
Seinen dritten Auftritt vor Gericht hatte ein 85-jähriger Rentner vor dem Amtsgericht Gemünden. Vermutlich wird es für ihn auch nicht der letzte gewesen sein. Während der Verhandlung ließ er beleidigende Äußerungen über einen Zeugen vom Stapel, die die Staatsanwaltschaft aufmerksam zur Kenntnis nahm. Auch Strafrichterin Kristina Heiduck machte dem Mann deutlich, dass sie Derartiges in der Verhandlung nicht duldet.
Zum wiederholten Mal war ein Gerichtsvollzieher das Opfer, obwohl der 44-Jährige überhaupt nichts für die Lage kann, in die sich der Rentner selbst gebracht hat. Der Mann aus dem Raum Lohr hat sein Anwesen durch eine Zwangsversteigerung verloren, sich aber lange geweigert, das Haus zu verlassen. Deshalb stand er bereits einmal vor Gericht, weil er vor einem Jahr in drei Briefen den Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft, die das Anwesen ersteigert hat, deren Anwalt sowie den Gerichtsvollzieher mit dem Tod bedroht hat. Letzterer hatte nur die Zwangsräumung durchgeführt.
Gedroht, Gerichtsvollzieher mit Autolack zu ersticken
So verfasste der Rentner, der mittlerweile in einer Pension wohnt, am 25. Mai 2024 einen Brief an den Gerichtsvollzieher am Amtsgericht Gemünden. Darin drohte er dem 44-Jährigen, dessen Auto mit einer schwarzen Lackspraydose zu "verschönern" und ihm den Lack zu so lange ins Gesicht und den Mund zu sprühen, bis er erstickt. Dies sei "kein schöner Tod", schrieb er dem Gerichtsvollzieher. Zusätzlich versuchte er Ende Mai die Schlösser an den Eingängen zu seinem ehemaligen Anwesen aufzubohren, wobei ein Schaden von 203,97 Euro entstanden ist.
Ob er die Drohungen ernst genommen habe, wollte Strafrichterin Kristina Heiduck von dem als Zeugen geladenen Gerichtsvollzieher wissen, was dieser bejahte. Schließlich war in dem Schreiben genau die Automarke, Farbe und das amtliche Kennzeichen genannt worden. Bei deinen Sprechtagen in Lohr steht sein Fahrzeug während dieser Zeit auf einem öffentlichen Parkplatz und wäre für den Rentner frei zugänglich. Für einige Zeit ist der Gerichtsvollzieher deshalb mit dem Fahrzeug seiner Lebensgefährtin gefahren.
Sicherheitskräfte waren im Gerichtssaal anwesend
"Er ist dumm, gemein und hinterhältig", schimpfte der Angeklagte in der Verhandlung lautstark über den Gerichtsvollzieher und machte sich somit gleich wieder strafbar. Weiter warf er dem 44-Jährigen vor, laufend sein Amt für Handlungen gegen ihn zu missbrauchen. Schriftliche Unterlagen und den Ersatzschlüssel für das Fahrzeug des Rentners soll der Zeuge mitgenommen haben. "Der hat mich sogar bei der Rentenversicherung abgemeldet, damit ich kein Geld bekomme", schimpfte er weiter.
Wie aus den vorherigen Verhandlungen bekannt, lässt der Angeklagte Respekt gegen andere Personen vermissen. So wollte er auch gleich zu Beginn seiner Verhandlung Richterin Heiduck als die Person, die die Verhandlung führt, nicht akzeptieren. Da auch nicht auszuschließen war, dass der Mann eventuell handgreiflich werden könnte, war während der gesamten Verhandlung der Leiter der Wachtmeisterei im Sitzungssaal anwesend. Zwei Mal musste er eingreifen und den im Saal herumlaufenden Angeklagten wieder zu seinem Platz auf der Anklagebank geleiten und nach der Verhandlung aus Gebäude eskortieren.
Vier Monate Haftstrafe
"Eine Geldstrafe beeindruckt den Angeklagten nicht", befand die Staatsanwältin im Hinblick auf die Vorverurteilungen. Darum beantragte sie jetzt eine kurze Freiheitsstrafe von vier Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden soll. "Ich geh auch ins Gefängnis, da mach ich mir keinen Kopf", kommentierte der Angeklagte den Antrag der Anklagevertreterin.
In ihrem Urteil schloss sich Richterin Kristina Heiduck dem Antrag an und verurteilte den Angeklagten zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe. In dem Urteil berücksichtigte die Richterin, dass der Anklage vermindert schuldfähig ist im Sinne des Paragrafen 21 des Strafgesetzbuches. Dieser Paragraf besagt, dass eine Strafe gemildert werden kann, wenn der Täter nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.