Das Präsidium des bayerischen Jugendherbergswerks wird am 26. Februar entscheiden, ob die Lohrer Jugendherberge jemals wieder öffnet. Im Vorfeld haben Aktivitäten für eine Erhaltung der Einrichtung eingesetzt. Der Ortsverband der Grünen hat eine Unterschriftensammlung gestartet, Bürgermeister Mario Paul dem Landesverband geschrieben.
Die Unterschriftenlisten liegen nach Angaben von Grünen-Stadträtin Mathilde Lembach ab sofort in den Lohrer Einzelhandelsgeschäften aus, die geöffnet haben, also in Apotheken, Brillen-, Hörgeräte- und Orthopädiegeschäften, in Zeitschriften- und Schreibwarenläden und in Geschäften mit Lebensmittelanteil. Die Jugendherberge sei ein wichtiger Bestandteil der Infrastruktur, sagte Lembach im Gespräch mit unserem Medienhaus.
"Junge Familien, Radfahrer und Wanderer können in der Jugendherberge preisgünstig übernachten", so Lembach. Schulklassen seien mitten in der Stadt untergebracht und könnten die Lohrer Einrichtungen nutzen oder in den Wald gehen, ohne erst mit dem Auto hertransportiert werden zu müssen. Deshalb habe sich der Ortsverband der Grünen zu der Aktion entschlossen.
Lembach hat mit dem Gesundheitsamt in Karlstadt gesprochen und erfahren, dass sie die Listen auslegen darf. Die Personen, die unterschreiben wollen, müssen nach ihren Worten ihren eigenen Kugelschreiber mitbringen. Eine Unterschriftensammlung vor den Geschäften oder die Mitnahme von Listen nach Hause sei nicht möglich, weil das Gesundheitsamt jede Ansammlung von Menschen wegen der Corona-Pandemie vermeiden möchte.
Online "noch nicht so fit"
Auf die Frage, ob eine Online-Petition nicht sinnvoller gewesen wäre, meinte Lembach, in dieser Beziehung sei sie "noch nicht so fit". Wegen des besseren Wetters hofft die Stadträtin, dass mehr Leute als in den vergangenen Wochen in die Innenstadt kommen und unterschreiben. In zwei Wochen sammelt sie die Listen ein, um sie an den Landesverband zu schicken. Für die Zahl an Unterschriften haben sich die Grünen kein Ziel gesetzt.
Die Aktion soll laut Lembach "zum Ausdruck bringen, dass die Bevölkerung der Jugendherberge positiv gegenübersteht und behalten will". Die vom Landesverband bemängelte fehlende Wirtschaftlichkeit sieht sie anders. Zudem habe es ein bayerisches Hilfsprogramm für Jugendherbergen gegeben.
In seinem Schreiben an den Landesverband, das er unserer Redaktion zur Verfügung stellte, erklärt Bürgermeister Paul, die Nachricht von der bevorstehenden endgültigen Schließung der Jugendherberge habe viele Bürger und ihn sehr bestürzt. Das Haus sei "seit Jahrzehnten ein wichtiger und angesehener Bestandteil der wirtschaftlichen und touristischen Landschaft unserer Stadt". Der Standort zwischen Spessart und Maintal, Würzburg und Aschaffenburg mache das Haus zu einem beliebten Übernachtungsort.
Derzeit starteten Aktivitäten für ein Biosphärenreservat im Spessart. Dessen Ausweisung wäre laut Paul ein "wichtiger Baustein für eine zukunftsfähige Perspektive" der Herberge. Seit der Wiedereröffnung 2017 habe das Haus steigende Übernachtungszahlen und Umsätze verzeichnet. Die Auslastung sei also gestiegen, auch wenn sie noch hinter den Erwartungen des Landesverbands zurückbleibe. Eine "vorzeitige Aufgabe" halte er für die falsche Entscheidung.
Für den Tourismusstandort Lohr und den Kreis wäre die endgültige Schließung nach Pauls Worten eine "Katastrophe". Sie würde "Übernachtungseinbrüche im vierstelligen Bereich" bedeuten. Vor allem das Gästesegment bis 50 Jahre müsste "herbe Einbußen" hinnehmen. Für den Lohrer Einzelhandel hätte die Schließung "erhebliche wirtschaftliche Folgen".