Wird es gelingen mit Atomstrom Windräder zu betreiben? Können Schmetterlinge im Bauch zu einer Lebensmittelvergiftung führen oder würden wir Gott kennenlernen wollen, wenn wir wüssten, dass er sächsisch spricht?
Der diplomierte Physiker Vince Ebert widmet an diesem Abend vor exakt 326 Zuschauern, wie er selber zu Analysezwecken angibt, in der Lohrer Stadthalle seine Gedanken der Technologisierung der Welt und wirft viele Fragen in den Raum.
Kein Wunder also, dass sich der Kabarettist in seinem neuen Programm „Zukunft is the Future“ auch immer wieder auf Dialoge mit seiner „Computerin“ Val in Form eines riesigen Flachbildschirms einlässt, mit der er süffisant über die Fragen der Gegenwart diskutiert. Val analysiert, berät und entwickelt ein dynamisches Eigenleben, das Ebert immer wieder Anlass zur Kritik mit der technischen Modernisierung gibt.
Kalifornien sei acht Jahre von einem Terminator 800 regiert worden, spielt er auf Arnold Schwarzenegger als ehemaligen Gouverneur des US-Bundesstaats an. Alles ist möglich.
Die Zukunft kann nicht ohne die Vergangenheit stattfinden und somit beginnt der erste Teil seines rund zweistündigen Auftritts auch mit einem Blick zurück.
Aus Amorbach im Odenwald
Immer wieder muss Eberts Heimat Amorbach im Odenwald für Kalauer herhalten, was auf die Dauer, vor allem nach der Pause, auf zu sehr überreizte Klischeescherze hinausläuft.
Als nostalgische Rückbesinnung taugt die provinzielle und ländliche Gegend, in der Ebert beschaulich aufwuchs allemal, wenn er aus seiner Kindheit von einer Reise in die Zukunft nach Aschaffenburg berichtet, wo die Geschäfte selbst am Nachmittag noch geöffnet waren. Oder wenn er von den Netzwerken der 80er Jahre in seiner Kleinbürgerlichkeit spricht, als die analoge Partnersuche noch am Stammtisch im Wirtshaus stattfand und sich eine Frau zu finden als äußerst schwierig gestaltete, da alle miteinander verwandt waren und die Entfernung in den nächsten Ort einen Tagesritt bedeutete.
Eberts Pointen amüsieren und können sich erst richtig entfalten, wenn deren Ansprüche sich aus Wissenschaftsfeldern der Physik und Forschung bedienen, die er vortrefflich persifliert.
Nette Computerstimme
Da fragt beispielsweise seine nette Computerstimme Val, ob Ebert nicht der Meinung sei, sie habe Übergewicht um die Antwort zu erhalten, jedes Byte säße bei ihr an der richtigen Stelle. Dennoch trotzt Eberts „Computerin“ und fährt sich eigenständig herunter, als sich beide auf einen Dialog über die Vergänglichkeit des Lebens einlassen und Val sich über ihre Zukunft sorgt, der Ebert kontert, sie sei ja nur neu zu konfigurieren.
Er kritisiert den missionarischen Eifer von Veganern und zweifelt an, ob von seinen 20 Euro, die er für ein Rindersteak ausgibt überhaupt etwas bei der Kuh ankommt. Köstlich auch Eberts Vergleich der Homöopathie, die er mit der Analyse einleitet, dass wir Dinge herstellen, die in der Realität gar nicht existieren. „Wenn ich in Würzburg einen Autoschlüssel in den Main werfe, kann ich mein Fahrzeug in Frankfurt auch nicht mit Mainwasser starten“. Jedoch macht uns Menschen die Vorstellungskraft so außergewöhnlich.
Ebert stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Fragen, ob der Junge Torben keinen Schaden davon tragen würde, wenn er in eine Steckdose mit Ökostrom fasst und warum das typische Mädchen Leonie nach jahrelanger intensiver Erziehung mit Ballett und Kinderyoga auf einmal mitteilt: „Ich bin jetzt Jupp und werde Fernfahrer“?
Neues Buch empfehlenswert
Die soziodemografischen Cluster beim Kaufverhalten, manipuliert Ebert beim Einkauf in seinem REWE mit dem Erwerb widersprüchlichster Konsumprodukte und der Algorithmus bei Amazon empfiehlt ihm sein neuestes Buch, das in der Tat empfehlenswert sei. Eberts Analysen und Gedankenspiele ergeben einen zusammenhängenden Sinn, als er am Ende seines Programm, wieder versöhnt mit seiner „Computerin“ Val, sein Publikum beschwört.
Nichtwissen bedeutet Neugierde und der Unternehmergeist habe die Menschheit auf den Mond gebracht – kein Team aus Controllern, Marketingexperten und Analysten, die von einer Gleichstellungsbeauftragten auf politische Korrektheit überwacht werden.
Wir Menschen sollen doch einfach Ruhe bewahren, runterkommen und entspannen. „Mozart schrieb einmal in sein Tagebuch: Gar nichts erlebt – auch schön.“