Fest steht, dass Lohrs Urzelle auf dem Kirchenhügel zu suchen ist, wo sich ja auch Scherben aus der Hallstadt/La-Tène-Zeit (um 500 - 50 v. Chr.) fanden. Dieser Platz bietet in erreichbarer Nähe alles, was Menschen damals brauchten: Wasser, Weide, Wild und Holz, den Fluss und die Geländeverhältnisse, die die Anlage von Befestigungen als Schutz gegen mögliche Feinde erleichterten. Von da schlug Harth in seinem zweistündigen Vortrag, mit Lichtbildern illustriert, den Bogen bis zur Gegenwart. Der Schwerpunkt lag dabei auf den Voraussetzungen, die die Entwicklung Lohrs erst ermöglichten. Dazu gehörten Verkehrsverbindungen, vor allem die Wasserstraße Main, denn schon in früheren Jahrhunderten lag die Stadt etwas abseits der großen Straßenverbindungen. Der Stadtrat ließ es sich deshalb etwas kosten, zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Straßenverbindungen zu verbessern.
Dafür wurde nicht nur der Obere Torturm mit seiner zu engen und zu niedrigen Tordurchfahrt abgebrochen; man kaufte auch die gesamte Westseite der engen Lohrtorstraße auf und riss die Häuser ab, um die Straße für den Fuhrwerksverkehr zu erweitern. Erst der Bau der Eisenbahn in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ermöglichte auch die Verbesserung des Postverkehrs. Bis dahin musste man seine Postsendungen noch einem Boten anvertrauen, der alle paar Tage nach Hessental, später nach Esselbach ging, um dort Post abzuliefern oder anzunehmen.
Die Bevölkerungsentwicklung erlitt ihren schwersten Rückschlag während des Dreißigjährigen Krieges. Die Pest, eingeschleppt von den schwedischen Truppen, reduzierte die Einwohnerzahl binnen kürzester Zeit von 1639 auf 573. 1800 gab es dann schon wieder 2700, und 1900 bereits 4531 Einwohner in Lohr.
Besonders eingehend widmete sich Harth dem Kapitel Wasserversorgung. Die erfolgte Jahrhundertelang über ein halbes Dutzend öffentlicher Brunnen, von denen man mit hölzernen Butten das Wasser für den täglichen Bedarf holte, bis sich dann allmählich die Wasserleitungen bis in die Häuser durchsetzten.
1867 wurde in Lohr eine Gasanstalt eingeweiht. Das ermöglichte nicht nur die Beleuchtung der Straßen und Plätze mit 85 Gaslaternen; auch die Wohnungen wurden mit Gas beleuchtet. Strom gab es zwar in einigen Betrieben, darunter Rexroth und die Glashütte, schon seit etwa 1890; auch die Heil- und Pflegeanstalt hatte eine Stromversorgung. Aber bis sie ihre Wohnungen elektrisch beleuchten konnten, mussten die Lohrer noch bis etwa 1920 warten. Für die Entwicklung Lohrs zur heutigen Bedeutung sei neben der günstigen Geografischen Lage vor allem wichtig gewesen, dass man sich dem technischen Fortschritt nicht verschloss - auch wenn man sich dabei manchmal etwas Zeit ließ, meinte Harth.
Ein Anliegen des Referenten, der auch für das Lohrer Stadtarchiv verantwortlich ist, richtete sich an alle Lohrer: Viele sind im Besitz alter Aufnahmen, die wichtige Informationen zur Stadtgeschichte enthalten. Selbst wenn es sich dabei nur um Familienbilder handelt, sind oft im Hintergrund Einzelheiten zu sehen, die Aufschluss über die Geschichte einer Straße, eines Hauses oder eines heute verschwundenen alten Brunnens geben können. Das Stadtarchiv ist an solchen alten Bildern interessiert. Die heutige Technik macht es möglich, sie zu scannen und zu archivieren und anschließend sofort wieder zurückzugeben. Und auch seinen zweiten Wunsch vertraute Harth den Zuhörern an: Er möchte den ehemaligen Marktplatzbrunnen, der heute in der Ecke des "Schlachthaus-Parkplatzes" ein weitgehend unbeachtetes Dasein fristet, wieder stärker zur Geltung bringen, den alten Brunnentrog wieder rekonstruieren und damit zugleich auch demonstrieren, wie mühsam es in früheren Generationen war, sich mit Wasser zu versorgen.