
Deutsche Meisterin, EM-Dritte und WM-Sechste: Vivian Wachs (MSF Frammersbach) ist eine Meisterin der Balance. Zwei Tage vor ihrem 24. Geburtstag trug sich die Trial-Athletin am Mittwoch ins Goldene Buch ihrer Heimatgemeinde ein. Von Frammersbachs Bürgermeister Christian Holzemer wurde sie für ihre Erfolge 2022 mit einem Präsent geehrt.
"Den Gewinn einer deutschen Meisterschaft können wir nicht unter den Tisch fallen lassen. Die Gemeinde ist stolz auf eine Sportlerin mit so großen Erfolgen", erklärte Holzemer. Der Rathauschef hätte der Weltklassesportlerin gerne die Gemeindemedaille in Gold verliehen, aber weil Wachs damit schon ausgezeichnet worden ist, gab es nun den Eintrag ins Goldene Buch und das Geschenk.
MSF-Vorsitzender Rudi Friedel betonte, dass beim Trial Nuancen entscheiden und die Aktiven punktgenau fahren müssen. Spitzenklasse wird man seinen Angaben nach dann, wenn Talent, jahrelanges Training und etwas Glück zusammenkommen.
Auf zwei Rädern zu Hause
Am Beispiel von Wachs lässt sich diese Einschätzung belegen. Die zierliche Frammersbacherin ist auf zwei Rädern zuhause. Mit vier Jahren begann sie mit dem Motorrad-Trial, trainierte mit fünf auf dem Einrad, fuhr Mountainbike. An Mountainbike-Downhill und Mountainbike-Enduro-Wettbewerben nimmt sie aber nicht mehr teil, weil ihr die Zeit dafür fehlt.
Obwohl Wachs zur Weltelite ihrer Sparte gehört, kann sie davon nicht leben. Sie arbeitet Vollzeit bei der Frammersbacher Firma Müller Feinblechbautechnik, die ihr bei ihrem Sport entgegenkommt. Bereits um fünf Uhr steht sie auf, um gegen sechs Uhr mit der Arbeit zu beginnen. Das Training folgt nach Feierabend. Finanzielle Unterstützung erhält sie von ihrem Verein und von Sponsoren, was aber nicht ausreicht.
Die Kosten für die Reisen zu den Wettkämpfen muss sie anteilig selbst zahlen. Eine Ausnahme ist das nicht. In Deutschland gibt es keinen Trial-Athleten, der vollprofessionell seinen Sport ausüben kann. In Spanien, der Hochburg des Trials, ist das anders. Da hat die spektakuläre Disziplin einen sehr hohen Stellenwert.
30.000 Kilometer unterwegs
Weil wegen der Corona-Pandemie die Übersee-Wettbewerbe in Japan nicht stattgefunden haben, wurde die WM-Serie 2022 ausschließlich in Europa ausgetragen. Etwa 30.000 Kilometer hat Wachs mit ihrem Bus und Wohnwagen zurückgelegt, die weiteste Anreise nach Spanien betrug 1900 Kilometer. Im nächsten Jahr geht es wieder nach Japan, was sich Wachs finanziell leisten kann. Denn weil den weltbesten Trialern dort die Unterkunft bezahlt wird, muss sie sich nur um den Flug kümmern. An welchen WM-und EM-Wettbewerben sie nächstes Jahr teilnimmt, hängt davon ab, was sich finanzieren lässt.
"Sponsoren sind schwer zu finden", betont Wachs. Sogar der bravouröse Gewinn der deutschen Meisterschaft mit Siegen bei sieben von acht Wettbewerben und EM-Bronze halfen ihr nicht, weitere Förderer zu finden. Eines ihrer Ziele für 2023 ist, den nationalen Titel zu verteidigen. International möchte sie sich weiter verbessern. Stress verspürt sie bei all dem Aufwand nicht. Die Wettkämpfe und auch die Reisen sind für sie wie Urlaub.