Kein Kirchweih- und Heimatfest, keine Scherenburgfestspiele, kein Saale-Musicum, kein Klein-Venedig-Fest – alle größeren Feiern in Gemünden sind Corona zum Opfer gefallen. Aber plötzlich gibt es doch so ein bisschen Heimatfest . . . Am Donnerstag eröffnete die bekannte Festwirtsfamilie Widmann auf dem Festplatz Lindenwiese einen großen Biergarten. "Mit dem Heimatfest hat das nichts zu tun", betont Jutta Widmann, denn es gibt keine Bedienung und keine Musik. "Aber nachdem es die Lockerungen erlauben, wollen wir der Bevölkerung ein Angebot machen."
Bis zum Sonntag, 19. Juli, wird der zum Teil durch ein offenes Zelt überdachte Biergarten täglich ab 10 Uhr bis, je nach Betrieb, um 23 Uhr geöffnet sein. 72 Biertischgarnituren sind gestellt, damit die Abstandsregeln sicher eingehalten werden. Das Angebot an Speisen ist gegenüber dem, was beim Heimatfest und bei der Lohrer Spessartfestwoche üblich ist, etwas reduziert – die Preise sind es auch. Schließlich gilt Selbstbedienung, erklärt Jutta Widmann. Sie, ihre Schwiegertochter Sina und ihr Sohn Franz organisieren den Betrieb mit rund zwölf Mitarbeitern.
"Bierzeltcharakter und überdimensioniert"
Während sich viele Gemündener und Lohrer auf das kurzfristig ermöglichte Wiedersehen mit den Widmanns aus Landshut freuen, herrscht zumindest in Teilen der Gemündener Gastronomie Verärgerung. Matthias Wilts ("Ratsschenke") schimpft: "Man fällt uns in den Rücken." Die heimische Gastronomie habe unter Corona gelitten, und jetzt würden die Gäste durch den Biergarten abgezogen.
Der Stadtmarketingverein "Gemünden aktiv" hatte tatsächlich, wie in einer Stadtratssitzung berichtet, die Gastronomen nach ihrer Meinung gefragt. Da sei aber von einem "Drive-in" die Rede gewesen, später von 400 Sitzplätzen. Jetzt seien es vielleicht 800. Und statt vier Tage wie beim Heimatfest bleibe Widmann jetzt elf Tage. "Das hat Bierzeltcharakter, das ist überdimensioniert", findet Matthias Wilts.
Festwirtin Jutta Widmann weiß von der Aufregung nichts. Anfänglich hätten sie und ihr Mann über eine Drive-in-Bewirtung nachgedacht. In Landshut boten sie das den ganzen Mai über mit einigem Erfolg an. Doch seit die Lockerungen es erlauben, sei ein Biergarten die bessere Alternative. Die Gemündener Veranstaltung ist die erste und bisher einzige der Festzeltbetriebe Widmann in diesem Jahr. Der Stadtmarketingverein habe sich aus personellen Gründen außerstande erklärt, selbst etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen.
"Auflagen werden eingehalten"
"Wir wollen ein Angebot machen, sich etwas zu essen zu holen oder in größerer Runde einmal wiederzusehen, und sei es nur, sich zuzuwinken. Ein bisschen Normalität", beteuert Jutta Widmann. Die Auflagen des Landratsamtes Main-Spessart würden selbstverständlich erfüllt. Große Tafeln weisen auf die Bestimmungen hin. Von einer Beschränkung auf 400 Gäste wisse sie nichts, im Genehmigungsbescheid sei keine Obergrenze für die Anzahl der Sitzplätze genannt. Die Landshuterin ist überzeugt, dass die Besucher es mittlerweile gewohnt sind, sich locker auf die Biertischgarnituren zu verteilen. Die würden nach jedem Besucherwechsel desinfiziert.
Die Getränke liefert die Arnsteiner Brauerei, die "Würschtel" die hiesige Metzgerei Bald. Wer von früheren Heimatfesten oder Spessartfestwochen noch Bier- oder Hähnchen-Marken übrig hat, kann diese im Biergarten einlösen.