Vor mehr als 50 Zuhörern referierte Dr. Peter Kraft, Chefarzt der Neurologie im Klinikum Main-Spessart, im Gemündener Kreisseniorenzentrum über Migräne und andere Ursachen von Kopfschmerz. Der rund zweistündige Vortrag verdeutlichte das weite Feld der Kopfschmerzen, zu dem viele Zwischenfragen gestellt wurden.
Gehirn nicht schmerzempfindlich
Kraft zählte Schädelknochen, Hirnhäute, Blutgefäße, Nerven und Nasennebenhöhlen als die Strukturen auf, die weh tun können, während das Gehirn selbst nicht schmerzempfindlich ist. Die meist episodisch auftretenden Schmerzen können verschiedene Ursachen haben. In der Steinzeit gab man einem Dämon die Schuld und ließ ihn durch ein Loch in der Schädeldecke frei.
Hippokrates beschrieb bereits 400 v. Chr. die Aura, mit der sich eine Migräne ankündigt. Im späten Mittelalter erkannte man, dass bei einer Migräneattacke eine Störung der Gefäßregulation im Gehirn vorliegt. Die in den 1980er Jahren entwickelten Triptane hätten sich bewährt, so Kraft, der auf eine wirksame neue Möglichkeit der medikamentösen Prophylaxe durch eine CGRP-Inhibition hinwies.
Tagebuch führen
Bei primären Kopfschmerzen wie Migräne, Spannungskopfschmerz oder bei von Medikamenten ausgelöstem Kopfschmerz ist dieser selbst die Erkrankung. Sekundäre Kopfschmerzen gehen mit einer anderen Erkrankung einher, die lebensbedrohlich sein kann. "Es ist ganz wichtig dies auseinanderzuhalten", betonte Kraft und wies darauf hin, dass die Anamnese unter anderem gezielt darauf eingehen muss, wo und wie sehr es weh tut, auf die Häufigkeit und was bereits unternommen wurde. Das Führen eines Kopfschmerz-Tagebuchs wird empfohlen. Weitere wichtige Fragen an den Patienten gelten möglichen Auslösefaktoren für die Kopfschmerzen.
Halbseitig pulsierender Kopfschmerz in Verbindung mit Übelkeit ist typisch für eine Migräne, die oft eine familiäre Häufung zeigt und manchmal von einer Sehstörung angekündigt wird (visuelle Aura). Eine anhaltende Migräneaura kann auf einen Schlaganfall hindeuten und muss abgeklärt werden. Triptane, speziell für Migräne zugelassene Medikamente, sind nur einsetzbar, wenn keine Gefäßerkrankungen vorliegen; eine medikamentöse Migräneprophylaxe kann beispielsweise durch Betablocker erfolgen.
Minuten bis Tage
Spannungskopfschmerz sitzt im Bereich der Stirn bis zum Nacken mit Schraubstockgefühl und kann zwischen Minuten und mehreren Tagen andauern. Als Auslöser gelten Fehlbelastung der Halswirbelsäule, Stress, Stimmungsschwankungen und Schlafdefizit.
"Bei allen Kopfschmerzarten hilft Ausdauersport wie Schwimmen, Radfahren oder Laufen und Entspannungstechnik, aber nicht in der Schmerzphase, sondern dazwischen. Akute Episoden können medikamentös behandelt werden, aber regelmäßige Schmerzmitteleinnahme kann sekundär wiederum Kopfschmerz auslösen", warnte Kraft und wies auf die Möglichkeiten einer medikamentösen Prophylaxe, also auf eine Dauertherapie mit Antidepressiva hin.