Beim „Highway to Hell“ gab es endgültig kein Halten mehr im Karlstadter Rathaussaal. Die mehr als 200 Gäste des Neujahrskonzerts mit dem unglaublich guten Trio „Wildes Holz“ tobten, klatschten und trampelten vor Begeisterung mit den Füßen. Vorausgegangen waren zwei wohl unvergessliche Stunden mit purer Lust an der Musik, höchstem Können sowie einer einmaligen Mischung aus irrwitzigem Veitstanz und balladesker Melancholie.
Gegen den Strich gebürstet
„Ungehobelt“ heißt das neue Programm von Tobias Reisige, Anto Karula und Markus Conrads und ungehobelt gehen sie auch wirklich mit ihrer Musik und ihren Instrumenten um. Da ist wirklich nahezu alles gegen den Strich gebürstet, quer zur Maserung lackiert, sägerau und voller Astlöcher, durch die die drei Musiker immer wieder frech hindurch äugen und ganz unvermittelt Klassik mit Rock, etwa Mozart mit Falco oder Michael Jackson mit Johann Sebastian Bach im Duett auftreten lassen.
Die meisten Überraschungen kommen von den Flöten des Tobias Reisige. Ist das nun ein Parkscheinautomat oder eine Notrufsäule an der Autobahn? – Eine Sub-Großbassflöte, mit einigem Augenzwinkern auch „Ikea-Flöte“ genannt, haben nur wenige der Besucher im Rathaussaal zuvor gesehen oder gehört.
Reisige aber entlockt diesem Instrument überraschende Töne und Melodien, ebenso wie der kleinen Blockflöte oder der Knickbass-Flöte und auch zwei Flöten gleichzeitig machen dem Virtuosen keine Mühe, dem Publikum aber dafür umso mehr Spaß.
Stark aber auch Gitarrist Anto Karula: Bei seinem selbst komponierten Tango führte er mit sehr unterschiedlichen rassigen Rhythmen und furiosen Läufen die Lead-Stimme und bei Mozarts „Rondo alla turca“ brachte er sein Instrument auch mit markantem Schaben, Klopfen und Zupfen sowie atemberaubendem Tempo zum Klingen.
Kontrabaß als Turngerät
Wie seine Kollegen spielt Markus Conrads in jeder Hinsicht perfekt mit seinem Kontrabass. Der ist Streich- und Zupfinstrument, Perkussions- oder Resonanzkörper und gelegentlich auch Stütze für gewagte Sprünge über die Bühne.
Großartig zum Ende des Programms seine Interpretation von Celin Dions Song „Titanic“, als er den Riesendampfer mittels „singender Säge“ und Streichbogen vom Wind umspielen ließ und schließlich zum Sinken brachte. Das war mit Abstand die beste singende Säge, die je in Karlstadt zu Gehör gebracht wurde. Toll waren auch Conrads Stücke auf der kleinen Laute.
Geblödel mit viel Stil
Überhaupt hatte bei „Wildes Holz“ alles Stil, sogar das Geblödel. Da wurde auf allerbeste Weise hochmusikalisches Können mit gepfeffertem Humor verbunden, der auch in seinen frechen Spitzen immer Niveau bewies. Die ursprüngliche Freude an der Musik, an ihrem Tun auf der Bühne riss das Publikum von Anfang an mit, der Funke sprang buchstäblich augenblicklich über und hielt bis zum letzten Takt an.
Das war zwar wirklich in jeder Hinsicht ungehobelt, aber auch mit Sicherheit astrein! Als Fazit mag gelten: Glückwunsch und Dank für die Auswahl dieses Programms, an dem wohl auch doppelt so viele Karlstadter als Besucher ihre Freude gehabt hätten. Was soll da bei einem solchen Auftakt in diesem Jahr noch schief gehen? Womöglich kommen im nächsten Jahr auch noch zwei weitere Stadträte als Gäste zum Neujahrskonzert?