
Der Kraft der Kräuter wandte sich die Wertheimer Diplom-Biologin und Naturführerin Elke Böhm bei einem Vortrag vor rund 20 Besucherinnen in der Marktheidenfelder Volkshochschule zu. Das Thema „Von Gundermann, Gänseblümchen und Giersch“ hatte sie gewählt. Einleitend definierte sie am Ende der diesjährigen Vegetationsperiode den Begriff Kraut als ein nicht verholzendes, nutzbares Gewächs.
Dabei bezeichnen wir eine Menge dieser Pflanzen leichtfertig als Unkräuter, denen der Gärtner oftmals vorschnell vernichtend in seinen Beeten zu Leibe rücken möchte. Näher betrachtet, so meinte Böhm, sei diese spontane Begleitvegetation oftmals bedeutsam. Sie verbreite sich durch ihr Samenpotenzial in der Erde, durch Wurzelausläufer oder durch Zuflug und sei keineswegs eine „biblische Plage“, die man seit Beginn des Ackerbaus kenne.
Wert ist Frage der Betrachtung
Manche Arten seien zur Kulturpflanze fortentwickelt worden, so Getreide, Endivie oder Zichorie. Natürlich verursachten Beikräuter bisweilen auch wirtschaftlichen Schaden in der Landwirtschaft, sozusagen als Blume am falschen Ort. Bisweilen sei der Wert einer Pflanze auch nur eine Frage der Betrachtung. Ist die Distel eine Geisel oder eine Schönheit? Die Kornrade sei zum Beispiel wegen ihrer Giftigkeit eine Gefährdung für den Verbraucher und stehe heute, fast ausgerottet, auf der Roten Liste.
Der engere ökologische Wert der Beikräuter liege in ihrer Bedeutung als Pionierpflanzen, die klaffende Wunden auf gestörten Böden etwa nach Erosion oder Hangabrutsch reparierten, so Böhm. Ein Kraut wie die unscheinbare Vogelmiere zeige dabei zum Bespiel große Lebenskraft. Kräuter wirkten gegen Erosion, Austrocknung, stabilisierten den Humus, dienten Regenwürmern als Nahrung. Der Boden werde gelockert und die zahlreichen Blüten seien als Nektarweide wichtig für zahllose nützliche Insekten. Die Samen würden von Vögeln als Nahrung benötigt.
Wirkungen von Kräutern sind mannigfach
Im biologisch-dynamischen Landbau nutze man die Wirkstoffe von Kräutersuden als natürliche Spitzmittel und biologische Stärkungsmittel. Die Wirkungen der Kräuter und Unkräuter sein mannigfach. Böhm zählte eine große Zahl an Beispielen auf.
Die Brennnessel könne als eine Art Allheilmittel gelten, sei jung als Salat zu genießen und finde in der Kosmetik, beim Färben und bei der Fasergewinnung Verwendung. Ihrem Samen werde eine Wirkung als „grünes Viagra“ attestiert. Viele Pflanzenwirkungen seien seit altersher bekannt, hätten in Pharmazie und Naturheilkunde Einzug gehalten. Letztlich gelte, dass kein Kraut wirklich unnütz sei, so Böhm. Für diese Aussage ließen sich in Heilkunde, Brauchtum, Kulinarik und Ökologie mehr als genügend Belege finden.
Zahnpflege mit Salbei
Salbei sei zum Beispiel ein Küchengewürz, das auch zur Zahnpflege genutzt werden könne. Die heilsamen Wirkungen von Kamille oder Schafgarbe zählten zum Allgemeingut. Schöllkraut werde gegen Warzen und Gelbsucht empfohlen. Die Giftigkeit von Pflanzen sei oft nur eine Frage der Dosierung und konkreten Anwendung, die freilich Wissen voraussetzten. Zwischen 50 000 und 70 000 Pflanzen würden weltweit als Heilmittel angewendet.
Weitere Beispiele zählte Böhm mit dem Beifuß für die Verdauung oder dem Wegerich zur Wundbehandlung auf. Dem Gundermann wurden einst magische Kräfte gegen den Zauber nachgerühmt. Der Frauenmantel trage seinen schützenden Namen als Wirkstoff bei Frauenleiden.
Toleranz im Garten
In der Küche seien Bärlauch, Giersch und Löwenzahn Bio-Gemüse zum Nulltarif, meist mit erfrischender, entschlackender Wirkung. Daher sollte man Kräutern und Unkräutern mit Respekt begegnen und sich über sie informieren. Man könne sich gegenüber vielen von ihnen im Garten tolerant verhalten und ihre Wirkungen nutzen. Es gelte der Natur zu begegnen und sie mit Begeisterung zu erleben. Dazu bietet Böhm auch Natur-Erlebnis-Führungen an. Interessierte können sich darüber auf der Internetseite www.natur-erlebnis-fuehrungen.de informieren.