese zur Gänze zu bestätigen: "Ich kann jedes Gedicht der Romantik in drei Sprachen analysieren – dafür keinen Wollpulli waschen, ohne dass er danach nur noch einem Chihuahua passt."

Der auf die Sekunde getimte Beitrag, an dessen Ende sich nach einer gemeinsamen Aufzugfahrt mit der Kanzlerin technisch gesehen der Wunschtraum aller AfD-Anhänger erfüllte ("Merkel musste weg"), verschaffte Ritter den von der örtlichen Sparkasse mit 500 Euro dotierten Tagessieg.

Karriere im Kabarett?

"Da das erst mein zweiter Auftritt überhaupt war, habe ich das absolut nicht erwartet. Andi und Jason sind ja viel erfahrener, aber das macht mich natürlich umso froher", freute sich Ritter und schloss nach erfolgreich absolviertem Studium eine Karriere im Kabarett nicht aus: "Wieso nicht das Hobby zum Beruf machen?"

Mit Sauerwein, der im Lauf des Abends seine komödiantische Begabung mehrfach unter Beweis gestellt hatte, freute sich Stadthallenleiter Thomas Funck über die "super Stimmung" im Publikum. Auch habe das Kafé Klinker super zur Veranstaltung gepasst, die man nach nur 13 Vorbestellungen von der großen Halle dorthin verlegt hatte.

GTD Comedy Slam
Ambitioniert: Von Beginn an vollmundig als der "größte Comedy-Wettbewerb Deutschlands" angekündigt, haben Veranstalter Andy Sauerwein und sein vierköpfiges Team für dieses Jahr schon einen vollen Terminkalender: 36 Veranstaltungen inklusive des großen Finales am 17. Dezember in München sind gebucht. Neben monatlichen Auftritten im Würzburger Café Cairo steht der Besuch von zehn weiteren Städten im Tourkalender.
Format: Bis zu sechs Künstler (auch Zweierteams sind erlaubt) treten im Stand-Up-Format auf und haben zehn Minuten Zeit, das Publikum von sich zu überzeugen. Dabei werden im Vorfeld vier Interpreten festgelegt, zwei weitere Kandidaten können sich am Abend spontan für die "freie Liste" melden. Der Auftritt muss von komödiantischer Natur sein und frei erfolgen. Die Verwendung fremden Materials führt zur Disqualifikation. Das Publikum wählt in geheimer Abstimmung den Sieger des Abends, der einen Geldpreis erhält.
Konzept: Dem Würzburger Sauerwein geht es darum, angehenden Kabarettisten ein Forum zu bieten. Das Publikum nimmt er dabei in die Pflicht, den nötigen Mut und die Kreativität der Künstler entsprechend zu würdigen: "Wenn einer anfängt zu buhen, schmeiß ich den raus." (sih)
 
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