Christbaumerzeuger Uwe Klug stellt um: Er möchte seine Anbauflächen in Mittelsinn künftig ohne Herbizide bewirtschaften und setzt auf ökologisch wertvolle Untersaaten zwischen den Weihnachtsbäumen. "Mit diesem System der alternativen Bewirtschaftung startet Klug als erster Christbaumerzeuger Deutschlands die Erprobungsphase der Zwischenfruchtbewirtschaftung als Pilotprojekt", erklärt Hans Koch. Der Produktmanager für landwirtschaftliches Saatgut der Baywa-Agrar (München) war zum Pressegespräch in die Kulturen gekommen.
Koch hatte in einem Vortrag über "natürliche Bodenverbesserung durch Pflanzen" das Ergebnis jahrzehntelanger Forschungen europaweit ansässiger Institute über Pflanzenmischungen vorgestellt. Familie Klug entschied daraufhin: "Das probieren wir aus". Zwar sei die Unkrautbekämpfung mittels Herbizideinsatz erlaubt, doch wollen Klugs nach großflächiger Umstellung ganz darauf verzichten. Klug: "Zudem ist der Einsatz des Pflanzenschutzmittels Glyphosat sowieso Ende 2023 verboten". In der Vergangenheit hatte das Thema "Spritzen beim Christbaumanbau" immer wieder zu Streitdiskussionen im Sinngrund geführt.
Pro Quadratmeter bis zu 800 Pflanzen
Inzwischen präsentiert sich das 15 Hektar große, 2020 eingesäte Versuchsfeld "Am Auraer Berg" als grünes Eldorado für Pflanzenvielfalt. Im ausgestochenen Stück Erde fühlen sich niedrig wachsende Pflanzen wie Steinklee, Wegwarte, die als Bienenweide geschätzte Phacelia, Alexandriner Klee, Perserklee, Serradella, Sonnenblume, Tagetes, Sonnenhut, Wicke und weitere Gräser wohl. Pro Quadratmeter haben sich bis zu 800 Pflanzen angesiedelt, die aufgrund ihrer Feinblättrigkeit den Tau aus der Luft filtern, die Wasserspeicherung deutlich erhöhen und Grundwasser halten.
"Allein aus dem Tau holen die Pflanzen jährlich pro Quadratmeter 100 Liter Wasser aus der Luft", erklärt Koch das Phänomen. Die langen Pflanzenwurzeln beleben den Boden, garantieren ein dichtes Pilzgeflecht und sind Transportwege des eingesammelten Stickstoffs. "Diesen Kreislauf hat man früher unterschätzt". Pro Jahr werden so pro Quadratmeter 30 Kilogramm wertvoller Stickstoff aus der Luft gesammelt. "Dünger und Herbizid kann sich der Christbaumbauer künftig sparen", betonte Koch.
Humus verdoppelt sich innerhalb von zehn Jahren
Weitere Vorteile der Zwischenfrucht sei die Bindung des Treibhausgases CO², die hohe Wasserfiltration, der ständige Bewuchs, aktiver Erosionsschutz und Transport von Energie in den Boden. Auch verdopple sich in zehn Jahren die Humusbildung. "Wir müssen dem Wasserhaushalt und dem Boden Rechnung tragen", so Kochs wichtigste Botschaft. Zur Ergänzung der Kreislaufwirtschaft wird die Pflanzfläche jährlich ein- bis zweimal gemulcht.
Der europaweit tätige Agrarprofi stellte fest, dass dieses Wissen bereits vor 30 Jahren entwickelt wurde, nur der Klimawandel sei nicht eingearbeitet gewesen. Zweifelsohne haben Klimawandel und Trockenphasen das Thema Zwischenfrucht forciert. Launen der Natur müssen in der Pilotphase einkalkuliert werden und eine enge Kontrolle ist erforderlich.
Nachdem die Christbaum Klug GbR das Versuchsprojekt mit 15 Hektar Fläche startete, sind oder werden heuer weitere 50 Hektar mit der Pflanzenvielfalt begrünt. In den kommenden zwei Jahren sollen alle Flächen des Betriebs umgestellt sein, sagte Uwe Klug. Zweifelsohne ist der Kostenaufwand beachtlich, um den gesamten Betrieb dem neuen ökologischen System anzupassen.
Die zweite besichtigte Fläche auf der "Gresselhöhe" wurde erst vor vier Wochen eingesät, sagte Klug. Hans Koch grub ein gerade aus dem Boden spitzendes Kleepflänzchen heraus, dessen Wurzelwerk bereits stattliche zehn Zentimeter lang ist. "Wir stellen dem Boden das Büffet zur Verfügung, was alle Pflanzen brauchen", meinte der Experte. Eventuell müsse in fünf Jahren mit anderen Pflanzen nachgesteuert werden.
Und kaum wird das Gift verboten, poppen Alternativen auf. Ohne das Verbot würde hier sicher nichts umgestellt werden sondern weiter "Unkrau vernichtet".