Zwei Tage wird die 13-jährige Sabine aus Wiesenfeld vor 25 Jahren vermisst. Sie war am 15. Dezember 1993 nicht nach Hause gekommen. Suchtrupps der Polizei, der Feuerwehr und Menschen aus dem Ort durchkämmen die Gegend. Ergebnislos. Zwei Tage später, es ist Freitagspätnachmittag, pumpt die Feuerwehr die Jauchegrube eines Aussiedlerhofs aus und findet das getötete Mädchen.
Festgenommen wird ein 15-jähriger Junge, der wenige Monate später vom Vorwurf des Totschlags freigesprochen wird. Das Gericht stellt fest, dass er es aufgrund von Zeugenaussagen und des zeitlichen Ablaufs nicht gewesen sein könne. Gegen zwei weitere Wiesenfelder, 17 und 29 Jahre alt, gibt es laut Staatsanwaltschaft nicht genügend Beweise.
Fahrrad führt zum Tatort
Die Ermittler und Gerichtsmediziner stellen fest, dass die Schülerin auf dem Tennenboden des Aussiedlerhofs durch Gewalteinwirkung auf den Hals, Schläge auf den Kopf und in den Mund gestopftes Stroh am Abend des 15. Dezember gestorben ist.
Sabine wird damals als jungenhaft, stämmig und zuverlässig beschrieben. Als sie nicht wie gewohnt nach Hause kommt, glauben die Eltern nicht, dass sie abgehauen ist. Familie und Freunde fragen und suchen nach ihr und melden sie am späten Abend des 15. Dezembers als vermisst.
Eben weil das Mädchen als zuverlässig gilt, niemand von Problemen zu berichten weiß, befürchten einige Beteiligte, dass sie Opfer eines Verbrechens geworden sein könnte. Ihr Fahrrad wird am Aussiedlerhof gefunden, ebenso der Schlüssel, den sie für den dortigen Pferdestall besaß, weil sie gerne bei denTieren war.
Die Suche wird in diesem Bereich intensiviert. Die örtliche Feuerwehr pumpt die Jauchegrube aus. Feuerwehrleute und Polizeibeamte hängen Decken über die Geländer, die den Hof umgeben und schaffen so Sichtschutz. Die Grausamkeit, die in diesen Minuten real wird, ist kaum zu beschreiben. Die Güllegrube war mit einem schweren Betondeckel verschlossen, ein Unfall ist schon zu diesem Zeitpunkt so gut wie ausgeschlossen. Wie die Gerichtsmediziner später bestätigen, ist die 13-Jährige gewaltsam getötet worden, ihr Leichnam in der Güllegrube entsorgt worden. Das Mädchen, das Pläne für die Zukunft hatte, Automechanikerin werden wollte, erlebt Weihnachten nicht mehr.
Für viele nicht vergessen
Der damals 15-jährige Junge, den die Staatsanwaltschaft der Tat verdächtigt, dreimal in Untersuchungshaft bringt und dreimal wieder freilassen muss, weil das Landgericht keinen dringenden Tatverdacht sieht, wird im darauffolgenden Sommer freigesprochen. Die Beweise schließen den mittlerweile 16-Jährigen, so die Urteilsbegründung am 20. Juli 1994, als Täter aus. Einige Jahre später kommt er unverschuldet bei einem Verkehrsunfall ums Leben.
Zurück bleiben Menschen, die sich fragen, was schiefgelaufen ist bei den Ermittlungen, wieso der Fall bislang nicht aufgeklärt ist. Es gab immer mal wieder Hinweise. Ohne Ergebnis. Aktuell heißt es von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Würzburg: "Wie auch bei anderen ungeklärten Todesfällen wird auch der Fall nie komplett zu den Akten gelegt, sondern im Rahmen unserer Altfall-Ermittlungen immer wieder überprüft."
Auch in Wiesenfeld sind Sabine und ihr Schicksal nicht vergessen, wie uns eine Wiesenfelderin auf Anfrage mitteilt. Es gebe einige Menschen im Ort, die sich immer wieder dafür einsetzten, dass weiter ermittelt wird.
