Es gab Zeiten, in denen die Umweltarbeit der Stadt Lohr vielen als schmückendes Beiwerk der gestalterischen Kraft der Kommune galt. Diese Zeiten sind längst vorbei. Nicht zuletzt geänderte Gesetze haben dazu geführt, dass die Umweltstelle der Stadt bei nahezu allen Projekten, die größere Veränderungen im Stadtgebiet mit sich bringen, eine Schlüsselrolle einnimmt.
Das wurde am Dienstagabend in der Sitzung des Umweltausschusses des Stadtrates in geballter Form deutlich. Weit über eine Stunde dauerte es, bis der städtische Umweltbeauftragte Manfred Wirth den Räten in seinem Rückblick die ganze Bandbreite der städtischen Umweltarbeit des Jahres 2018 vorgestellt hatte.
Es war ein derart umfangreicher Streifzug durch Projekte und Stadtteile, dass Bürgermeister Mario Paul den Vortragenden zwischendurch ermahnte, sich doch auf das Wesentliche zu beschränken. Wirth indes ließ sich nicht beirren und schilderte detailreich eine respekteinflößende Vielzahl an Projekten.
Die Palette reichte von eher unspektakulären Vorhaben wie der Gestaltung von Wanderwegen, Gewässerrändern oder Wiesen bis hin zu solchen, bei denen nicht weniger als die Stadtentwicklung am Umweltrecht hängt.
Egal ob das kurz vor der Realisierung stehende Baugebiet Südlich der Steinfelder Straße in Sendelbach, die geplanten Gewerbeflächen im Sandfeld im Lohrer Süden, das Großprojekt auf dem Brauereiareal oder mögliches Bauland am Rande der Lindig-Siedlung - überall spielten oder spielen Bestimmungen wie Artenschutz oder Wasserrecht eine zentrale Rolle, sind mitunter gar der zentrale Knackpunkt.
Leidvolle Erfahrungen
Besonders leidvoll erfahren musste die Stadt dies in den vergangenen Jahren bekanntlich in Sendelbach, wo sie am Rande des Rombergs ein Gebiet mit 40 Bauplätzen schaffen will. Rund 200000 Euro wird die Stadt in den Artenschutz investiert haben, bis womöglich noch in diesem Jahr die Bagger anrollen. Ohne die Erfüllung der umfangreichen Auflagen des Artenschutzes, so machte Wirth deutlich, wäre das Baugebiet nicht realisierbar gewesen. Allein für die Umsiedlung der Eidechsen wird die Stadt in Sendelbach am Ende rund 150000 Euro ausgegeben haben.
200 000 Euro für sieben Eidechsen
Wohl auch angesichts der Tatsache, dass bei der Absammelaktion bislang lediglich sieben Eidechsen gefunden wurden, sagte Bürgermeister Paul, dass man nicht über die Sinnhaftigkeit diskutieren dürfe. Das gesamte Prozedere zeige vielmehr, dass die Stadt »hochverantwortlich mit dem Artenschutz umgehe«. Es habe immer wieder auch Kritik an dem Baugebiet in einem ökologisch hochwertigen Umfeld gegeben. Nun könne man im Gegenzug zu der zerstörten Natur an anderer Stelle neu geschaffene, wertvolle Strukturen vorweisen, so Paul.
Allerdings ist die Stadt aufgrund der in Sendelbach gemachten Erfahrung ein gebranntes Kind. Das wurde deutlich, als es um ein mögliches Baugebiet am Rande der Lindig-Siedlung ging. Dort, an der Posener Straße, waren am Bebauungsrand Richtung Sackenbach als Abrundung ursprünglich sieben Bauplätze vorgesehen. Da die Fläche jedoch ähnlich sensibel wie die in Sendelbach sein dürfte, lasse man davon lieber die Finger, so Paul. Keiner der Stadträte widersprach.
Insgesamt, so bilanzierte der städtische Umweltbeauftragte Wirth am Ende seiner Ausführungen, habe er die Arbeit der Umweltstelle im vergangenen Jahr als »wenig zufriedenstellen« empfunden. Sie sei »verfahrenslastig« und »von Kleinteiligkeit geprägt« gewesen. Man habe mehr reagiert als agiert.
"Ich hätte mir mehr aktive Umweltarbeit gewünscht", so Wirths kritische Töne.
Insbesondere bei einem Teilbereich, "dem wichtigsten, der über allem steht", passiere in Lohr noch zu wenig: beim Klimaschutz. Hier müsse man sich wieder mehr die im Energienutzungsplan der Stadt gesteckten Ziele vor Augen führen, "sonst hätten wir den Plan nicht gebraucht", so Wirth.