Manchmal im Leben kommen einem die Dinge eben einfach in die Quere – im Fall von Hartmut Eckert war das Ding ein Weinberg. Getrieben von der Lust auf etwas Anderes, übernahm der gelernte Wirtschaftsingenieur 1990 gemeinsam mit seiner Frau Karin Eckert, geborene Willert, in Müdesheim die Weinberge, die die Familie Willert bisher im Nebenerwerb bewirtschaftet hatte. Sie als gelernte Winzerin, er als Autodidakt. „Uns war von vornherein klar, dass wir die Weinberge nicht konventionell, sondern biologisch bewirtschaften“, beschreibt Hartmut Eckert die Gedanken zum Start des Projekts Bio-Weinbau.
Allerdings brauchte die Umstellung des Weinbergs auf die ökologische Bearbeitung Zeit. Gewohnt, leicht lösliche Düngemittel im Boden aufzunehmen, mussten sich das Wurzelwerk und die Aufnahmefähigkeit der Rebe erst einmal verändern. Denn auch im biologischen Weinanbau sind keine künstlichen Düngemittel erlaubt, die Nährstoffanreicherung des Bodens und somit der Pflanze geschieht überwiegend über das Bodenmanagement.
Stabile Böden, weniger Abtrag
Wie das in Natura aussieht, zeigt ein Gang durch die Rebstöcke des Biowinzers: Fast kniehoch steht hier das Gras, gut gemischt mit stickstoffanreichernden Pflanzen wie Bohnen, Wicken, Klee oder Lupinen. Sie sollen die biologische Vielfalt im Boden erhalten und vermehren. „Der Vorteil der Grüneinsaaten ist, dass sie auch gut für die Stabilität sind und Bodenabtrag und Erosionen verhindern“, erklärt Hartmut Eckert. Aufwendig im Öko-Weinbau ist die Beseitigung der Beikräuter im Unterstockbereich, die rein mechanisch erfolgt. Zum Beispiel mit einem Unterstockmulchgerät. Das schont die Umwelt, kostet jedoch viel Zeit.
Aber nicht nur die alten Reben und Böden in den Willert-Eckert'schen Weinbergen wurden sozusagen zu Öko-Rebe und Öko-Boden umgeschult – die Familie kaufte auch neues, ökologisches Pflanzgut. „Es gibt Rebsorten, die werden unter der Maßgabe gezüchtet, pilzresistenter zu sein, wie zum Beispiel Solaris, Regent oder Johanniter“, erläutert Hartmut Eckert. Diese Rebsorten seien auch im konventionellen Weinbau im Einsatz. Hat es der Bio-Winzer dennoch mit Pilzbefall zu tun, darf er keine chemisch-synthetischen Spritzmittel, wohl aber Schwefel, Kupfer als auch alternative Spritzbrühen wie zum Beispiel Backpulver oder Gesteinsmehl auf die Reben aufbringen. Eine mühselige Arbeit, denn im Gegensatz zum konventionellen Weinbau, in dem Pflanzenschutzmittel mit systemischer Wirkung verwendet und großflächig aufgebracht werden, muss der Bio-Winzer seine Mittel punktgenau auf alle betroffenen oder zu schützenden Pflanzenteile spritzen. Nur dort entfalten sie ihre Wirkung.
Ebenso arbeitsintensiv: einem eventuellen Pilzbefall durch den Schnitt der Reben vorzubeugen. Eckert schneidet seine Pflanzen so, dass sich offene Laubwände ergeben, in denen wenige Ruten stehen bleiben. So vermeidet er Staunässe und sorgt für Licht und Luft in der Rebgasse. Der Preis dafür ist viel Handarbeit und wenige Triebe, insofern auch wenig Trauben und eine kleinere, dafür aber im besten Fall eine gute Ernte. Diese Vorgehensweise ist allerdings nicht nur dem ökologischen Weinbau vorenthalten, auch qualitätsbewusste Winzer, die nicht auf Massenerträge setzt, tun dies.
Vertrieben wird der Bio-Wein aus Müdesheim zum einen über das Internet, über Direktverkauf ab dem Weingut oder über die fahrbare Vinothek der Winzer-Familie. „Das ist ein Anhänger, mit dem fahren wir zu Konzerten oder Veranstaltungen, bewirten die Leute und kommen mit ihnen ins Gespräch“, erzählt Eckert. Ob sich das Interesse an seinen Bio-Weinen dabei in den letzten Jahren verändert hat? „Vor 20 Jahren haben die Leute die Weine gekauft, weil sie ihnen geschmeckt haben. Heute kaufen sie sie, weil es Bio-Weine sind.“
Was auffällt: Die wenigsten Kunden kommen aus der Region. „Die Leute aus der Umgebung haben beim Thema Bio immer noch Berührungsängste“, so Eckert. Viele seien auch skeptisch und fragen: „Geht bio überhaupt wirklich?“ Mit Argumenten und viel Feingefühl versucht sie der Bio-Winzer zu überzeugen.
In die Zukunft geschaut, ist er überzeugt, dass es nur noch Bio-Betriebe geben wird. Das bewiesen die Bemühungen ganzer Regionen sich „öko“ zu zeigen, wie zum Beispiel die Pfalz. „Das Potenzial an aufgeklärten Kunden und an denen, die Aufklärung fordern, wächst ständig.“ Vor allem bei einem Produkt wie Wein, das mehr als alles andere gelutscht, gerochen und verkostet werde.