
Einer versuchten Erpressung haben sich nach Überzeugung von Richterin Kristina Heiduck ein Vater und dessen Tochter aus dem Landkreis Main-Spessart schuldig gemacht. Der 63-Jährige hatte mit einem Schreiben an eine Richterin des Amtsgerichts Gemünden versucht, die Vollstreckung einer Geldstrafe aus einem früheren Verfahren gegen die Tochter zu verhindern. Diese hatte den Brief mit unterschrieben, in einer Formulierung, wie sie in der Reichsbürgerszene genutzt wird. Deswegen fand der Prozess unter verschärften Sicherheitsbestimmungen statt.
In dem Brief forderten die Angeklagten eine früher am Amtsgericht Gemünden tätige Richterin auf, die Vollstreckung der Strafe nicht zu vollziehen. Andernfalls, so die Drohung, würde eine Forderung von einer halben Million Euro gegen sie persönlich und von fünf Millionen gegen das Gericht in nationalen und internationalen Schuldnerverzeichnissen hinterlegt. Inzwischen ist solchen Drohungen, auch Malta-Masche genannt, der Boden entzogen. Der Inselstaat lässt solche Eintragungen nicht mehr ohne weiteres zu.
Abgeheftet mit dem Bemerkung: Keine Relevanz
Die angeschriebene Richterin, heute bei der Staatsanwaltschaft tätig, befasste sich mit dem Brief nur kurz. Man bekomme bei der Justiz unangenehme Schreiben, das müsse einem klar sein, wenn man einen solchen Beruf ergreife. Sie hat es als verspäteten Einspruch abgeheftet, mit dem Kommentar „Keine Relevanz“.
Für relevant gehalten wurde das Schreiben dann jedoch im weiteren Verlauf der Rechtspflege, als die Akte noch einmal genau durchgesehen wurde. Dabei wurde der Brief als Erpressungsversuch gewertet, weswegen sich nun Vater und Tochter vor Gericht verantworten mussten. „Die Justiz ist inzwischen auf solche Schreiben eingestellt“, so der Staatsanwalt.
Tochter distanziert sich
Die Tochter distanzierte sich in ihrer Aussage von dem Schreiben. Damals habe sie alles unterschrieben, was der Vater ihr hingelegt habe, ohne zu wissen was drinstehe. Das würde sie heute nicht mehr tun. Der Vater verteidigte sich mit der Behauptung, er habe den Text aus dem Internet heruntergeladen.
Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer unter Einbeziehung einer weiteren Strafe aus dem Jahr 2017 für den Vater eine Gesamtstrafe von 165 Tagessätzen zu je 25 Euro wegen der versuchten Erpressung gefordert. Für die Tochter, die er als Mitläuferin einstufte, nicht als Mitinitiatorin der Straftat, hielt er 90 Tagessätze zu je 20 Euro für angemessen.
Vorlage aus dem Internet heruntergeladen
Die Verteidigerin der beiden verwies darauf, dass der Angeklagte die Tragweite des aus dem Internet heruntergehaltenen Schreibens nicht verstanden habe und inzwischen zugegeben habe, dass der Brief eine Dummheit war.
Die Tochter wurde zu 60 Tagessätzen von je 15 Euro - also 900 Euro - verurteilt. Für den Vater beträgt die Strafe 140 Tagessätze zu je 30 Euro, demnach 4200 Euro. Dass diese Schreiben als versuchte Erpressung zu werten seien, so Richterin Kristina Heiduck, sei durch obergerichtliche Rechtsprechung mittlerweile hinreichend ausdiskutiert.