1800 Euro Strafe kostet einen 42-jährigen Mann der Besitz von 30,65 Gramm Cannabis. Mit dieser Menge hatte er das 1,369-fache dessen überschritten, was Staatsanwalt und Gesetz noch als "geringe Menge" einstufen. Verurteilt wurde der Mann aus dem Raum Gemünden vom Schöffengericht am Amtsgericht Gemünden.
Nur durch einen Zufall, das ergab die Beweisaufnahme, erhielt die Polizei Kenntnis vom Drogenbesitz des Mannes. Dieser ist seit einem Mopedunfall, bei dem er von einem vermutlich angetrunkenen Autofahrer angefahren wurde, schon ein Vierteljahrhundert gelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. "24 Stunden am Tag", so der Angeklagte, leide er unter großen Schmerzen. Medikamente hätten ihm bislang wenig geholfen. Allein das Cannabis, das er sich illegal in Frankfurt beschafft habe, habe ihm die gewünschte Linderung gebracht.
Bisher spielte noch kein Arzt mit
Etwa 30 Gramm benötigte er monatlich. Ärztlich verordnen wollte ihm das Rauschmittel in den vergangenen Jahren keiner der aufgesuchten Mediziner. Seine Hoffnung ruht jetzt auf einer neuerlichen Untersuchung, die im Dezember vorgesehen ist. Die Aussichten, das Betäubungsmittel dann legal verordnet zu bekommen, sind nach den Worten des Angeklagten gut für ihn.
Große Schmerzen mit einer halbseitigen Gesichtslähmung hatten am 2. April zu einem Polizeieinsatz in der Wohnung des Mannes geführt. Aufgrund einer verordneten Kortisoneinnahme hatte er in späten Abendstunden in seiner Wohnung randaliert und seine Eltern angegriffen. Diese hatten einen Notarzt und die Polizei gerufen. Weil er auch die Beamten angegangen war und dem Notarzt eine blutige Nase verpasst hatte, fesselten ihn die Polizisten sogar.
Ausgerastet nach schlaflosen Wochen
Als einen der Gründe für seinen Ausraster nannte der Angeklagte, dass er zuvor wegen der Arzneimittel "drei Wochen lang" nicht habe schlafen können. Der 42-Jährige habe sich in einer "psychischen Ausnahmesituation" befunden, bestätigte die Polizeibeamtin, die im Badezimmer des Angeklagten die beschriftete Cannabis-Dose gefunden hatte. Eine Untersuchung der Rechtsmediziner ergab einen THC-Gehalt der Drogen von 10,27 Gramm, also rund 32,5 Prozent.
Auf die Frage, wie der Angeklagte zu bestrafen ist, ging der Staatsanwalt von einem "minderschweren Fall" beim unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln aus. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden soll, ferner die Ableistung von 80 Sozialstunden.
Mildes Urteil
Die Verteidigung hielt eine viermonatige Bewährungsstrafe oder eine angemessene Geldstrafe für ausreichend. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richterin Katrin Heiduck entschied sich für letzteres. "Ein klassischer Fall eines minderschweren Falls", bestätigte die vorsitzende Richterin. In dem noch nicht rechtskräftigen Urteil muss der Angeklagte 1800 Euro (120 Tagessätze zu 15 Euro) zahlen.