
Die Diskussion um die Qualität des in Regie der Telekom laufenden Glasfaserausbaus in Lohr schlägt weiter Wellen. Wie sehr das Thema die Menschen bewegt, zeigen die Reaktionen, die die Redaktion dazu erhalten hat. Mittlerweile ist auch die Frage aufgetaucht, ob die Stadt nicht einen sofortigen Baustopp bewirken müsste, um eventuelle Folgekosten abzuwenden.
Seit gut eineinhalb Wochen gibt es vehemente Kritik an Abläufen rund um die Bauarbeiten. Die Telekom will im gesamten Stadtgebiet ein Glasfasernetz aufbauen. Die Arbeiten erledigt ein von der Telekom beauftragtes Unternehmen. Sofern Kunden mit der Telekom einen entsprechenden Vertrag abschließen, wird ihnen der superschnelle Internetanschluss kostenfrei bis ins Haus gelegt, so das Versprechen.
Kilometerlange Gräben
Um das Glasfaserkabel in alle Ecken bringen zu können, müssen Dutzende Kilometer Graben gezogen werden. Die Kritik an der Ausführung dieser Arbeiten hatte der Wombacher Walter Siegler (58) losgetreten, der selbst über Jahrzehnte im Hoch- und Tiefbau tätig war. Er beschrieb in einem offenen Brief an die Stadt, dass seiner Beobachtung nach bei den Arbeiten technische Standards nicht eingehalten würden. Die Folge könnten laut Siegler für die Stadt in einigen Jahren hohe Instandsetzungskosten sein.

Die Kritik dreht sich zum Beispiel um den Unterbau von Gehwegen und Fahrbahnen, um das verwendete Material, auch um Senken und große Fugen im frisch verlegten Pflaster. Daneben hätten Bauarbeiter in Ermangelung einer Baustellentoilette wiederholt in offenstehende Garagen uriniert, so Siegler.
Trotz dieser Hinweise liefen die Bauarbeiten unverändert weiter, wundert sich Siegler. Erst am Donnerstagabend habe er beobachtet, wie Arbeiter eine unsachgemäß verlegte Pflasterfläche mit einer für diesen Zweck zu großen Rüttelplatte "einfach reingeknallt" haben, schilderte Siegler am Freitag. Seiner Ansicht nach müsse die Stadt auf einen sofortigen Baustopp hinwirken, um weiteren Schaden an der städtischen Infrastruktur zu verhindern. Auf die Frage, ob die Stadt einen solchen Baustopp in Erwägung ziehe, antwortete der städtische Pressesprecher Dieter Daus am Freitagmittag: "Seitens der Stadt diskutieren und prüfen wir derzeit alle Optionen." Für den kommenden Mittwoch kündigte Daus einen Pressetermin zu dem Thema an.
Nach Ansicht von Joachim Gaub ist es zum jetzigen Zeitpunkt indes nicht ohne Weiteres möglich, zu sagen, dass die bauausführende Firma nicht korrekt arbeitet. Der 80-Jährige aus Neuhütten war als Bauingenieur jahrelang Bauleiter im Tief- und Hochbau.
Er verweist darauf, dass entscheidend sei, was in den zwischen Stadt und Telekom sowie zwischen Telekom und bauausführender Firma geschlossenen Verträgen geregelt ist. "Bauarbeiter machen das, was sie sollen", sagt Gaub. Bei der Frage, was zu machen und wie zu arbeiten ist, sei grundsätzlich die "Verdingungsordnung für Bauleistungen", kurz VOB, die "Bibel des Baus", so Gaub. Sie setze die technischen Vorgaben. Dass die Telekom beim Leistungsverzeichnis für Arbeiten in Lohr von diesen Vorgaben abgewichen sein könnte, glaubt Gaub allerdings nicht. Sollten die technischen Vorgaben nicht umgesetzt worden sein, liegt dies laut Gaub an Fehlern in der Bauleitung oder an mangelnder Kontrolle durch Telekom beziehungsweise Stadt.
Die Stadt hatte zu dem Thema in einer ersten Stellungnahme geschrieben, dass man die Bauarbeiten von Anfang an überwacht habe. Man könne allerdings nicht ständig auf allen Baustellen vor Ort sein.
Die große Frage ist nun, wie sich die Stadt davor schützen kann, für eventuell unsachgemäß erstellte Arbeiten später die Reparaturkosten tragen zu müssen. Eine Möglichkeit, so Gaub, sei eine Verlängerung der Gewährleistungsfrist. Eine andere, dass man die verfüllten Gräben stichprobenartig öffnet und den Unterbau kontrolliert. Sollte dabei Pfusch zutage treten, "geht es erst richtig los", sagt Gaub. "Denn dann geht es um richtig viel Geld."
Stellungnahme angekündigt
Die Telekom hat sich bislang noch nicht zu dem Thema geäußert. Der mit dem Ausbau in Lohr befasste Mitarbeiter der Technik-Niederlassung Süd hatte am Mittwoch zunächst eine Stellungnahme angekündigt, in der Nacht auf Freitag dann aber doch auf die Pressestelle verwiesen. Diese hat nun ihrerseits eine Stellungnahme angekündigt.