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MARKTHEIDENFELD
Von Frankensau und Mainkuh
Martin Harth
Martin Harth
 |  aktualisiert: 14.10.2017 03:04 Uhr

25 Jahre Rhein-Main-Donau-Kanal und 80 Jahre Mainschleusen in Lengfurt und Rothenfels boten für die Volkshochschule Marktheidenfeld den Anlass, den Kreuzwertheimer Geo- und Naturführer Bernd Wolz zu einem Vortrag über den Main einzuladen. Vor knapp 20 Zuhörern blickte der Referent zunächst auf die Ursprünge der Binnenschifffahrt seit der Zeit der Römer an Rhein und Main zurück.

Einen frühen Vorläufer fand der Rhein-Main-Donau-Kanal zur Zeit Karls des Großen im heute noch teilweise erkennbaren Bau des Karlsgrabens (Fossa Carolina) zwischen Rezat und Altmühl. Wolz beschrieb die Vor- und Nachteile des Wasserwegs beim Transport von Gütern, der einerseits günstig und sicher, anderseits aber unflexibel und abhängig von den Rahmenbedingungen im Fluss sei. Im Mittelalter verkehrten Lastkähne auf dem Main, die flussaufwärts mit Pferden, Ochsen oder auch von Menschen getreidelt oder gezogen werden mussten. Obwohl die Schelche nur wenig Ladung trugen, war ihr Einsatz stets von Niedrig- oder Hochwässern beeinträchtigt.

Wolz hob Marktheidenfeld als Schifferort hervor, an dem im Jahr 1840 nach einer historischen Quelle zehn Schiffe in erster Linie Holz und Steine transportierten. Ein Lastkahn des Typus „Frankensau“ habe etwa 50 Tonnen Ladung mit sich führen können. Auch die Flößerei aus dem Frankenwald kennzeichnete den Main. So konnte man im Jahr 1912 zum Beispiel 1500 Flöße zählen, die Marktheidenfeld passierten.

Mit der industriellen Revolution und der Erfindung der Dampfmaschine setzte eine Veränderung der Binnenschifffahrt ein. 1783 wurde das erste Dampfschiff gebaut, das als Transportmittel aber bald schon die Konkurrenz der Eisenbahn erfahren würde. Die Neuordnung Deutschlands nach dem Wiener Kongress verringerte die Anzahl der Anliegerstaaten am Main von 32 auf sechs.

Ein Großteil des Flusses gehörte nun zu Bayern, was vor allem König Ludwig I. auf den Plan rief, der sein Reich wirtschaftlich und technisch entwickeln wollte. In diesem Zusammenhang ist die Mainbrücke in Marktheidenfeld aus dem Jahr 1846 zu sehen. Zwischen 1836 und 1846 wurde zwischen Donau und Regnitz der Ludwig-Donau-Main-Kanal gebaut, der die Hauptwasserscheide zwischen Rhein und Donau mit 100 Schleusen erfolgreich überwand.

Wirtschaftlich war dem Projekt mit der Eisenbahn ein überlegener Konkurrent herangereift. So brauchte diese nach ihrem Bau von Bamberg bis an den Rhein gerade einen Tag, wo ein Binnenschiff jener Zeit über den Main flussabwärts vier Tage und flussaufwärts gar 14 Tage benötigte.

1841 verkehrte das erste Dampfschiff auf dem Main. Bald nahte das Ende der Holzschiffe. Die Eisenkähne waren in ihrem Bau anspruchsvoller, was das Ende vieler Schiffswerften am Main mit sich brachte.

Nach der Reichsgründung setzte eine Konkurrenz zwischen der Mainkettenschleppschifffahrt mit der „Mainkuh“ und dem von Preußen betriebenen Ausbau des Mains zur Schifffahrtsstraße ein. 1883 hatte man die erste Schleuse am Main gebaut. 1894 erreichte die Schleppkette im Main Lohr und 1912 war man in Bamberg angekommen. 1886 hatte der erste Schraubendampfer seinen Betrieb aufgenommen. Ihm folgten die ersten Alleinfahrer auf dem Main.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde der Main 1921 zur Reichswasserstraße und dessen Kanalisierung vorangetrieben. 1937 erreichte diese mit der Fertigstellung der Schleusen von Wertheim/Eichel, Lengfurt und Rothenfels unsere Region. Der Wasserstand im Fluss wurde zu einer konstanten Größe. Schon im Jahr zuvor war die Kettenschifffahrt eingestellt worden. 1971 sah man den ersten Schubverband in unserer Region.

Die Idee, die Nordsee mit dem Schwarzen Meer über Rhein, Main und Donau zu verbinden, wurde von 1960 bis 1992 mit dem Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals verwirklicht. Das Projekt, von dem einige Varianten diskutiert worden waren, blieb aufgrund tiefgreifender Eingriffe gerade im Gebiet der Altmühl nicht unumstritten.

Heute falle die Bilanz des Großprojekts, das 406 Höhenmeter mit Schleusen überwindet, gemischt aus, bilanzierte Wolz. Seit der Eröffnung sind die Tonnage-Zahlen der transportierten Güter rückläufig. Die Hoffnung auf ein Wachstum der Containerschifffahrt hat sich zerschlagen. Einzig die Passagierschifffahrt mit Kreuzfahrtschiffen verzeichnet ein ganz beachtliches Wachstum.

Wolz hob am Ende die große Bedeutung eines anderen Aspekts des Bauwerks hervor. Mittels Pumpwerken und über das ausgeklügelte System der Fränkischen Seenplatte kann Wasser aus dem niederschlagsreicheren Süden in den trockenen Norden Bayerns transportiert werden. Dramatische Niedrigwässer kenne die Region am unterfränkischen Main seitdem nicht mehr in dem Maß wie früher einmal.

Schiffe auf dem Main vor Marktheidenfeld, hier auf einer historischen Ansicht vom Ende des 19. Jahrhunderts.
Foto: Repro: Martin Harth | Schiffe auf dem Main vor Marktheidenfeld, hier auf einer historischen Ansicht vom Ende des 19. Jahrhunderts.
 
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