
Wechsel an einer prägenden Position: Wolfgang Remelka, seit acht Jahren Leiter der Lohrer Polizeidienststelle, hatte am vergangenen Freitag den letzten Tag seiner Laufbahn als Polizist. Er ist nun in der Freistellungsphase der Altersteilzeit. Sein Nachfolger wird am 23. April seinen Dienst antreten. Remelka beendet seine Karriere nicht nur in Lohr, er hat sie auch dort begonnen. 1980 hat er als Praktikant im Revier seine ersten Erfahrungen gesammelt.
Im Grunde ist die Polizeiarbeit dieselbe geblieben, garniert durch neue Phänomene. Enkeltrick, Betrügereien am Telefon, das gab es in dieser Intensität nicht. Der Bürger ist mündiger, selbstbewusster geworden. Vereinzelt geht, bei jung wie bei alt, jedoch auch der Respekt verloren. Respekt in der Familie, Respekt in der Schule sowie Respekt gegenüber Rettungskräften, Polizei und Behörden allgemein. Im Alltag hat sich einiges geändert. Als ich Praktikant war, war die Ermittlungsgruppe mit Charlie Cöster noch mit dem Käfer unterwegs. Die Uniformierten fuhren schon Audi. Von den Fahrzeugen her ist es eine totale Veränderung, weil die Polizei irgendwann auf Leasingfahrzeuge umgestellt hat. Vorher hat ein Auto 200.000 Kilometer erreicht, mit demselben Sitz. Der war oftmals zum Ende hin durchgesessen und wenig komfortabel. Wo wir früher mit Schreibmaschine und Kohlepapier geschrieben haben, gibt es nun den Computer.

Das war für mich eigentlich unumstößlich. Obwohl ich als Kind lieber Förster werden wollte. Von da ist nur die Farbe übriggeblieben. Vom Tannengrün zum Moosgrün der Polizeiuniform seinerzeit.
Ja, die gab es. Mir hat mein Beruf große Freude gemacht, aber nicht jeden Tag. Die Überbringung von Todesnachrichten beispielsweise. Das habe ich als Chef gemacht, um die Kollegen zu entlasten. Das Leid, das man dann sieht… Ganz tragisch ist es, wenn man den Eltern sagen muss, "dein Kind kommt nicht mehr nach Hause". Ich erinnere mich an eine Situation im Landkreis Würzburg, irgendwann kurz vor Weihnachten. Wir mussten der getrennt lebenden Ehefrau erklären, dass ihr Ex-Mann von der Brücke gesprungen ist. Wir dachten, das wäre okay, aber bei der Ehefrau waren scheinbar doch noch Gefühle da. Besonders tragisch war, dass das Kind an der Tür gelauscht hat und mitbekommen hat, dass der Papa nicht mehr da ist. Das sind Dinge, die bleiben haften.
Das Reden hilft weiter. Der Kollegenkreis fängt einen auf, da ist man nicht alleine. Damals war der Polizeiberuf noch der reine Männerberuf. Deswegen gab es vielleicht die Denke, an der Uniform prallt alles ab. Aber wir sind Menschen wie jeder andere auch, mit Empfindungen, mit Gefühlen, mit Eindrücken. Heute gibt es einen sozialen Dienst bei der Polizei, der bei allen persönlichen Problemen versucht, zu helfen.
Es gab viele schöne Momente bei der Polizei und es muss ja so sein, dass diese überwogen haben. Sonst wäre ich nicht in der Position, die ich jetzt innehabe. Jedes Mal, wenn man mir gesagt hat, dass ich wieder eine Stufe weiter bin, war ein schöner Moment. Ich habe mich gefreut, dass man mir zugetraut hat, dass ich diese neuen Funktionen wahrnehmen kann. Ich hatte viele schöne Erlebnisse mit meinen Mitarbeitern.
Trotz aller Kritik an den Coronamaßnahmen der Politik wäre es jederzeit möglich gewesen, seinen Protest legal auf die Straße zu bringen. Dazu hätte es ausgereicht, eine Versammlung ordnungsgemäß anzuzeigen. Aber gerade das wollten manche Leute eben nicht. Sie wollten bewusst gesetzliche Regelungen missachten, umgehen und dem Staat auf der Nase herumtanzen. In unserer wehrhaften Demokratie ist sehr viel möglich. Wenn man es so ausdrücken möchte, war beziehungsweise ist auch dieses Verhalten für mich ein Stück weit respektlos. Da waren nicht nur Leute dabei, die Angst um ihr Geschäft hatten, die gesagt haben, die Maßnahmen sind überzogen. Da verstehe ich, wieso jemand auf die Straße geht. Aber bei manchen stellt man fest, dass sie sich von unserem Rechtssystem, von unserem Staat, entfernt haben. Das ist keine gefährliche Masse. Aber es macht die Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen draußen nicht einfacher. Oftmals sind die Namen bekannt und man muss dann dahin, weil er den Kaminkehrer zum Beispiel zur Feuerschau nicht reingelassen hat.
Nein. Mich hat's geärgert, als ich in der Zeitung die Aussage von jemandem gelesen habe, der sagte, es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, dass so was passiert. Das hat mich sehr gewundert. Ich weiß nicht, woher er die Expertise hat. Dass sich auch das Leben von Schülerinnen und Schülern geändert hat, glaube ich schon. Aber das ist trotzdem ein Peak, der raus sticht. Möglicherweise gab es das früher auch, aber es wurde nicht so publik, weil die Medienlandschaft eine andere war.
Der Umgang mit den Schülern an dem Trauerort war nicht ideal. Der Ort wurde freigegeben, dann wieder gesperrt, wieder freigegeben, dann hat man wieder was gesucht, weil es neue Erkenntnisse gab. Da hatte ich durchaus Verständnis, dass die Jugendlichen gesagt haben, lasst uns doch in Ruhe, wir wollen hier um unseren Mitschüler trauern. Mit dem richtigen Fingerspitzengefühl zu agieren, war nicht einfach für die Kollegen vor Ort. Es hat gut geklappt, aber es war nicht ideal. Natürlich war das den Umständen geschuldet – denn im Gegenzug wird von uns erwartet, dass wir unserer Arbeit nachgehen. Das war ja auch eine Aussage der Eltern, die gesagt haben, sie wollen, dass der Schuldige überführt wird, dass die Polizei ihre Arbeit ordentlich machen kann.
Es wurde viel ermittelt, viel erfragt, viel bekannt gemacht durch die Vernehmungen, die auch bei uns im Haus stattgefunden haben. Die Ermittlungskommission hatte ja extra Räumlichkeiten hier, damit die Schüler nicht jedes Mal nach Würzburg fahren mussten. Auch um kurzfristig zu reagieren, wenn man in der Vernehmung eine neue Erkenntnis hatte. Schlussendlich ist es Sache des Gerichts, ein Urteil zu treffen. Ich glaube, die Polizei hat dem Gericht viele Aspekte geliefert, belastend und möglicherweise auch entlastend.
Ich habe tatsächlich in jungen Jahren geraucht, habe dieses Laster aber vor langer Zeit abgelegt. Das werde ich jetzt nicht mehr beginnen und schon gar nicht mit Cannabis.
Sehr, sehr kritisch. Ich glaube, das, was man sich davon verspricht, in Sachen Stärkung des Jugendschutzes und mehr Prävention, wird nicht fruchten. Dass man den Schwarzmarkt trocken legt, gleich gar nicht. Es gibt genug Jugendliche, mittlerweile auch Kinder, die Drogen konsumieren, für die Cannabis weiterhin illegal ist. Der ein oder andere 18-Jährige wird sein Taschengeld aufbessern, indem er an seine Kumpel weiterverkauft.
Die hundertprozentige Sicherheit gibt es nirgendwo. Jedoch ist die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, im ländlichen Raum und eben auch in unserem Zuständigkeitsbereich weitaus geringer als in einer größeren Stadt oder einer Metropole. Wenn ich hier eine Aufklärungsquote von 74,7 Prozent sehe, ist das wirklich eine Hausmarke. Das ist der zweithöchste Wert innerhalb der letzten sieben Jahre. Die Zahl der Straftaten, die bei uns angezeigt wurden, ist zwar gestiegen, aber das relativiert sich, wenn man näher hinschaut. Eine Steigerung haben wir bei Fahrraddiebstählen, Ladendiebstählen, Erschleichung von Leistungen, also meist Schwarzfahren. Die Zahl der Rohheitsdelikte, wie beispielsweise Körperverletzung, hat klar abgenommen.
Zweifelsohne. Ich merke, dass diese Last von den Schultern fällt. Eine Last, die auch am Wochenende und am Abend nicht weggeht, auch wenn sie nicht permanent spürbar ist. Wenn ich die Zeitung lese, schaue ich mit einem scharfen Auge auch auf den Inspektionsbereich, um zu wissen, was passiert, wenn ich Urlaub habe oder am Wochenende. Was erwartet dich am Montag? Was musst du vielleicht wieder regeln? Nicht, dass einen die Presse überrascht mit irgendwelchen Nachfragen und du keine Antwort parat hast. Dazu kommt die gesamte Verantwortung für das Haus, für den Dienstablauf, für den Personalkörper.
Man hat mir schon mit auf den Weg gegeben, dass man nicht die vermeintliche Freizeit, die man hat, mit Posten fühlen sollte. Sonst ist man wieder in derselben Tretmühle, wie man es im Dienst war. Aber mir wird schon was einfallen. Ich bin leidenschaftlicher Golfspieler, bin im Stadtrat in Gemünden, frisch gebackener Großvater. Mal schauen, wie intensiv diese Zeit wird. Wenn die Eltern wieder arbeiten, passen wir vielleicht auf das Kind auf, bringen es in den Kindergarten, holen es ab – was halt Großeltern so machen. Und wenn einmal ein Tag Langeweile dabei ist, dann soll das auch gut sein. Dann nehme ich mal ein Buch und setze mich in den Garten.