Nordlichter, Elche und die unberührte Natur: Der 28-jährige Lohrer Demian Hauptmann hatte sich von August 2015 bis Juli 2016 aus Deutschland verabschiedet, um einerseits ein Jahr in der nordschwedischen Stadt Umeaa zu studieren, aber auch, um sich eine Auszeit in der Natur zu nehmen. 2013 hatte Hauptmann mit seinem Vater Urlaub in Norwegen gemacht und Gefallen an der Natur Skandinaviens gefunden.
Als Lehramtsstudent für Chemie und Geographie für Gymnasien an der Würzburger Universität kam Umeaa oder eine Hochschule in Finnland als Erasmuspartner in Frage. Nachdem er sich beworben hatte und die Zusage für Umeaa bekam, mussten erst mal Schwedisch-Kenntnisse her. Mit einem Intensivkurs in den Semesterferien bereitete er sich vor. „Wobei die erste Woche schon hart war,“ wie er lachend erzählt. Nachdem die Kurse belegt waren und er die von der schwedischen Uni vermittelte Wohnung bezogen hatte, konnte Hauptmann loslegen: Er besuchte als Master-Student Vorlesungen in Geo-Ökologie und durfte sich auch die Forschungsstation in Avisco besuchen.
20 Prozent der knapp 600 Erasmus Studenten kamen aus Deutschland, schätzt Hauptmann. Um die ersten Kontakte zwischen diesen herzustellen, gab es ein sogenanntes Buddy program (Deutsch: Kumpel Programm). In eingeteilten Gruppen, die aus 5 bis 10 Studenten bestanden, konnte man die ersten Tage an der Uni verbringen. Dabei lernte Hauptmann Studierende aus Singapur, Belgien, Spanien, den Niederlanden und Deutschland kennen. Bemerkenswert: Auch eine Würzburgerin war dabei, die er im Schwedisch-Crash-Kurs getroffen hatte.
Auffällig war für ihn, dass der Umgang zwischen Studenten und Dozenten in Schweden viel herzlicher sei als in Deutschland. Dort gibt es nicht das förmliche „Sie“ und die Studenten werden auf Augenhöhe als zukünftige Forscher behandelt, erklärt Hauptmann. Generell seien die Schweden viel gelassener als die Deutschen, was man auch daran merke, dass die dreimal tägliche Kaffeepause unabkömmlich ist. Dies sei eine der Gelegenheiten, bei denen die Studenten ungezwungen in Kontakt mit den Professoren treten könnten.
Im Gegensatz zur Würzburger Uni gibt es in Umeaa einen zusammenhängenden Campus, der sehr hell und freundlich mit viel Holz und Sandstein gestaltet ist. Das ist auch nötig, da die Sonne im Winter nur von 10 bis 14 Uhr scheint. Während der dunklen Monate hat Hauptmann, der auch beim SV Sendelbach-Steinbach aktiv ist, in einer Halle das Squash spielen angefangen. Da war es dank Elektrizität immer hell. Aber trotzdem: „Es ist schon seltsam, wenn man als Student sowieso lange schläft und es beim Aufstehen immer noch dunkel ist“, schmunzelt Hauptmann. Auch neu für ihn: in Schweden sind die Geschäfte sieben Tage die Woche und bis weit nach 20 Uhr geöffnet. „Da muss man sich keine Gedanken machen, wann man einkaufen gehen kann.“
Neben dem Studium reiste Hauptmann viel, wanderte den Kungsleden in Lappland, ging mit Meer- oder Seeblick Skifahren. Im März besuchte er mit Freunden einen Nationalpark, in dem man sich zum Übernachten in einer Hütte kostenlos niederlassen konnte ohne sich davor anzumelden. „Hier basiert viel auf Vertrauen“, sagt Hauptmann. Man könne auch sein Fahrrad ohne Schloss abstellen, das sei fast so „wie bei uns auf dem Land“.
Auch bei starkem Schneefall bleiben die Schweden gelassen: „Die haben die Ruhe weg“, sagt Hauptmann. Allerdings wird nicht mit Salz, sondern mit Sand gestreut. Das liegt daran, dass die Rentiere, die gehalten werden wie hierzulande Schafe, ansonsten das Salz von der Straße lecken würden.
Der Abschluss der Reise war dann nicht mehr so ruhig: 1600 Kilometer ist der Lohrer von Umeaa bis Trelleborg mit dem Fahrrad, das sein Vater ihm während des Aufenthalts geschickt hatte, zurück gefahren, denn Hauptmann war sich sicher: „Das Fahrrad will ich mit nach Hause nehmen“.
Dafür war die Radtour, so Hauptmann, „die unkomplizierteste Alternative“, weil er „schon immer gerne Fahrrad“ fahre. Gut drei Wochen dauerte die Fahrt von Skandinavien nach Unterfranken. Mit einem gebrauchten Zelt und seinen wichtigsten Sachen fuhr er circa 100 Kilometer pro Tag. Erst in der dritten Nacht fand er einen See zum Waschen, allerdings nur in Kombination mit haufenweise Stechmücken. „Das war nicht so schön,“ meint Hauptmann.
Positiv von der Radtour in Erinnerung bleibt ihm ein schwedischer Mann: Als Hauptmanns Proviant allmählich zuneige ging, bekam er von dem Mann morgens frische Brötchen geschenkt, die dessen Frau gebacken hatte. Hauptmanns Zelt stand nämlich in der Nähe des Bauernhauses des Ehepaars, da man in Schweden campieren darf wo man möchte. Eine Führung durch das Haus bekam er auch noch. „Die Schweden sind sehr hilfsbereit und höflich, aber auf eine zurückhaltende Art“, erklärt Hauptmann die Mentalität.
Ergebnis nach einem Jahr Schweden: Vermutlich Wechsel des Studiengangs von Lehramt zu Geologie, tolle Fotografien und faszinierende Erinnerungen an eine unbekümmerte Zeit in der Natur.