zurück
Karlstadt
"Vinyl nimmt seit Jahren wieder zu": In der Plattentruhe in Karlstadt dreht sich alles um die schwarzen Scheiben
Aktuell befindet sich ein neuer Verein in Gründung. Sein Name ist etwas für Fachleute. Sein neuestes Projekt ist etwas für Sammler und Musikfreaks mit Hang zur Nostalgie.
Christian Kitz (von links), Jakob Schreiner und Christian Baier in der 'Plattentruhe' in der Alten Bahnhofstraße.
Foto: Karlheinz Haase | Christian Kitz (von links), Jakob Schreiner und Christian Baier in der "Plattentruhe" in der Alten Bahnhofstraße.
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 08.08.2024 02:45 Uhr

Was führt ein Verein wohl im Schilde, der sich "33 eindrittel" nennt? Schallplatten-Freaks ist diese Angabe geläufig, besagt sie doch die übliche Laufgeschwindigkeit einer LP auf dem Plattenteller. Streng genommen trifft es der Begriff "Geschwindigkeit" nicht, denn eigentlich handelt es sich um die Umdrehungen pro Minute. In Karlstadt befindet sich der Verein "33 eindrittel" gerade in Gründung. Und der hat tatsächlich mit Vinyl-Schallplatten zu tun.

Während im Hintergrund noch die bürokratischen Dinge wie Eintragung ins Registergericht und Eröffnung eines Kontos ablaufen, sind die bisherigen zwölf Mitglieder schon äußerst aktiv. In den Räumen der ehemaligen Parfümerie Keller-May in der Alten Bahnhofstraße 14 haben sie die "Plattentruhe" eingerichtet. Dabei haben sie den Namen des früher von Aquilin Schuhmann betriebenen Plattenladens aufgegriffen.

Romantische Vorstellung eines Plattenladens

Zwar ist die "Plattentruhe" schon seit einigen Wochen für die Öffentlichkeit sichtbar, die Akteure wollten aber zunächst einmal das U&D hinter sich bringen, ehe sie verraten, was genau hier abgeht. "Ziel ist die Förderung der Musikkultur, vor allem der analogen", erklärt der in der Gründungsversammlung zum Schriftführer gewählte Jakob Schreiner. "Wir hatten mehr als ein Jahr lang einen Plattenstammtisch reihum bei jemandem zu Hause. Dabei ist der ,Hirnfurz‘ entstanden, einen festen Treffpunkt zu kreieren für Leute, die Bock auf Musik und Platten haben."

Jakob Schreiner an der Plattenwaschmaschine.
Foto: Karlheinz Haase | Jakob Schreiner an der Plattenwaschmaschine.

Zugleich sei die romantische Vorstellung eines Plattenladens herumgegeistert, wie es sie in größeren Städten gibt – wo man sich trifft, sich austauscht, Platten auflegt, Musik hört. Und das in Zeiten von Spotify und YouTube? Christian Kitz, der zum Vorsitzenden gewählt wurde, stellt fest: "Vinyl nimmt seit Jahren wieder zu, die Platte war nie tot. Der Verkauf von CDs hingegen ist stark rückläufig." Christian Baier, der in dem Verein für die Finanzen zuständig sein wird: "In den USA hat Vinyl die CD inzwischen sogar überflügelt."

Plattenreinigung und Wohnzimmerkonzerte

Ähnlich wie es in einem Sportverein einen Thekenverkauf gibt, können in der Plattentruhe auch Platten gekauft werden. Rund 1500 Scheiben sind schon jetzt nach Kategorien und Interpreten vorrätig. Teilweise stammen sie aus den Sammlungen der Mitglieder. Vor allem aber freut sich der Verein über Spenden ausrangierter Plattensammlungen. "Wir nehmen zunächst einmal alles an", sagt Christian Kitz, also auch Katja Ebstein und Peter Alexander. Platten, die eine gewisse Relevanz haben, werden auch angekauft. Denn es gibt auch "Perlen" wie zum Beispiel die koreanische Pressung von "A Night at the Opera" von Queen.

Auch Wohnzimmerkonzerte sollen in der "Plattentruhe" stattfinden. Pina Palau, die ihre Musikrichtung selbst als Indie-Folkrock bezeichnet, habe schon Interesse bekundet. Selbstverständlich wird auch der Plattenstammtisch hier weitergeführt. Plattenversteigerungen soll es geben. Und die Mitglieder würden gerne Workshops anbieten, um Interessierte an die Technik analoger Musikwiedergabe heranzuführen. Als Dienstleistung soll die Plattenreinigung angeboten werden. Eine professionelle Plattenwaschmaschine ist schon in Betrieb. Vier Minuten dauert der Waschgang, bei dem die Scheiben beidseitig mit Fluid, Wasser und Bürsten gereinigt und anschließend getrocknet werden.

Christian Baier: 'Schallplatten sind menschlicher als Streaming.'
Foto: Karlheinz Haase | Christian Baier: "Schallplatten sind menschlicher als Streaming."

Hoffnung auf Eröffnung im September

Christian Baier, der in Karlstadt als Musiknerd bekannt ist, nutzt zwar modernste Digitaltechnik zum Musikhören und weiß: "Streaming ist hinsichtlich Genauigkeit deutlich überlegen", aber er schwärmt zugleich vom Medium Schallplatte: "Die LP macht die Musik menschlicher, sie ist fürs menschliche Gehör angenehmer." Die Musik der 1970er und 80er Jahre sei speziell für die Platte abgemischt worden. "Das macht die Musik wärmer und authentischer."

Das Schaufenster vermittelt den Eindruck, dass schon geöffnet sei. "Wir haben zum Beispiel zum Karschter Mittsommer Abba ausgestellt und zu Olympia die LP ,Olympia-Parade‘", sagt Christian Kitz, dessen Stellvertreter übrigens Janik Havla ist. Wirklich geöffnet wird aber erst nach Erledigung aller Formalitäten; die Akteure hoffen auf September. Samstags soll "Plattentruhen"-Tag sein, eventuell freitags. Sicher ist bereits der Jahresbeitrag: Natürlich 33,33 Euro.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Karlstadt
Karlheinz Haase
Abba
Christian Baier
Katja Ebstein
Parfümerien
Peter Alexander
Spotify
YouTube
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Ewald Schuhmann
    Es gibt ja doch noch Positives zu berichten in Deutschland.
    Sehr gut Ihr Koaschder. 👍
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Helga Henschel
    Super Idee! Ich freue mich auf den Laden und habe selbst noch einige Schätze und einen Plattenspieler. Ich werde gerne zum Stöbern und Entdecken kommen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten