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HOFSTETTEN
Überweisung nach Malta: Betrüger wollten Verein abzocken
Von unserem Mitarbeiter Ferdinand Heilgenthal
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:23 Uhr

Genau 401,03 Euro sollte Marianne Kluger, Vorsitzende der Hofstettener Garten- und Blumenfreunde, für eine Änderung im Vereinsregister bezahlen. Doch sie war vorsichtiger als manche Vereinsvorsitzenden in der ähnlichen Situation, hat den geforderten Rechnungsbetrag nicht überwiesen und ist somit international tätigen Betrügern nicht aufgesessen.

Auf den ersten Blick erschien Kluger die Rechnung plausibel, hatten doch die Mitglieder in der jüngsten Versammlung eine Satzungs- und Namensänderung beschlossen. Demnach sollte der Verein künftig wieder den alten Namen „Obst- und Gartenbauverein Hofstetten e. V.“ tragen. Die vereinsrechtlichen Schritte wurden über den Notar beantragt, so dachte die Vorsitzende zunächst, die geforderten 400 Euro seien die Gebühren für diese Änderung.

Professionell gestaltet

Das professionell gestaltete Schreiben trägt im Briefkopf ein Emblem mit der Bezeichnung „Handels und Gewerbe Register“ und über der Empfängeranschrift die Absenderangabe „HGBR – Erthalstraße 334 – Aschaffenburg“. Es verweist auf ein Aktenzeichen beim Amtsgericht Würzburg und nennt als Eintragungsdatum in das Register den 2. Januar 2013. Mit einem gewissen René Krupp ist sogar ein Ansprechpartner angegeben. Eine Kostenzusammenstellung mit dem anhängenden, mit allen relevanten Daten bedruckten Zahlschein, vervollständigt das Schreiben, das Marianne Kluger am 4. Januar zuging.

Einige Details machten die Vorsitzende doch stutzig. Schließlich hatte das Notarbüro von 100 bis 150 Euro Kosten für die Änderung im Vereinsregister gesprochen und jetzt sollte sie über 400 Euro zahlen. Auch die wenig kaschierte Drohung bei den Zahlungsbedingungen mutete Kluger seltsam an: „Zahlen Sie binnen sieben Tagen, andernfalls behalten wir uns das Recht vor, Ihre Daten unverzüglich zu löschen. Für eine Neuaufnahme in unser System entstehen für Sie unnötig neue Kosten.“

Also wollte sie zur Klärung des Sachverhalts beim Absender anrufen und stellte aber fest, dass nirgends eine Telefonnummer angegeben ist und das Schreiben keine Unterschrift trägt. Beim näheren Hinsehen fielen ihr auf dem Zahlschein zudem die Buchstaben MT zu Beginn der internationalen Bankkontonummer (International Bank Account Number IBAN) auf, die für eine Kontonummer in Malta stehen. Ein Anruf beim Notarbüro brachte Kluger Gewissheit: Nicht bezahlen, das sind Betrüger, die systematisch Vereine abzocken. Gerade bei neu eingetragenen Vereinen oder Satzungsänderungen schlagen diese Ganoven zu, informierte der Notar. Sie verwenden die vom Gericht veröffentlichten Einträge und versenden fingierte Schreiben noch vor den amtlichen Rechnungen.

Bei ihren weiteren Nachforschungen im Internet fand Kluger heraus, dass erst am 3. Januar eine Vorsitzende im Landkreis Neumarkt auf diese Weise um 391,51 Euro geprellt wurde. Im Netz lassen sich allein unter Eingabe des Stichworts „HGBR Aschaffenburg“ über eine Suchmaschine Dutzende Adressen finden, die im Zeitraum von etwa zwei Jahren von ähnlichen betrügerischen Anschreiben berichten. Übrigens gibt es in Aschaffenburg zwar die Erthalstraße, aber die Hausnummer 334 existiert nicht, hat Kluger ebenfalls herausgefunden.

Marianne Kluger hat den Vorfall inzwischen bei der Polizei in Gemünden angezeigt, die in der bayernweiten Statistik in jüngster Zeit etwa acht ähnliche Fälle registriert hat. Die Polizeistation Gemünden bestätigt den Vorfall und den Eingang der Anzeige des Obst- und Gartenbauvereins Hofstetten.

Gesundes Misstrauen zeigen

Die Beamten raten allen Vereinsfunktionären und Geschäftsinhabern, bei solchen Anschreiben, auch wenn sie anscheinend amtlichen Charakter haben, gesundes Misstrauen an den Tag zu legen und zur Sicherheit bei der Polizei oder bei Verbraucherschutzverbänden lieber einmal mehr, als einmal zu wenig nachzufragen.

Denn wenn die Überweisung getätigt ist, ist das Geld im Regelfall weg und die Aussichten es wieder zu bekommen sind wegen der internationalen Verflechtungen solcher Briefkastenfirmen sehr schlecht, warnt die Polizei. Demnach hat Marianne Kluger alles richtig gemacht. Sie möchte mit der Veröffentlichung ihres Falls gerade die ehrenamtlich tätigen Vereinskollegen vor dieser kriminellen Abzockerei warnen.

Nicht nur Vereine stehen im Fokus von Betrügern, sondern auch Firmen. Zurzeit versendet auch die berüchtigte „Gewerbeauskunft-Zentrale“ (wir berichteten) wieder Schreiben, die einen amtlichen Charakter vermitteln. Die Gemündener Redaktion der Main-Post hat in den vergangenen Tagen ein Formular, das in verdeckter Form ein völlig überteuertes Angebot darstellt, zweimal bekommen. Wer es unterschrieben zurückfaxt, geht einen Vertrag ein und muss mehrere Hundert Euro dafür zahlen, dass sein Gewerbe auf der Seite der Firma zu finden ist. In Zweifelsfällen sollten die Betroffenen bei der Polizei oder bei der Verbraucherzentrale nachfragen, empfiehlt die Polizei Gemünden.

ONLINE-TIPP

Lesen Sie frühere Berichte unter www.mainpost.de/regional/main-spessart/gemuenden.

 
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