Das Altweibersommerwetter nutzten am Sonntag Jung und Alt zum Radfahren, Wandern oder zu anderen Freizeitaktivitäten, daher hielt sich der Besucheransturm beim Main-Spessarter Museumstag in Grenzen. Jürgen Sommerer, Vorsitzender Film-Photo-Ton-Museumsvereins in Gemünden, konnte daher die wenigen Interessierten in den Räumen des Huttenschlosses per Handschlag begrüßen. Auch die Dauerausstellung des Vereins Naturpark Spessart im Erdgeschoss erfuhr wenig Zuspruch.
Bei der Führung um 15 Uhr erläuterte Sommerer anhand der umfangreichen Sammlung von Fotoapparaten und Filmkameras den Besuchern die 175-jährige Geschichte der Fotografie. Das Museum sei in der glücklichen Lage, die Entwicklung anhand wertvoller Exponate lückenlos aufzuzeigen. Er verwies auf die ersten Versuche des deutschen Universalgelehrten Johann Heinrich Schulze (1687 bis 1744), der die Lichtempfindlichkeit der Silbersalze entdeckt hat, eine der Grundlagen für die Fotografie. Mehr als 100 Jahre später erfand der französische Maler Louis Daguerre 1844 das erste praktikable Fotografieverfahren, dessen hohe Auflösung lange Zeit als Maßstab galt, was die originalen „Daguerreotypien“ des Museums belegen.
Große Apparate mit hölzernem Stativ, die bei Expeditionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts neben der künstlerischen Fähigkeit auch eine gute körperliche Fitness des Fotografen voraussetzen, bestaunten die meist fachkundigen Besucher genauso wie die umfangreiche Sammlung der später gefragten Spiegelreflexkameras mit den bekannten Namen Ricoh, Minolta oder Canon, die in den Vitrinen neben den nicht mehr gehandelten billigen Produkten von Porst oder Zenit stehen.
Am Schluss der Führung durch den Film-Photo-Raum wies Sommerer auf den jüngsten Spross der Geschichte hin: Die alles revolutionierende und heute dominierende Digitalfotografie. Es sei unglaublich, dass nicht einmal vier Jahrzehnte vergangen sind, seit der 25-jährige Kodak-Mitarbeiter Steve Sasson mit einer von ihm konstruierten, vier Kilogramm schweren Kamera das erste Digitalbild schoss, in der Qualität von 100 mal 100 Pixel, dessen Abspeicherung 23 Sekunden dauerte.
In den 1980er Jahren konnte man die ersten Digitalen kaufen, und ab 1991 hatten sie Profiqualität, was allerdings in einem immer grandioser werdenden „Pixelwettbewerb“ endete, der für die überwältigende Mehrheit der Benutzer weit am Bedarf vorbeigeht. Kabellose Datenübermittlung und eine nie da gewesene Vielfalt an Apparaten sind das Ergebnis dieser Entwicklung, sagte Sommerer.
Bei der digitalen Euphorie und der daraus folgenden „inflationären Fotografiererei“ würden auch Nachteile auftreten, waren sich Museumsführer und Besucher einig. Man überlege nicht mehr genau, was man eigentlich festhalten will, und man dokumentiere es auch nicht mehr gewissenhaft – ganz im Gegensatz zu den Zeiten, in denen in jedem Haushalt das Familienalbum zur Hand war. „Es wird zwar viel mehr abgelichtet, aber keiner macht sich mehr die Mühe, die Ergebnisse zu sortieren, nach Themen abzufassen und sie zu speichern.“ Eine CD kann nach einigen Jahren nichts mehr wiedergeben, und die Pflege von Festplatten sei aufwendig. So benötige das Deutsche Museum in München zwei Drittel der Arbeitszeit zur Archivierung der Fotografien nur zur Fortschreibung auf aktuell sichere Festplatten.
Ganz so schlecht war die analoge Art der Bildproduktion dann doch nicht, meinte Sommerer abschließend. Und es gebe noch einige Situationen, wo man gerne auf das „Altmodische“ zurückgreift. Und zwar überall dort, wo die Digitalfotografie wegen ungewöhnlicher Temperaturen nicht zu verwenden sei. So setze man bei Expeditionen in der Arktis oder Antarktis bei extremen Minusgraden immer noch auf Film- und Fotoapparate mit herkömmlichen Filmen und mechanischem Federantrieb statt auf Akkus und Chips.