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Rettersheim
Korbflechten: Handwerkskunst ohne Nägel und Leim
Arbeit mit der Schere am Weidenstock, wo Oswald Behl dünne und biegsame Ruten schneidet.
Foto: Günter Reinwarth | Arbeit mit der Schere am Weidenstock, wo Oswald Behl dünne und biegsame Ruten schneidet.
Günter Reinwarth
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:18 Uhr

Sein handwerkliches Geschick hat Oswald Behl von Opa Josef geerbt. Es war Anfang der sechziger Jahre, als der Enkel dem Großvater mit einer gehörigen Portion Neugier so oft wie möglich beim Korbflechten über die Schulter blickte. "Ich habe schon als Kind gerne gebastelt", erinnert sich der heute 72 Jahre alte Senior, der schon als Zwanzigjähriger selbst ans Flechten ging und diesem Handwerk bis heute mit viel Leidenschaft verbunden ist. Es dauerte nicht lange, bis er sogar vom Vater das Lob hören durfte: "Mensch Oswald, Du bist ja besser als ich!" Der gelernte Agrartechniker, der auch als Berater des Landwirtschaftsamts Würzburg in verschiedenen landwirtschaftlichen Berufszweigen unterwegs war, versteht sich als großer Fan des Korbflechtens.

Das "Körbemachen", hinter dem sich die moderne Berufszeichnung "Flechtwerkgestalter" verbirgt, gehört zu einem Handwerk, das schon lange vor Christi Geburt ausgeübt wurde. Das haben Ausgrabungen in der Türkei gezeigt. Hierzulande ist das Korbflechten vor allem im Nordosten des Freistaates verbreitet. In Lichtenfels befindet sich die einzige Staatliche Fachschule in Deutschland, in der die Kunst des "Flechtwerkgestaltens" gelehrt wird. Weidenkörbe werden als Geschenkartikel auch auf Märkten angeboten.

Mit dem "Bodenkreuz" beginnt der Korb

Wenn Allerheiligen im Kalender steht und in der Natur die Blätter fallen, zieht es Oswald Behl hinaus in die Rettersheimer Flur, wo er etwa 20 erntereife Weidenbüsche mit den gewünschten Rutenstärken als nachwachsenden Rohstoff kennt. Ohne eine Portion Fingerspitzengefühl geht es nicht, erklärt der zeitlebens der Landwirtschaft verbundene Senior, wenn er während der Wintermonate stundenlang in der warmen Waschküche aberdutzende biegsame Weiden zur Hand nimmt. Mit dem "Bodenkreuz" beginnt er den Aufbau eines Korbes, inklusive viel Geduld, handwerkliches Geschick und Leidenschaft. Für sein Steckenpferd benötigt er weder Leim noch Nagel oder Draht, verrät der Praktiker im Umgang mit den dünnen und biegsamen Ruten. Weidenschlitzer, Schuster-Ahle und ein scharfes Messer gehören zur Grundausstattung seines Handwerkszeugs.

Für einen Henkel-Holzkorb benötigt er einen "Arbeitstag" und zwischen 420 und 600 Ruten, die er mit geübtem Scherenschnitt erntet. Einen kleinen Henkelkorb, der gerne als Geschenk Verwendung findet, schafft Behl in gerade einmal fünf Arbeitsstunden. Weidenkörbe halten bei richtiger Pflege sehr lange, sagt der Rettersheimer Senior.

Oswald Behl baut Körbe aller Größenordnungen. Sie sind das Resultat vieler Arbeitsstunden.
Foto: Günter Reinwarth | Oswald Behl baut Körbe aller Größenordnungen. Sie sind das Resultat vieler Arbeitsstunden.

Seit Jahrzehnten ist Oswald Behl der Landwirtschaft verbunden, deswegen ist er auch Mitglied des Bauernverbandes. Seine Felder hat er längst verpachtet. Dank guter Kontakte zu den Landfrauen-Ortsgruppen ist er im Landkreis Main-Spessart immer wieder als Korbmacher unterwegs. Bis in den Raum Arnstein führten ihn seine praktischen Infoabende. Stadelhofen, Glasofen und Altfeld waren weitere Orte in der Region, in denen er Korbflechten lehrte. In neugierige Kinderaugen blickte Oswald Behl, als er im vergangenen Winter im Rettetsheimer Kindergarten "gastierte". Ganz begeistert, so berichtet er, sei dort auch seine Enkelin Neele gewesen.

 
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