Grüngut, Garten- und Küchenabfälle – und möglichst nichts anderes - gehören in die Biotonne oder zur Grüngutsammlung. Doch wie geht es weiter, wenn Tonnen und Bündel abgeholt sind? Das schaute sich der Ausschuss für Umwelt und Nachhaltigkeit des Kreistages vor Ort genau an. Bei der Exkursion zum Retera Humuswerk Main-Spessart hoch über Wernfeld erklärte Geschäftsführer Maximilian Kanzler den Ausschuss-Mitgliedern und Landrätin Sabine Sitter, wie die Komposterzeugung im großen Maßstab funktioniert. Jedes Jahr erzeugt Anlage zwischen 17.000 und 19.000 Kubikmeter Qualitätskomposte sowie Substrate wie Garten- und Blumenerde.
Störstoffe werden nach Möglichkeit ausgesondert
Erste Station für die Sammelfahrzeuge ist die Anlieferungshalle. Hier wird optisch vorsortiert und Störstoffe werden nach Möglichkeit ausgesondert. Ein Häufchen mit der Ausbeute der letzten Tage lag bereit – viel Plastik samt Marmeladengläsern, Schnapsflaschen, Plüschtieren und sogar eine Computer-Tastatur.
Nach der Vorsortierung kommen die Bioabfälle aus den Tonnen für zehn Tage in eine geschlossene kleine Halle mit aktiver Saugebelüftung zur sogenannten Intensivrotte. Die durch das Material gesaugte Luft beziehungsweise der Sauerstoff darin aktiviert Bakterien. Die Abluft wird mit einem Biofilter gereinigt, damit es nicht stinkt.
Danach erfolgt die eigentliche Kompostierung in langen Dreiecksmieten für zwei bis drei Wochen. Auch hier fielen Störstoffe ins Auge, vor allem im Vergleich zum daneben getrennt kompostierten Material aus den Grünabfallsammlungen. Bei diesem wird auf die Intensivrotte verzichtet. Bei den Rotteprozessen werden Temperatur und Feuchtigkeit überwacht. Wie Maximilian Kanzler erklärte werden bis zu 70 Grad Celsius erreicht, was zu einer Hygienisierug mit Zerstörung von Eiweißen führt, sogar Spritzmittel aus Schalen von Zitrusfrüchten würden abgebaut.
Über eine Million Euro in Siebtechnik investiert
Seit Anfang 2021 ist die neueste Anlage des Humuswerkes in Betrieb: Eine stationäre Sieb- und Aufbereitungsanlage, für die über eine Million Euro investiert wurde. Anlagentechnisch handelt es sich um ein Doppelsiebdeck (mit 200, 30 und zwölf Millimeter Siebgröße) plus nachgeschaltetem Windsichter, Steinfalle und Abscheider für Eisenmetalle. Beim Blick in den Auswurf des Metallabscheiders fielen vor allem Kronkorken und rostige Nägel ins Auge, aber auch Trockenbatterien (Mignonzellen), einige Schälmesser und Teelöffel.
Generell gehört es zum Konzept des Humuswerkes, das Material mechanisch schonend zu behandeln, um Störstoffe nicht unnötig zu zerkleinern, was ihre Aussonderung erschweren würde. Deshalb gibt es auch keine Zwangszerkleinerung ("Shredder") zu Beginn, sondern nur die manuelle Vorsortierung.
Vorreiter in Sachen Kompostvermarktung
Das Humuswerk ist recht innovativ, so wurde es Ende 2014 zum Vorreiter der Kompostvermarktung im ökologischen Landbau, hatte als eines der ersten in Deutschland eine elektronische Emissionsmessung und stellt neben Substratmischungen ("Erden") auch Biomassebrennstoffe aus holzigen Grüngut und Siebüberläufen her.
Stolz ist man auch auf Qualitätsnachweise und Zertifizierungen wie Entsorgungsfachbetrieb, RAL-Gütezeichen Kompost, Qualitäts- und Umweltmanagementsystem ISO 9001 und 14001 sowie Öko-Kompost als Zulassung für den ökologischen Landbau.
Die Mitglieder des Ausschusses zeigten sich beeindruckt von soviel Innovation. Landrätin Sabine Sitter freute sich zudem über das junge Team. Martin Oppmann sprach als Leiter der Abfallwirtschaft des Landkreises von einem "Juwel" in Bereich Kompostierung und Anlagentechnik. Er hob auch die gute Zusammenarbeit mit der Landkreisverwaltung hervor.